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Schwarz

Schwarz

Titel: Schwarz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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die Kugel, eine Winchester Black Talon, seinen Stirnknochen durchbohrte und im Lateralventrikel des Frontallappens einschlug.
    »Wenn du wüsstest, welcher Sache du beinahe auf die Spur gekommen wärst …«, sagte der Killer, der einen grünen Schutzanzug trug, und gab seinem Opfer den Gnadenschuss ins Herz. Dann machte er sich daran, das Zimmer systematisch zu durchsuchen.

2
    Donnerstag, 23. April
    Wo zum Teufel steckte Ewan, fragte sich Leo Kara verärgert, nachdem er zum x-ten Mal versucht hatte, seinen Freund telefonisch zu erreichen. War er wegen des Haboob irgendwo hängengeblieben, oder zog sich sein vorheriges Treffen in die Länge?
    Ihm war immer noch nicht klar, wo sich die vielen Menschen versteckt hatten, die auf dem Markt unterwegs gewesen waren, als der Sandsturm heranzog. Er selbst hatte in der Foyerbar des Hotels »Regency« bei einem Bier Zuflucht gesucht. Und wohin hatte man den ganzen Kram gebracht? Nicht einmal eine Stunde nach dem Abflauen des Sturmes herrschte auf dem Markt wieder reges Treiben, als wäre nichts geschehen. Der Haboob hatte alles mit einer gleichmäßigen rotbraunen Staubschicht bedeckt.
    Kara beschloss, wieder nach Khartoum zurückzukehren, er hatte keine Lust, in dieser Hitze endlos lange zu warten. In der Nähe des Äquators ging die Sonne schnell unter, die Muezzins riefen die Gläubigen schon zum Maghrib, dem Sonnenuntergangsgebet.
    Er hielt ein altersschwaches gelbes Taxi an und fragte, was eine Fahrt zum UN-Hauptquartier der Sudan-Operation im Stadtteil Arkaweet kostete. Der westlich gekleidete junge Fahrer verlangte für die sechs Kilometer eintausendfünfhundert sudanesische Dinar, einen Wucherpreis. Wutentbrannt fluchte Kara auf Finnisch, stieg dann aber doch hinten in den Toyota ein, da man laut Ewan in Khartoum leichter den Heiligen Gral fand als ein freies Taxi. Im Auto empfing ihn ohrenbetäubende arabische Musik. Ihm fiel ein, wie er in Helsinki einmal mitten in der Fahrt zum Fußgänger degradiert worden war, weil er die vom Taxifahrer gewählte Strecke allzu bissig beanstandet hatte.
    Hier und da sah man Lastkraftwagen und Jeeps der Armee. Kara erblickte einen Kameltreiber, dessen Last von Soldaten kontrolliertwurde, die dabei übertrieben rücksichtslos vorgingen. Die jüngere Geschichte des Sudan war traurig. Seit der Unabhängigkeit im Jahr 1956 hatten fast ohne Unterbrechung Bürgerkriege das Land erschüttert, dabei verloren über zwei Millionen Menschen ihr Leben. Und auch in Friedenszeiten ging es hier nicht sehr friedlich zu: Das Friedensabkommen von 2005 zwischen der Regierung und der Sudanesischen Volksbefreiungsbewegung konnte das Ausmaß der Kämpfe zwar verringern, hatte sie aber keineswegs beendet. Auch der Völkermord von Darfur, der bisher vierhunderttausend Todesopfer gefordert hatte, ging weiter, zweieinhalb Millionen Sudanesen lebten ohne Zuhause entweder in ihrem Heimatland oder in den Nachbarstaaten. Die Geschichte hatte den westlichen Ländern die Chance gegeben, eine Wiederholung von Gräueln wie beim Völkermord in Ruanda zu verhindern, aber sie waren wieder gescheitert. Im Nordsudan gab es die herrschenden Araber und karge Wüsten, im Südsudan die unterdrückten Schwarzen und reiche Ölfelder. Angesichts dieser Konstellation würde man im Sudan noch lange Krieg führen, vermutete Kara.
    Nach einer holprigen, schweißtreibenden und ohrenbetäubenden Fahrt in dem klappernden Taxi bezahlte Kara, stieg ein paar Dutzend Meter vor dem UN-Hauptquartier auf der Ebeid-Khatim-Straße aus und wunderte sich, wie schnell und übergangslos sich die Luft am Äquator abends abkühlte.
    Ein paar Meter vor dem Eingang des Hauptquartiers packte jemand Kara an der Schulter und riss ihn herum. Instinktiv holte Kara aus und traf den Angreifer, einen Mann in Zivil, mit der Faust ins Gesicht. Verblüfft erblickte er zwei bewaffnete Soldaten, die auf ihn zu stürzten. Kara bog den Oberkörper nach hinten und versetzte dem ersten einen Tritt gegen die Brust, doch der andere Soldat bekam seinen Arm zu fassen. Vor Wut sah Kara rot. Er rammte mit der Stirn den Kopf des Soldaten, riss sich los und rannte zum Eingang des Hauptquartiers. Das Opfer seines Fußtritts war jedoch wieder auf die Beine gekommen und verstellte ihm den Weg mit der Maschinenpistole im Anschlag. In dem Moment rief der UN-Wach mann am Eingang etwas, der sudanesische Soldat wandte den Kopf in die Richtung, und Kara ging zum Angriff über. Er warf sich aufden Soldaten, sie stürzten beide auf den

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