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Schwarze Herzen

Schwarze Herzen

Titel: Schwarze Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gena Showalter
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im Inneren einer Wolke – oder eher eines Wolkenpalasts. Eines Palasts, der alles übertraf, was sie je gesehen hatte. Eines Palasts, der warm war und angenehm duftete – mit einem fast greifbaren Gefühl von Frieden in der Luft.
    Die Wände bestanden aus nichts als weißem Nebel, und vor ihren Augen entstanden Fresken, scheinbar lebendig, von geflügelten Kreaturen – sowohl himmlischen als auch dämonischen –, die durch einen strahlenden Morgenhimmel glitten. Die Bilder erinnerten sie an Danikas Gemälde. Sie war das Allsehende Auge, das ungehindert in Himmel und Hölle blicken konnte. Obwohl der Fußboden aus derselben ätherischen Substanz zu bestehen schien, gab er den Blick auf das Land und die Menschen darunter frei – und war dabei trotzdem beruhigend solide.
    Himmlisch. Wolke . Das Himmelreich? Pures Entsetzen durchströmte sie, als sie herumwirbelte und sich dem Mann entgegenstellte, der sie entführt hatte. „Himmlisch“ war das perfekte Wort. Von seinem blonden Kopf über die Kraft in jenem schlanken, muskulösen, sonnengeküssten Leib bis hin zu den goldenen Flügeln, die aus seinem Rücken ragten. Selbst das knöchellange weiße Gewand und die Sandalen an seinen Füßen verliehen ihm die Aura eines Heiligen.
    War er also ein Engel? Ihr Herz setzte einen Schlag aus. Menschlich war er nicht, so viel war sicher. Kein Mensch könnte je den Vergleich mit einer solchen blendenden Perfektion bestehen. Aber verdammt, diese Augen … dunkel und hart und fast … na ja … leer.
    Seine Augen spielen keine Rolle . Engel waren Dämonenmörder, und sie war so nah an der Grenze zum Dämon, wie ein Mädchen nur sein konnte. Immerhin war Luzifer selbst ihr Urgroßvater. Luzifer, der ein Jahr lang ungebremst auf der Erde gewütet hatte, plündernd und vergewaltigend. Nur einige wenige Frauen waren schwanger geworden, doch diese wenigen hatten bald schon die ersten Harpyien zur Welt gebracht.
    Unsicher, was sie tun sollte, marschierte Bianka einmal um den Blondschopf herum. Er blieb stehen, selbst als sie hinter seinem Rücken war, als hätte er von ihr nichts zu befürchten. Vielleicht hatte er das ja tatsächlich nicht. Offensichtlich verfügte er über Macht. Erstens hatte er sie geblockt – darüber kam sie immer noch nicht hinweg. Und zweitens irgendwie ihren Mantel und all ihre Waffen verschwinden lassen, ohne sie auch nur anzufassen.
    „Bist du ein Engel?“, fragte sie, als sie wieder vor ihm angelangt war.
    „Ja.“ Kein Zögern. Als wäre seine Herkunft nichts, wofür man sich schämen müsste.
    Armer Kerl, dachte sie schaudernd. Augenscheinlich hatte er keine Ahnung, mit was für einem miesen Blatt er ins Leben geschickt worden war. Hätte sie sich entscheiden müssen, ob sie ein Engel oder ein Hund sein wollte, sie hätte den Hund genommen. Die konnte man wenigstens respektieren.
    So nah war sie noch keinem Engel gekommen. Gesehen hatte sie schon einen, ja. Oder, na ja, etwas, das sie für einen Engel gehalten und das sich später als getarnter Dämon entpuppt hatte. So oder so, der Kerl hatte ihr nicht gefallen. Außerdem war er der Vater ihrer jüngsten Schwester. Sich selbst hielt er für einen Gott und alle anderen für unter seiner Würde.
    „Hast du mich hergebracht, um mich zu töten?“, fragte sie. Nicht dass er damit Erfolg hätte. Er würde schon noch herausfinden, dass sie keine leichte Beute war. Über die Jahre hatten viele Unsterbliche versucht, sie abzumurksen, aber geschafft hatte es keiner. Offensichtlich.
    Als er seufzte, strich sein Atem warm über ihre Wangen. Sicher keineswegs zufällig hatte sie den Abstand zwischen ihnen verringert; er roch wie die Gletscher, die sie so liebte. Frisch und rein mit einem Hauch von erdiger Würze.
    Offenbar wurde ihm gerade erst bewusst, dass nur noch ein Flüstern sie trennte. Denn seine Lippen formten sich – für einen Mann zu voll, aber für ihn irgendwie trotzdem perfekt – zu einer störrischen Linie. Ohne dass sie eine Bewegung bemerkt hätte, stand er plötzlich ein paar Zentimeter weiter entfernt. Hm. Interessant. War er absichtlich von ihr abgerückt?
    Neugierig trat sie auf ihn zu.
    Er wich zurück.
    Also tatsächlich. Warum? Hatte er Angst vor ihr?
    Aus reinem Trotz, wie so oft, machte sie wieder einen Schritt in seine Richtung. Und wieder schritt er rückwärts. So, so. Der große böse Engel wollte also nicht in ihrer Reichweite sein. Fast hätte sie gegrinst.
    „Also“, hakte sie nach. „Hast du?“
    „Nein. Ich habe dich

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