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Schwarze Schmetterlinge

Schwarze Schmetterlinge

Titel: Schwarze Schmetterlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Jansson
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weggezogen, als er sie berührte und dann in seiner behielt. Er hatte sie beim Abschied viel zu lange umarmt, ihre Stirn und ihre Wange geküsst. Aber die eine Frage wurde nie wirklich gestellt. Wenn er genauer darüber nachdachte, dann war es jedes Mal so gewesen. Das letzte erlösende Wort wurde nie ausgesprochen. Wenn es brenzlig wurde, hatte er sich immer entzogen.
     
    Und jetzt war er schon wieder auf der Flucht. Auf dem Weg nach Örebro. Hier in der Anonymität des Zuges hatte er mit etwas Zeit für sich selbst gerechnet. Mit einer Frist, in der er die wichtigen Fragen über Helen und den Vater, den er nur als einen Schatten ohne Namen erahnte, formulieren konnte. Doch es kam nicht dazu. Um ihn herum lösten sich ebenso laut geführte wie belanglose Handygespräche ab, und Per fiel es immer schwerer, sich auf das Treffen zu konzentrieren.
     
    Er lehnte den Kopf ans Fenster. Natürlich war er angespannt. Seine Handflächen waren feucht. Er trocknete sie an der Hose ab. Das Hemd klebte ihm kalt unter den Achseln, als er sich anders hinsetzte. Vorsichtig öffnete er das Papier von dem Blumenstrauß ein wenig, um sicherlich zum fünften Mal zu kontrollieren, ob die Rosen auch nicht die Köpfe hängen ließen. Wie verhält man sich, wenn man nach dreißig Jahren zum ersten Mal seine Schwester trifft? Gibt man sich die Hand? Umarmt man sich? Das wäre vielleicht ein bisschen peinlich. Und was macht man, wenn man keine Gemeinsamkeiten findet?
     
    Schon ein komisches Gefühl, seine eigene Schwester zu treffen, ohne auch nur das Geringste von ihrem Leben zu wissen. Vielleicht ist sie Single wie ich, dachte Per, ein wenig wunderlich und sehr einsam. Vermutlich rothaarig. Vielleicht wird sie mich nicht mögen, dachte er. Möglicherweise sind wir zu unterschiedlich. Oder zu ähnlich? Wenn sie genauso schweigsam ist wie ich, dann könnte es schwierig werden.
     
    Als der Zug in Uppsala hielt, konnte er nicht umhin, die Frau zu bemerken, die am Zug entlanglief. Sie trug eine blaue gehäkelte Mütze, die beim Laufen auf und ab wippte. Ein bunter, langer Mantel flatterte ihr um die Beine. Mit unverminderter Geschwindigkeit und einem Gepäck, als wolle sie in der Arktis überwintern, stürmte sie durch den Waggon und fiel in den Sitz Arvidsson gegenüber. Das helle Haar hing ihr in Strähnen unter der Blaubeermütze hervor, und die Wimperntusche war verlaufen. Laut keuchend arbeitete sie sich aus dem nassen Mantel. Eine Mischung aus Parfüm und Körpergeruch dampfte ihm in einer Wolke ins Gesicht. Ihre gut gebaute Oberweite hob und senkte sich mit ihren Atemzügen. Er konnte nicht umhin zu bemerken, dass sie keinen BH trug. Er versuchte, nicht hinzustarren. Unter dem dünnen, lachsrosafarbenen T-Shirt zeichneten sich eigensinnig und naseweis die Brustwarzen ab. Er versuchte, seinen Blick auf etwas anderes zu fixieren.
     
    »Fahren Sie noch weit?«, erkundigte sie sich. »Ich dachte mir, vielleicht könnten wir die Plätze tauschen, mir wird vom Rückwärtsfahren nämlich schlecht. Wenn es Ihnen nichts ausmacht? Aber vielleicht wird Ihnen ja auch schlecht im X2000. Dann müssen wir natürlich nicht tauschen. Nicht wenn Ihnen schlecht wird, meine ich.«
     
    Arvidsson stand wortlos auf, setzte sich auf den gegenüberliegenden Sitz und starrte wieder in die Scheibe. Er konnte sehen, dass sie ihn unausgesetzt beobachtete. Er war irritiert. Wie zum Teufel sollte er sich auf das Treffen mit Pernilla vorbereiten, wenn diese Person ihn die ganze Zeit anstarrte?
     
    »Wohin fahren Sie denn?«, fragte sie.
     
    »Nach Örebro.«
     
    »Um Ihre Liebste zu treffen?«
     
    »Warum glauben Sie das?« Er bereute sofort, ihr eine Frage gestellt zu haben.
     
    »Sie haben Blumen dabei.«
     
    »Ich muss auf eine Beerdigung«, entfuhr es ihm. Das war aus der Luft gegriffen, eigentlich gar keine schlechte Idee. Wenn die Frau einigermaßen normal funktionierte, dann müsste sie ihn jetzt in Ruhe lassen. Arvidsson versuchte, seiner Miene all den Ernst zu verleihen, den der traurige Anlass erforderte, und wandte sich in der vergeblichen Hoffnung auf etwas Privatleben wieder zum Fenster.
     
    »Ich war vorige Woche auch auf einer Beerdigung. Mamas Tante. Hatte eine Gehirnblutung und ist dann Knall auf Fall gestorben, beim Fensterputzen. Sie ist direkt auf ein geparktes Auto gefallen. Einen Fiat.« Die Blaubeermütze wartete auf eine mitfühlende Reaktion von seiner Seite, und als die auf sich warten ließ, fuhr sie unbeirrt fort. »Ich glaube,

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