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Schwarze Sonne Afrika

Titel: Schwarze Sonne Afrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Frobenius
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kommen lassen und habe dir etwas gesagt.« Der älteste Sohn sagte: »Ich habe in dieser Nacht nicht mit dir gesprochen.« Da sagte der alte, treue Dimadio zum König: »Du hast diese Nacht nicht mit deinem ältesten Sohn, sondern mit deinem jüngsten Sohn gesprochen. Du hast mich gesandt, deinen ältesten Sohn zu rufen, ich aber habe nicht deinen ältesten Sohn gerufen, sondern den jüngsten. Denn deine ersten sechs Söhne behandeln mich stets schlecht. Sie taugen nichts, und wenn dein Ältester Wagadu fände, würde er es bald zerstören. Wenn du nun jemand töten willst, so töte mich – denn ich bin schuld daran.« Darauf sagte Mama Dinga: »Mein Ältester, du wirst nicht Hankama (König) werden, denn soeben habe ich alles, was ich hatte, deinem jüngsten Bruder gegeben. Werde du also Djamma (Schamane) und lerne es, Gott um Regenzu bitten. Wenn du es regnen lassen kannst, werden die Leute zu dir kommen, und du wirst Einfluß haben.«
    Inzwischen sandten die Dschinn ihren Ältesten zu Lagarre. Der alte Dschinn sagte zu Lagarre: »Im Busch ist eine Sache, die ist noch sieben Jahre älter als ich.« Lagarre fragte: »Wer ist das?« Der Dschinn sagte: »Das ist Kuto« (eine weiße Varanusart, die heute noch als besonders heilig gilt. So suchen die Marabut z. B. in der Ramadanzeit dieses Tier zu fangen, um aus seinem Fleisch Zaubermittel herzustellen). Lagarre fragte: »In welchem Wald ist Kuto?« Der alte Dschinn zeigte ihm den Wald.
    Lagarre ging zu dem Wald. Er traf Kuto. Er konnte jetzt mit Kuto sprechen, denn er verstand jetzt die Sprachen aller Tiere und auch die der Vögel. Er sagte zu Kuto: »Zeig mir die Tabele meines Vaters.« Kuto fragte: »Von welchem Stamm bist du?« Lagarre sagte: »Ich bin der Sohn Dingas.« Kuto fragte: »Wie heißt der Vater deines Vaters?« Lagarre sagte: »Ich weiß es nicht.« Kuto sagte: »Ich kenne dich nicht, aber ich kenne Dinga – ich kenne nicht Dinga, ich kenne aber Kiridjo, den Vater Dingas. Es gibt jedoch etwas, was noch siebzehn Jahre älter ist als ich.« Lagarre fragte: »Was ist das?« Kuto sagte: »Das ist Turume, der Schakal, der so alt ist, daß er keine Zähne mehr hat.« Lagarre fragte: »Wo ist er?« Kuto zeigte ihm den Wald.
    Lagarre ging mit seinen Soldaten zu dem Wald. Er traf Turume. Turume fragte ihn: »Wer bist du?« Lagarre sagte: »Ich bin der Sohn Dingas.« Turume fragte: »Wie heißt der Vater deines Vaters?« Lagarre sagte: »Ich weiß es nicht.« Turume sagte: »Ich kenne dich nicht, aber ich kenne Dinga. Ich kenne nicht Kiridjo, aber ich kenne Kiridjotamani, den Vater Kiridjos. Ich bin sehr alt, aber es gibt etwas, das ist noch siebenundzwanzig Jahre älter als ich es bin.« Lagarre fragte: »Was ist das?« Turume sagte: »Das ist Koliko, ein Honge (Geier).« Lagarre fragte: »Wo wohnt Koliko?« Turume zeigte es ihm.
    Lagarre machte sich mit seinen Leuten zu Koliko auf. Er fragte: »Zeig mir die Tabele meines Vaters.« Koliko fragte: »Wer bist du?« Lagarre sagte: »Ich bin der Sohn Dingas.« Koliko sagte: »Ich kenne dich nicht, aber ich kenne Dinga, ich kenne nicht Dinga, aber ich kenne Kiridjo. Ich kenne nicht Kiridjo, aber ich kenne Kiridiotamani. Ich weiß, wo die Tabele ist, aber ich bin zu schwach und zu alt, um sie zu zeigen oder zu holen. Sieh, vor Alter sind mir die Federn ausgefallen, und ich kann nicht einmal mehr von meinem Aste fliegen.« Lagarre fragte: »Wie ist das zu machen?« Koliko sagte: »Du mußt sorgen, daß ich wieder Kraft erhalte. Du mußt mir viel bringen. Bleibe sieben Tage bei mir. Laß alle Morgen ein junges Pferd und auch einen jungen Esel schlachten und mir von beiden Herz und Leber reichen. Morgens und abends mußt du mich nähren. Wenn du diese Bedingung sieben Tage lang erfüllst, dann werde ich wieder Kräfte und Federn haben und ich werde dir die Tabele deines Großvaters bringen können.« Lagarre blieb sieben Tage dort. Jeden Morgen ließ er ein junges Pferd und einen jungen Esel schlachten und Koliko Herz und Leber reichen. Er nährte ihn morgens und abends. Da wuchsen dem Honge Kräfte und Federn. Er konnte wieder fliegen. Er flog dahin, wo die Dschinn die Tabele am Himmel angebunden hatten. Er hatte aber nicht Kraft genug, die Schnur zu zerreißen, an der sie festgebunden war. Er kehrte zurück und sagte zu Lagarre: »Du mußt mir noch während dreier Tage je ein Pferd und einen Esel schlachten und mir Leber und Herz geben. Noch reichen meine Kräfte nicht, die Schnur zu zerreißen, an der die Tabele

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