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Schwarze Piste

Schwarze Piste

Titel: Schwarze Piste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Föhr
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eigentlich egal. Es war auch nicht ihre Skrupellosigkeit. Nein, es war … Sie hat damit gesagt, die Zeit mit dir war so schlimm, da steht mir schon ein Wagen für fünfzigtausend Euro zu, weil ich das ausgehalten hab.« Krugger kamen die Tränen. Wallner schob ihm eine Packung Papiertaschentücher über den Tisch, die er umständlich öffnete, ein Taschentuch herausfummelte, mit dem er sich die Augen auswischte und am Ende hineinschneuzte. Er schluckte und atmete einmal kräftig durch. »Ich hab sie … ich hab sie gestoßen. Sie hat gezerrt, ich hab gezerrt, dann hab ich sie die Treppe runtergestoßen. Ich war so außer mir …«
    »Wann war das?«
    »Da war am fünfzehnten Juni 2008 . Einem Sonntag. Ich war gerade aus der Kirche gekommen.«
    »Und dann haben Sie sie im Garten begraben?«
    Krugger nickte.
    »Warum haben Sie die Leiche nicht weggeschafft? Oder von Schuckenrieder wegschaffen lassen. Das hätte der bestimmt gemacht.«
    »Er hat’s mir dringend geraten. Ja, das hätte ich tun müssen.«
    »Aber?«
    Krugger zuckte und verfiel für eine Sekunde in eine Art fatalistisches Lachen. »Ich wollt sie einfach nicht gehen lassen.«
     
    Nach Kruggers Vernehmung kam Kreuthner zu Wallner ins Büro, um sich zu erkundigen, ob sich sein schmerzhafter Einsatz gelohnt habe. Wallner berichtete ihm, was sie entdeckt hatten und was Krugger ausgesagt hatte. »Außerdem hat er den Mann identifiziert, der die junge Frau in München erstechen wollte.«
    »Und wer ist das?«
    »Anton Schuckenrieder. Mehrfach vorbestraft. Schon mal gehört?«
    »Der Name sagt mir nichts.«
    Wallner gab Kreuthner den Aktendeckel mit Schuckenrieders Foto. Kreuthner öffnete ihn, und sein Gesicht verfinsterte sich schlagartig.
    »Was ist?«, fragte Wallner.
    »Der arbeitet auf dem Gnadenhof.« Kreuthner griff zu seinem Handy.

[home]
    66
    D ie Straße, die vom Hof ins Tal führte, war steil und ausgesetzt. Der Gnadenhof Inntal lag hoch am Berg auf tausendeinhundert Metern und schaute ins fünfhundert Meter tiefer gelegene Inntal hinunter. Links der Straße Wiesen, die jetzt über einen Meter hoch mit Schnee bedeckt waren, an besonders abschüssigen Stellen auch die eine oder andere bedrohliche Wächte. Rechts ging es noch steiler hinunter zur Ache, einem zu manchen Zeiten des Jahres reißenden Gebirgsbach, der bei Kajakfahrern beliebt war. Daniela fuhr langsam und vorsichtig, denn auf dem festgefahrenen Schneebelag gab es immer wieder eisige Stellen. Gelegentlich kam rechts ein hölzerner Stadl oder Stall in Sicht, in dem während des Sommers das Jungvieh nächtigte, während es sich tagsüber sein Futter auf den Hängen suchte. An vielen Stellen konnte man nicht über die Schneehaufen sehen, die am Straßenrand aufgetürmt waren. Es war einer der schneereichsten Dezember seit Jahren.
    Daniela war beruhigt. Der Hof schien ein angenehmer Ort für Tiere zu sein, mit großen Weiden, auf denen Pferde und Esel in der schneefreien Zeit grasen durften. Die Betreiber waren auch bereit, Danielas Tiere oder zumindest die meisten davon aufzunehmen, für den Fall, dass sie den Hof nicht mehr betreiben konnte. Das würde Daniela in Zukunft besser schlafen lassen. Es war bereits nach vier, und die Dunkelheit kam hier in den tief eingeschnittenen Bergtälern früher als im flachen Land. Daniela schaltete das Licht ein.
    Die Straße war eine endlose Abfolge von Kurven, und meist wusste man nicht, was dahinter lag. Zehn Minuten war niemand entgegengekommen. Es gab wenig Grund, die Straße zu befahren. Eher im Sommer, wenn Bergwanderer den Wagen auf einem Parkplatz in der Nähe des Hofes abstellten, um einen der Zweitausender des Karwendels zu besteigen. Im Winter war es ruhig. Daniela fuhr langsam in die Kurven. In einer der ersten Kehren war ihr Heck auf einer Eisfläche weggebrochen. Jetzt ließ sie es vorsichtig angehen. Es war beißend kalt draußen. Minus fünfzehn Grad. Hinter der nächsten Kurve, die um einen Felsvorsprung herumführte, kündigte ein Scheinwerferstrahl einen entgegenkommenden Wagen an. Daniela brauchte einen Moment, bis sie erkannte, dass er sich nicht bewegte. Das Fahrzeug hinter dem Felsvorsprung stand anscheinend auf der Straße. Doch das beunruhigte Daniela nicht. Es gab viele Gründe anzuhalten. Vielleicht legte der Fahrer gerade Schneeketten an.
    Als Daniela um die Kurve fuhr, sah sie, dass der andere Wagen quer auf der Fahrbahn stand. Sie musste anhalten. Nichts rührte sich dort, niemand war zu sehen, auch niemand, der

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