Schwarze Adler, weiße Adler
geschafft. Man hätte dasselbe mit dem gleichen Effekt auch mit einem Suppenlöffel tun können.â 16
Ballkünstler und Entspannungspolitik
Als Trost blieb den Polen immerhin der dritte Platz, sie besiegten Brasilien dank eines Lato-Tores knapp mit 1:0. Górski und seine Spieler nahmen auch zur Kenntnis, dass das deutsche Publikum klar auf ihrer Seite war, was in der polnischen Presse indes unerwähnt blieb.
Zum Abschluss der WM wurden mehrere polnische Spieler geehrt: Grzegorz Lato erhielt den âgoldenen Schuhâ als Torschützenkönig, er hatte siebenmal getroffen, Andrzej Szarmach kam mit fünf Treffern auf den zweiten Platz. Keine andere Mannschaft hatte mehr Tore als die Polen geschossen. Deyna wurde von den internationalen Sportjournalisten zum drittbesten Spieler des Turniers gewählt, nach dem Niederländer Johan Cruyff und Franz Beckenbauer. Und die âBildâ-Zeitung führte Grzegorz Lato und Robert Gadocha in ihrer âWelt-Elfâ auf.
Erfreut nahmen überdies insgesamt acht Mitglieder der polnischen Delegation, darunter Deyna, das Angebot von BMW an, einen Neuwagen mit einem Rabatt von zwei Dritteln des Listenpreises zu kaufen. 17
Versöhnliche Akzente setzte auch das Bankett, das Bundeskanzler Helmut Schmidt zum Abschluss der WM für die polnische Mannschaft gab. Die polnische Presse zitierte ausführlich aus den Lobreden deutscher Prominenter auf die Elf Górskis. 18
Der Sportreporter Stefan SzczepÅek blickte dennoch mit gemischten Gefühlen auf die WM in der Bundesrepublik zurück: âAus Polen kamen nur wenige Fans, und noch weniger kehrten zurück. Wir fuhren in das Land des Feindes, und entgegen all dem, was uns zuvor gesagt worden war, sahen wir auf der StraÃe keine Kreuzritter, und niemand sagte uns âRaus!â. Dennoch war eine Atmosphäre der gegenseitigen Verdächtigungen spürbar. Wir fühlten uns als Menschen zweiter Klasse aus dem Osten, als die kleinen Polacken, die zufällig den Krieg gewonnen haben. Und nur dank Kazimierz Górski und seiner Spieler wussten wir, dass wir nicht zweitklassig waren.â 19
Die deutsche Presse jedenfalls berichtete ausschlieÃlich positiv über die frisch aufspielenden Polen, letztlich sogar die âBildâ-Zeitung. Die âBallkünstler aus dem Ostenâ (âKickerâ) waren zu Sympathieträgern aufgestiegen und trugen erheblich zur Aufhellung des Polenbildes vieler Deutscher bei.
Diese sympathischen jungen Männer, die die Haare so lang wie die westdeutschen FuÃballer trugen, beglaubigten in den Augen mancher Kommentatoren auch die Entspannungspolitik der damaligen Bundesregierung, die auf die Ãberwindung nationaler Feindbilder abzielte. Ãber die weit über den Sport hinausgehenden überschwänglichen Reaktionen der deutschen Presse berichteten die von der Partei kontrollierten Warschauer Zeitungen allerdings nicht.
Doch machten Berichte über die neue Sympathie der Deutschen für die Polen ihre Runde und trugen dazu bei, ihrerseits das Deutschenbild der Polen positiv zu verändern, so wie dies auch die neue Ostpolitik bewirkt hatte. Umfragen, die im Auftrag der Partei durchgeführt wurden, deren Ergebnisse aber geheim blieben, spiegeln diesen Meinungsumschwung wider. So fürchteten 1969 noch 54 Prozent der Polen, die Deutschen könnten einen neuen Krieg beginnen. 1975 waren dies nur noch 13 Prozent. Doch schon wenige Jahre später, als die Parteipropaganda angesichts der groÃen Versorgungsprobleme wieder die Kriegsfurcht schürte, galten die Deutschen erneut als gefährlich. 20
Kontrolle durch die Partei
Bei ihrer Rückkehr wurden die WeiÃen Adler triumphal am Warschauer Flughafen begrüÃt. Parteichef Edward Gierek lud sie zu einem Empfang. Dabei stieà er mit Kazimierz Deyna an. Das Foto durfte aber damals nicht gedruckt werden, die Zensur filterte alle Bilder heraus, die Parteiführer beim Alkoholgenuss zeigte. 21 Deyna und Gadocha bekamen anschlieÃend noch einen Orden von Verteidigungsminister Wojciech Jaruzelski, ihr Club Legia Warschau unterstand ja der Armee.
Auch regelte der PZPN die zuvor schon heftig diskutierte Prämienfrage. Der Trainer und elf seiner Spieler bekamen jeweils 190.000 Zloty, das Fünffache des offiziellen Durchschnittslohns, sowie 1.500 Dollar in bar ausbezahlt. Während der WM hatte sich ihr tägliches Taschengeld auf zwei Dollar belaufen. Der
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