Schwarz wie Samt
Nanny war allerdings eine Mulattin, die nicht nur hübsch, sondern auch noch sehr intelligent war. Sie passte auf mich auf, brachte mir viele spanische Lieder bei und erzählte mir Gruselgeschichten, wenn ich abends nicht alleine sein wollte. Sie hieß Bianca und ihre Haut war hellbraun wie Milchkaramell.
Sie gefiel nicht nur mir. Zu oft war sie aus meines Vaters Büro gekommen. Einmal hatte ich die beiden heimlich belauscht. Ich hörte komische Geräusche aus dem Ankleidezimmer. Ein Blick durchs Schlüsselloch ließ mich erstarren. Bianca stand mit dem Rücken an einen Schrank und hielt die Augen geschlossen. Sie keuchte laut. Ihre Beine hatte sie um meinen Vater geschlungen, der mit heftigen Stößen ihren Unterleib bearbeitete. Ich konnte nicht wegsehen. Erst als er allmählich langsamer wurde und sie küsste, löste sich meine Starre wieder. Ich schlich mich auf mein Zimmer. Natürlich wusste ich, was sich da vor meinen Augen abgespielt hatte. Doch ich behielt die Sache für mich. Wem hätte ich das auch erzählen können?
Als ich eines Mittags von der Schule heimkam, und Bianca verschwunden war, erklärte mir meine Mutter, Bianca müsste zuhause ihre kranke Mutter pflegen und ich wäre sowieso zu alt für eine Nanny. Mein Vater sah schuldbewusst drein und sagte gar nichts, als ich zu weinen anfing und in mein Zimmer rannte. Warum konnte sie nicht bleiben? Sie war meine beste Freundin gewesen!
So war es mir immer wieder ergangen. Menschen tauchten auf, ich freundete mich mit ihnen an und dann verschwanden sie wieder aus meinem Leben. Wenn die Schulzeit hier zu Ende war, würde ich wieder von vorne beginnen. Vielleicht würde wenigstens die Freundschaft mit Ina bleiben.
Meine Eltern wollten, dass ich Betriebswirtschaft studierte. Ich hatte keine Ahnung, was sie damit bezwecken wollten. Mich interessierte das alles nicht. Ich wollte nicht in Deutschland bleiben. Mein Ziel war es, Salman wieder zu sehen und in Kenia zu leben. Dort gab es auch Universitäten. Irgendwann musste ich meinen Eltern die Sache mit Salman erklären. Was dann passieren würden, war mir noch unklar.
Die Schulzeit verging rasend schnell. Draußen war es noch immer bitterkalt. Der Winter im Allgäu war dieses Jahr besonders hart. Es lag so viel Schnee wie schon lange nicht mehr. Wir gingen nur selten nach draußen. Wenn wir an den Wochenenden frei hatten, setzten wir uns meistens ins Café Weinmann am Marktplatz. Dort verkehrte die Jugend. Bei heißer Musik tranken wir Coca Cola oder Tee mit Rum und flirteten mit den Jungs aus dem Ort. Es kam so gut wie nie zu wirklichen Beziehungen. Wir aus dem Internat waren den Einheimischen zu extrovertiert. Außerdem waren wir abends ab 10 Uhr wieder in Obhut, was natürlich wenig attraktiv war.
Heute war so ein Nachmittag, den wir im Café vertrödelten. Ina hatte in der Schule einen Verweis kassiert, weil sie in der Chemiestunde eingeschlafen und vom Stuhl gefallen war. Ich fühlte mich mitschuldig, weil ich Ina gestern Nacht vom Schlafen abgehalten und wir die halbe Nacht herum geblödelt hatten.
Ich gab ihr einen Cocktail aus. Einen Ladykiller. Ina wurde gesprächig, nachdem sie den Cocktail geschlürft hatte: „Weißt du Arven, ich habe dir gestern nicht die ganze Wahrheit gesagt. Ich bin auch schrecklich verliebt in Johannes. Ich habe dir kurz davon erzählt.“ Ich war überrascht, denn Ina erzählte von sich aus nie etwas. Ich setzte eine neugierige Miene auf und fragte: Wie sieht er denn aus, dein Johannes?
„Ach“, seufzte sie. „Verdammt gut, leider viel zu gut für mich!“
„Quatsch!“ antwortete ich mit Überzeugung: „Du siehst doch auch super aus.!“ Sie schüttelte resigniert den Kopf, aber dann sprudelte es nur so aus ihr heraus: „Weißt du, er ist fast einen Kopf größer als ich und ganz schlank. Er hat dunkle, etwas längere Haare und wunderschöne braune Augen. Er geht in die letzte Klasse des Gymnasiums und wird demnächst zu studieren anfangen.“
„Und, wie hast du ihn kennen gelernt?“, fragte ich vorsichtig, möglichst ohne ihren Redefluss zu stoppen.
„Er gehört zur Clique meiner Schwester“ sagte Ina mit gedämpfter Stimme.“
„Ist das ein Problem für dich?“ hakte ich nach.
„Na ja, eigentlich hatte er sich zuerst in meine Schwester verliebt. Du weißt, wir sehen uns sehr ähnlich, nur dass Mara jetzt dunkle Haare hat. Sie hat sie gefärbt, nur um meine Mutter zu ärgern.“
„Wenn er sich nun für dich entschieden hat, ist doch alles
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