Schwarzbuch ÖBB
, dass das Verkehrsministerium gemeinsam mit einigen Landeshauptleuten und Siemens beschlossen habe, hundert Desiro- ML -Zugsgarnituren zu bestellen.
Siemens verlautbarte, so Eisenbahn Österreich , der ÖBB -Aufsichtsrat habe den Vorstand ermächtigt, die ersten hundert Desiro- ML -Züge im Wert von 550 Millionen Euro zu bestellen. Verkehrsministerin Doris Bures ( SPÖ ) habe offenbar über die Köpfe des zuständigen ÖBB -Gremiums hinweg beschlossen, Siemens den Auftrag zu erteilen.
Die ÖBB schreiben dazu, die Darstellung von Eisenbahn Österreich sei »völliger Unsinn, der Gerüchteküche zuzuordnen. Es gab keine einzige politische Intervention oder auch nur ein einziges Gespräch seitens der ÖBB mit politischen Verantwortungsträgern zur Frage, welcher Zugtyp gekauft wird.«
Der Aufsichtsratsvorsitzende der ÖBB -Holding, Horst Pöchhacker, erklärte Ende Juni 2013 gegenüber dem Autor, dass die Darstellung in Eisenbahn Österreich vollkommen falsch sei und die Entscheidung zum Kauf der hundert Desiro- ML -Züge in Übereinstimmung mit dem österreichischen Aktienrecht abgelaufen sei. Es entspreche keineswegs den Tatsachen, dass Verkehrsministerin Doris Bures am Aufsichtsrat vorbei Einfluss auf die Entscheidung genommen habe.
Der Generalsekretär des österreichischen Verkehrsministeriums, Herbert Kasser, erklärte Anfang Juli 2013, dass die Bestellung der Desiro- ML -Züge im Einklang mit allen rechtlichen Bestimmungen abgelaufen sei und Verkehrsministerin Doris Bures keineswegs an den zuständigen ÖBB -Gremien vorbei entschieden habe.
Die Darstellung in manchen Medien sei nicht nur falsch, sondern mehr als falsch. Die Sache sei folgendermaßen abgelaufen:
Es habe einen Rahmenvertrag aus dem Jahr 2010 gegeben, der zwischen den ÖBB einerseits und dem Bund sowie den Bundesländern andererseits abgeschlossen wurde – über die Bereitschaft von Bund und Bundesländern, neues Zugmaterial für den Nahverkehr zu finanzieren. Denn die ÖBB können ja nicht Züge bestellen, wenn es keine verbindliche Zusage über die Finanzierung gibt.
Kurz bevor ÖBB -Gremien am 30. Jänner 2013 über den Kauf neuer Nahverkehrszüge entschieden hätten, habe es von Seiten des Bundes und der Bundesländer eine Entscheidung für deren Finanzierung gegeben – man habe aus dem bereits bestehenden Rahmenvertrag aus dem Jahr 2010 eine sogenannte »Option« gezogen, wie es in der Fachsprache heißt.
Anschließend hätten sich die ÖBB dann eigenständig für Siemens-Züge der Marke Desiro ML entschieden. Es sei also alles korrekt abgelaufen.
Belgische Staatsbahnen stoppen Desiro-ML-Bestellungen
Anfang 2013 stellte sich heraus, dass der Desiro ML vielleicht nicht die Qualitäten besitzt, die ihm zugeschrieben werden. Laut der belgischen Zeitung L’Echo vom 12. Februar 2013 stoppten die belgischen Staatsbahnen, die bei Siemens 305 Desiro ML bestellt hatten, den Auftrag, weil bei Probefahrten insgesamt 1500 Probleme aufgetreten seien – von Türdefekten bis zu Software-Mängeln. 906 dieser Berichte seien von Siemens als Garantiefälle anerkannt worden, 517 würden noch untersucht und 77 von der Garantie ausgeschlossen. Angeblich habe Siemens bereits 25 Millionen Euro Strafe zahlen müssen.
Ein Pressesprecher von Siemens erklärte dazu Anfang August 2013 in einer Stellungnahme: »Im Unterschied zu PKW ’s kann man Züge, die an verschiedene Verkehrsunternehmen geliefert werden, nicht direkt vergleichen. Züge werden je nach Auftraggeber individuell angefertigt. Der für die ÖBB hergestellte Desiro ML sieht dem Desiro ML für die belgische Staatsbahn optisch zwar ähnlich – es gibt jedoch sehr große Unterschiede in der Ausstattung, etwa in der Fußbodenhöhe und dem Abstand zum Bahnsteig, oder in der Anzahl, Größe und Anordnung der Türen.
Bei der Bestellung von Zügen sind oft sehr unterschiedliche Interessensgruppen beteiligt und es ist oft eine hochpolitische Angelegenheit.« Beim Desiro ML für die belgische Staatsbahn habe es tatsächlich eine Zeitlang einen Abnahmestop gegeben. Da habe es tatsächlich eine Reihe von Kinderkrankheiten gegeben, bei den Toilettentüren oder beim Öffnen und Schließen von Wagentüren. Seit März/April seien diese Probleme aber ausgeräumt und Siemens liefere die Züge wieder wie vereinbart. Zu den vertraglichen Details über Pönalzahlungen wolle man sich nicht äußern.
Mit den ÖBB habe man im Januar 2013 vorerst eine Vereinbarung über die Lieferung von 340 Zügen für den
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