Schwarze Piste
Versteck.«
»Im Stall ist doch das Waschbecken mit dem Spiegel drüber.« Frank nickte interessiert. »Hinter dem Spiegel ist in der Mauer ein lockerer Ziegel, den kann man rausnehmen. Da hat sie Papiere und Schmuck reingetan.«
»Hast du da noch nicht reingeschaut?«
»Ich hab’s, ehrlich gesagt, vergessen. Da war nie was Wertvolles drin.«
»Wir nehmen dein Auto«, sagte Frank. »Du fährst.« Die Polizei musste Krugger inzwischen befragt haben. Es war möglich, dass sie schon nach Anton Schuckenrieder suchten und nach dem Geländewagen, der auf ihn zugelassen war.
Die Fahndung nach Anton Schuckenrieder war im Gange. Jeder Polizist in Bayern im Allgemeinen und im Landkreis Miesbach im Besonderen hielt nach seinem Geländewagen Ausschau, wenngleich das aus mehreren Gründen wenig erfolgversprechend war: Zum einen war es dunkel, und man konnte Autos nur in den beleuchteten Ortschaften erkennnen. Zum anderen waren die für die Suche nach Schuckenrieder verfügbaren Einsatzkräfte im Augenblick stark reduziert. Und das hatte folgende Bewandtnis: Auf einer Weihnachtsfeier in Fischbachau war die Belegschaft eines mittelständischen Unternehmens bereits um fünf Uhr nachmittags derart alkoholisiert, dass es zu erotischen Ausschweifungen kam. Unter anderem saß die Personalleiterin seit einer halben Stunde auf dem Schoß eines Außendienstmitarbeiters von zweifelhaftem, aber virilem Ruf. So weit war alles im normalen Rahmen. Nun hatte sich aber auch die Assistentin der Geschäftsleitung insgeheim Hoffnungen gemacht, den Abend auf dem Schoß des zweifelhaft, aber viril beleumundeten Außendienstmitarbeiters zu verbringen. Da sich diese Pläne in Luft aufzulösen drohten, rief die Assistentin den Mann der Personalleiterin an, der ein paar Gasthäuser weiter auf einer anderen Weihnachtsfeier zechte und das, wie oft bei diesen Anlässen, ohne Maß und Ziel. Immerhin war er nüchtern genug, dass er die Botschaft der Assistentin verstand und sich unverzüglich auf den Weg machte, und das in Begleitung einiger Kollegen, die ihrem gehörnten Kollegen beizustehen bereit und infolge übermäßigen Glühweingenusses bedenklich enthemmt waren. Gerade als der Vater des Geschäftsführers des mittelständischen Unternehmens seinen traditionellen Auftritt als Weihnachtsmann hatte, stürmten der Personalleiterinnenehemann und seine Kameraden die Wirtschaft, erwischten die Personalleiterin und den virilen Außendienstmitarbeiter in flagranti und huben an, die Schmach an Ort und Stelle zu rächen. Auf dem Höhepunkt der sich anschließenden Massenschlägerei befanden sich zwei komplette Firmenbelegschaften in der Schlacht, in deren Verlauf der Weihnachtsmann, nach späteren Zeugenaussagen mit einem Stuhlbein in der Hand und ungeachtet seines vorgerückten Alters, ein veritables Gemetzel angerichtet haben soll. Wie dem auch gewesen sein mag – es wurden jedenfalls alle verfügbaren Polizeikräfte in Fischbachau benötigt.
Infolge dieser Notlage wurde Kreuthners Suspendierung aufgehoben, und er fuhr mit Schartauer, dem einzigen nicht in Fischbachau befindlichen Polizisten, nach Riedern auf den Gnadenhof. Vor seiner Abfahrt hatte er Janette gebeten, eine Handyüberwachung zu organisieren, und zwar für die Apparate von Schuckenrieder und Daniela Kramm – beides Handys mit GPS -Funktion. Beide allerdings nicht in Betrieb, aber das mochte sich irgendwann ändern. Kreuthner hatte Daniela zwar eine Warnung vor Schuckenrieder alias Frank auf die Box gesprochen. Aber manchmal dauerte es eine Weile, bis die Meldung nach dem Einschalten angezeigt wurde.
Der Hof war dunkel und leer, als Kreuthner und Schartauer ankamen. Zu Kreuthners Überraschung war nicht abgeschlossen. Daniela würde nie den Hof verlassen, ohne die Wohnungstür und auch die Tür zum Stall abzusperren. Frank hatte sich die Mühe nicht gemacht, bevor er vom Hof gefahren war. Das wusste Kreuthner zwar nicht, aber die Sache kam ihm verdächtig vor. Zusammen mit Schartauer durchkämmte er den Wohntrakt wie auch den Stall, ob sich nicht doch noch jemand auf dem Hof befand. Aber sie trafen niemanden an. Nur erstaunlich viel Unordnung, die Daniela nie im Leben geduldet hätte.
»Was mach ma jetzt?«, fragte Schartauer, als sie unverrichteter Dinge aus dem Stall kamen.
»Hierbleiben und abwarten. Entweder kommt die Daniela oder Schuckenrieder, oder die Janette meldet sich, wenn eins von den Handys eingeschaltet wird.«
Daniela fuhr langsam auf der kleinen Landstraße,
Weitere Kostenlose Bücher