Schwarzbuch ÖBB
»Tfzf-Meldungen« auch systematische Angaben, die teilweise verschlüsselt sind:
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Die Zugnummer. Daraus ergibt sich bei Personenzügen der Fahrplan des Zuges, mit Zeitangaben und Haltestellen. Beispielsweise sind die Nummern von 1 bis 199 für internationale, hochrangige Schnellzüge wie Railjets oder ICEs reserviert, die Nummern 1500 bis 6799 für Regionalzüge und von 20.000 bis 29.900 für Züge der Wiener Schnellbahnen, die Nummern von 40.000 bis 60.000 für Güterzüge und so weiter.
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Die Nummern der Fahrzeuge (Triebfahrzeug = Lok/Triebwagen und Wagen) bestehen aus einer vierstelligen Reihennummer und einer dreistelligen Ordnungsnummer, beispielsweise 2070 047.
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Der Heimat-Stützpunkt der Lokführer. Das kann eine Abkürzung sein oder ein Code. St. Pölten Hauptbahnhof hat beispielsweise den Code Pb. Die in den »Meldungen« angeführten »Heimat-Stützpunkte« oder »Stützpunkte« bedeuten nicht unbedingt, dass sich der beschriebene Vorfall auch dort abgespielt hat. Gelegentlich fehlen detaillierte Hinweise zum Ort des Vorfalls.
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Der Kilometerpunkt des gemeldeten Vorfalles.
»Tfzf-Meldungen« beschreiben einerseits Vorfälle, die laut ÖBB -internen Richtlinien pflichtgemäß von Lokführern gemeldet werden müssen: Zugunfälle, Brände, Verletzungen, Tote, Gefährdungen von Personen, unerlaubtes Durchfahren von Zügen in Betriebsstellen und so weiter.
Andererseits sind auch Vorfälle enthalten, die freiwillig gemeldet werden, etwa die Zustände in den betrieblichen Übernachtungsstellen.
Oft werden die Einträge von den Lokführern in einem Zustand großer emotionaler Erregung verfasst – wenn sich beispielsweise ein Selbstmörder vor den Zug wirft; oder bei Unfällen an Eisenbahn-Kreuzungen. Für solche Situationen gibt es Notfallpläne zur psychischen Betreuung der Lokführer.
Wenn man die Meldungen im Lokführer-Tagebuch liest, wundert man sich, dass nicht mehr Bahn-Unglücke passieren. Letztlich ist das wohl auch der Umsicht und dem Verantwortungsgefühl von Lokführern und anderen Bahn-Mitarbeitern zu verdanken. Die folgende Darstellung orientiert sich nicht an der chronologischen Originaldarstellung der »Tfzf-Meldungen«, sondern wurde nach eigenen, inhaltlich und analytisch festgelegten Schwerpunkten vorgenommen.
Alle folgenden Informationen stammen vom April/Mai 2013.
Unter aller Würde
Das Lokführer-Tagebuch dokumentiert, wie erniedrigend die ÖBB ihre Lokführer behandeln, wenn es beispielsweise ums Übernachten geht. Dabei handelt es sich keineswegs um Einzelfälle. Allein im ersten Halbjahr 2013 sind etwa 150 Schreckensmeldungen von Lokführern beim Übernachten dokumentiert. Man fragt sich verwundert, warum die Gewerkschaft, die ja gerne ihre Muskeln spielen lässt, so etwas zulässt.
Hier einige Beispiele:
1.
Der Lokführer eines Güterzugs vom Heimat-Stützpunkt Salzburg muss am 2. Mai 2013 aus betrieblichen Gründen in einem ÖBB -eigenen Zimmer übernachten. Was ihn dort erwartet, schockiert ihn: Gestank, eine Plastikliege, eine Rosshaardecke mit der Aufschrift »Fußende«, dreckiger Linoleumboden, rostiges Wasser aus der Leitung und Lärm der daneben gelegenen Wagenwerkstätte.
2.
Die Zimmer, die ÖBB -Lokführern im ungarischen Grenzort Hegyeshalom zum Übernachten zur Verfügung gestellt werden, sind berüchtigt. Am 8. Mai 2013 beschwert sich ein Lokführer in einer Meldung, dass beim Zimmer Nummer 217 zwar ein Schloss eingebaut wurde, aber kein Schlüssel vorhanden sei! Außerdem gebe es, wie fast immer, kein Klopapier!
3.
Am 10. Mai 2013 muss ein Lokführer am Bahnhof Wolfurt in Vorarlberg übernachten. Das für ihn reservierte Zimmer Nummer 7 ist jedoch versperrt. An der Tür hängt das Schild »Bitte nicht stören«. Nach mehrmaligem Klopfen öffnet ihm ein Kollege, der ihm erklärt, dass das für ihn reservierte Zimmer in einem Zustand sei, dass er dort nicht übernachten wolle. Es ist nicht bekannt, wo der Lokführer schließlich einen Platz zum Übernachten fand.
4.
Nach der Fahrt mit dem Railjet von Innsbruck nach Wien Westbahnhof am 10. Mai 2013 sucht der Lokführer kurz vor Mitternacht sein reserviertes Zimmer Nummer 44 auf, um dort zu übernachten. Weil das Bett so aussah, als sei es schon von mehreren Personen benutzt worden, musste er die Bettwäsche selber wechseln.
5.
Am 12. Mai 2013 muss ein Lokführer betriebsbedingt in Schärding in Oberösterreich übernachten. Dort gibt es, so wie in anderen großen Bahnhöfen, Unterkünfte, die von der ÖBB
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