Schwarz
gelähmt, es dauerte einen Augenblick, bis er wieder auf den Beinen stand. Viel hätte nicht gefehlt, und er wäre jetzt tot. Der Geländewagen setzte zurück, hinter den getönten Scheiben war der Fahrer nicht zu erkennen. Dann brüllte der Motor wieder auf, der Jeep ruckte an und kam auf ihn zu. Jetzt begriff Ewan Taylor, worum es hier ging – man versuchte ihn umzubringen!
Er sprintete los, bog in die 15. Straße ein, hörte den jaulenden Motor hinter sich und raste in eine schmale Gasse, in die der Jeep nicht hineinpassen würde. Das Herz sprang ihm fast aus der Brust, die Angst trieb ihn, noch schneller zu rennen, was zum Teufel war hier im Gange? Das Gästehaus lag nur ein paar Häuserblocks entfernt, bis dahin würde er es vielleicht schaffen, dort wäre er in Sicherheit. Gleich würde der Haboob ihn überrollen, das UN-Haupt quartier war viel zu weit weg …
Taylor lief kreuz und quer durch schmale Gassen und versuchte auszumachen, in welcher Richtung sich das Gästehaus befand. Der Sturm nahm zu, Sandstaub drang ihm in die Nasenlöcher und den Mund, die Augen brannten … Wer war hinter ihm her? Hing das mit den illegalen Raketengeschäften des Witwenmachers zusammen?
Er blieb stehen, als ihm klar wurde, dass er die Mohammed-Najeeb-Straße erreicht hatte. Sein Atem rasselte, die Oberschenkelmuskeln schmerzten, und sandiger Schweiß lief ihm über den ganzen Körper. Nirgendwo rührte sich etwas. Die Menschen waren vor dem Haboob in die Häuser geflüchtet. Auch der Jeep war nicht zu sehen. Es wirbelte schon so viel Staub und Sand durch die Luft, dass Autos vermutlich nicht mehr fahren konnten, das hatte ihm möglicherweise das Leben gerettet. Jetzt musste er sich in Sicherheit bringen.
Taylor rannte über die Straße, nannte den phlegmatischen Wachleuten im Gästehaus seinen Namen und die Zimmernummer und trat durch das Eingangstor. Gott sei Dank, endlich in Sicherheit. Eine hohe Mauer umgab das dreigeschossige Gebäude, am einzigen Eingang hatten rund um die Uhr zwei Mann Dienst, und Videokameras überwachten den Hof und die Flure. Im Treppenhaus kauerte er sich hin, es tat gut, in aller Ruhe Luft ohne Sand einzuatmen.
Der Sturm tobte schon so heftig, dass Taylor Mühe hatte, die Fensterläden seines Zimmers zu schließen. Er versuchte erst mit dem Handy und dann mit dem Festnetztelefon das UN-Hauptquar tier in Khartoum zu erreichen, aber der Haboob hatte alle Verbindungen unterbrochen. Er würde es erneut versuchen, sobald der Sturm nachließ.
Nachdem er ein Glas Maltwhisky getrunken und eine halbe Puros Richards von den Kanaren geraucht hatte, die einzige anständige Zigarre, die er in Khartoum auftreiben konnte, fühlte er sich ein wenig ruhiger. Er zog den abgenutzten Hocker an den noch verschlisseneren Sessel heran und legte die Beine hoch. Das bewachte Gästehaus war ein sicherer Ort, und sobald der Sandsturm sich legte, würden die UN bestimmt dafür sorgen, dass ihn jemand schützte, versicherte sich Taylor selbst. Und schon bald hätte er ja auch noch Leo an seiner Seite, ihm fielen nicht viele Männer ein, mit denen er lieberzu dem Treffen mit dem weltweit berüchtigtsten Waffenhändler gegangen wäre. Jetzt durfte er nicht in Panik geraten, natürlich war so etwas zu erwarten gewesen, schließlich untersuchte er eines der größten illegalen Waffengeschäfte des Jahrtausends. Vermutlich war es auch dem Käufer der Marschflugkörper zu Ohren gekommen, dass er Erkundigungen anstellte. Vielleicht war er einem noch größeren Verbrechen auf der Spur, als er bisher angenommen hatte, ihm fielen die ukrainischen Marschflugkörper ein, die vor einigen Jahren an den Iran und China verkauft worden waren.
Draußen toste der Haboob, und das Blechdach des Gästehauses schepperte und rasselte wie ein ganzes Trommelorchester. Taylor saß an seinem Computer und gab die Hauptpunkte seines Gesprächs mit dem Informanten in die Datei mit seinen Aufzeichnungen zum Witwenmacher ein. Er speicherte sie auf demselben Stick, der auch alle anderen Dokumente zum Schmuggel der Marschflugkörper und zum Witwenmacher enthielt, und vergewisserte sich, dass keine Kopie der Datei auf der Festplatte verblieben war. Man konnte nie vorsichtig genug sein.
Urplötzlich flogen zwei Fensterläden auf und schlugen scheppernd gegen die Außenwand des Hauses, Taylor erschrak furchtbar. Eine Woge aus Staub und Sand flutete herein. Er stürzte zum Fenster mit dem Arm vor seinen Augen. Die Sandkörner stachen auf der Haut wie
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