Schwarzbuch Scientology
aufzugeben. Die Organisation hat seit ihrem Bestehen stets auf Kritik reagiert. Eine der erfolgreichsten Gegenstrategien ist die immer wiederkehrende Behauptung, es handele sich um eine Religionsgemeinschaft und - häufig im gleichen Atemzug -, um eine Organisation, die sich um das Wohlergehen der Menschheit kümmert.
Nur der genaue Blick in die einzelnen Einheiten von Scientology, die verschiedenen Aufträge und Funktionen dieser Abteilungen und der in ihnen wirkenden Mitglieder machen die Gefahr deutlich: für Mensch und Gesellschaft.
Eine Beschreibung des Systems allein genügt allerdings nicht. Eine der immer wiederkehrenden Fragen seit Existenz von Scientology ist: Warum sind Menschen Scientologen, und warum bleiben sie es über Jahre und Jahrzehnte, und viele, wenn nicht sogar die meisten, ein ganzes Leben lang? Nur das Zusammenführen der Methoden, denen die Scientologen ausgesetzt sind, und die Gesamtstrategie können erklären, warum das System Scientology mal besser, mal schlechter funktioniert. Aber es funktioniert - nach wie vor.
Scientology begegnet man in den verschiedensten Gewändern. Zu unterscheiden ist allerdings, dass ein aktiver Scientologe die Organisation anders erlebt als die Außenwelt und diese den aktiven Scientologen häufig wie nicht aus dieser Welt stammend - manchmal als »spinnert« einordnet. Von außen betrachtet stuft man dann aber das Agieren
für das System Scientology und damit das System selbst bei näherer Kenntnis relativ schnell als bedrohlich und kalt ein. Allerdings nur dann, wenn die Werbe- und Verharmlosungsstrategien durchschaut werden. Denn Scientology ist ein in sich geschlossenes System, eine Parallelwelt mit eigenen Gesetzen.
Begegnungen mit dem System Scientology
Eine der häufigsten Erklärungen, warum Menschen, die mit Scientology in Berührung kommen und dort bleiben, lautet: Labile oder sich in einer Krisensituation befindliche Menschen sind besonders anfällig für die Anwerbung durch Scientology. Diese Erklärung greift zu kurz. Denn dieses allein kann nicht eine häufig jahre- oder sogar jahrzehntelange Mitgliedschaft begründen und schon gar nicht erklären, warum es nur einer Minderheit gelingt, sich von Scientology irgendwann zu lösen. Grundlage der Erkenntnis der persönlichen und gesellschaftlichen Gefahr durch Scientology ist: Scientology kann jeden treffen, es kommt darauf an, wann und wie man ihr begegnet, und auch nicht unbedeutend - durch wen.
Die nach außen sichtbarste Variante ist das Auftreten der Scientology in Form der Missionen oder Kirchen. Interessant dabei ist bereits, dass innerhalb der Organisation diese Einheiten - also die Kirchen - als »Orgs«, der Abkürzung für Organisation, bezeichnet werden. Der Kirchenbegriff steht allerdings an den Gebäuden in großen Lettern. Die Einheiten haben einen klar umschriebenen Auftrag: das »Raw Meat«
von der Straße zu holen. »Raw Meat« - rohes Fleisch, so werden intern diejenigen bezeichnet, die angeworben werden sollen. Auf der Straße, im Kollegenkreis, in der Familie, in Vereinen oder anderen Institutionen. Insbesondere für die Straßenwerbung sind die »Orgs« oder Missionen zuständig. Ziel ist, durch Ansprache von Passanten die Menschen in die Gebäude zu locken. »Jegliche Idee, dass eine Org aus irgendeinem anderen Grund existiert als dem, Materialien und Dienstleistungen an die Öffentlichkeit zu verkaufen und zu liefern, muss verworfen werden«, so eine der verbindlichen Anweisungen des Gründers L. Ron Hubbard an diese Abteilungen der Organisation.
Die Präsentation im öffentlichen Raum, auf Straßen, Wegen und Plätzen ist zwar unterschiedlich, der Sinn und Zweck aber immer gleich: durch Ansprache neugierig machen auf eine Idee, auf sich selbst oder auf die Möglichkeit der Lösung gesellschaftlicher Probleme. Alle, die sich darauf einlassen, berichten von den gleichen Erfahrungen. Es bleibt nicht bei einem Gespräch. Um mehr zu erfahren, ist ein weiteres Einlassen notwendig. Das kann das Ansehen eines Filmes im Gebäude sein, die Demonstration von Techniken zur Bewältigung von Problemen oder meistens, bei besonders eiligen Menschen, die Übergabe oder der Verkauf einer kleinen Broschüre; nicht selten wird dieses mit der Einladung zu einem »zwanglosen« Brunch in den Gebäuden der Organisation verbunden.
Bei den »Besuchen« in den Gebäuden kommt dann häufig sozusagen einer der Klassiker der Anwerbung zum Einsatz, der Persönlichkeitstest. Bekannt geworden als
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