Schwarze Sonne Afrika
»Rechtgläubigen« Abu Bekr 1076 n. Chr. endete, im bildlichen wie im übertragenen Sinne. Gana besaß Salz und besaß Gold. Von altersher ein bedeutender Salzmarkt, brachten große Karawanen den in Salzbergwerken der Sahara gewonnenen raren Stoff in den Sudan. Das Gold kam aus dem südlich gelegenen Bambuk, das von Gana zwar nicht beherrscht wurde, aber dennoch nicht mit seiner Kostbarkeit geizte; man trieb einen ausgeklügelten und dabei »stummen« Handel. Das Gold machte Gana zu einem reichen Land; bis zur Entdeckung Amerikas galt es als größter Goldlieferant der Mittelmeerländer. Von »goldenen Zeiten« der Helden und Heldengesänge künden auch heute noch die Spielleute. Sie wurden für Leo Frobenius auf seiner zweiten Reise 1907/09 zu unschätzbar wichtigen Gewährsleuten. Bei den Westsudanern lag die Erhaltung der alten Epenkunst in den Händen der Dialli (Kaste der Sänger). Ursprünglich standen die Dialli im Dienst der jungen Adeligen – zumal denen, die das väterliche Erbe dem Sohn des Mutterbruders überlassen mußten –, begleiteten sie auf abenteuerlichen Wegen, besangen dabei die Taten der Vorzeit und auch ihre jüngsten Erlebnisse. Es bildeten sich drei, vier »Heldenbücher der Sahel« heraus, Frobenius gab sie in Prosaform wieder.
Das ist zunächst das große Dausi der Soninke oder Marka (des Staatsvolkes von Gana), das die Geschichte von mythischen Anfängen an fortschreibt. Eine seiner rätselhaften Legenden handelt vom Verlustund der Wiederauffindung des Ortes Wagadu; die Herren Wagadus wanderten und nahmen »die Idee« ihrer Burg mit, so daß sie sich viermal an ganz verschiedenen Plätzen materialisierte.
Dem Dausi zur Seite steht das kleinere Pui, eine Sammlung von zwölf Heldenstücken, die nur einzeln vorgetragen wurden. Es sind die zwölf »Helden von Kala« (einem Gebiet rund um Sokolo) und ihre Abenteuer erlebten sie meist in Faraka, dem fruchtbaren Land zwischen Oberniger und Bani. Sie nahmen die Goldschätze der von Süden Zugereisten und vergriffen sich an Viehherden einheimischer Fulbe; kam es so, daß ein Soninkeheld mit einer schönen Fulbe schlief, wurde auch der Sohn ein Fulbe und entsprechend nahm der Einfluß dieses Volkes immer mehr zu.
Das eigentlich Fulbische Heldenbuch ist das Baudi. Frobenius sieht es als ein Produkt »unverschämter Aneignungskunst« an, wobei er offen läßt, ob er das Lavieren zwischen Islam und Nomadenglaube auch das Parodieren und Persiflieren ehrwürdiger Sagenstoffe eher ab unverschämt ansieht oder als Kunstform. Beobachtunsgabe, Witz und Situationskomik sind den Geschichten der Fulbe jedenfalls in hohem Maße zu agen, Wie kam nun Frobenius zu diesen Epen? »Endlich war es gelungen, Korongo, den bekanntesten und am meisten geschätzten Barden (Dialli) den oberen Niger in mein Spinnennetz zu treiben. Da hatte ich ihn nun und – war gründlich enttäuscht. Eine schlappe Figur,ein nichtssagender Kopf, die Stirn verkraust, die Augen matt, die Stimme heiser, der Gruß unfreundlich ... Koronge führt das ihm dargereichte Glas Kognak zum Mund. Korongo trinkt! Korongo lächelt! Dann stimmt er seine Laute ernsthaft. ›Nun etwas aus den alten Zeiten. Aber vorher noch einen Schluck!‹ Korongo trinkt wieder. Sein Antlitz lebt auf: dann hat er die Laute im Arm. Er singt, ›vom Anfang vor der Zeit‹. Seine Stimme trägt melodramatisch leicht singend vor. Sie ist jetzt klar und sicher. Er trägt nun die ersten Stücke aus dem alten Dausi vor, dem Heldenbuch ›Das Land Wagadau war erst einmal für sieben fahre verlorengegangen. Man wußte nicht mehr, wo es war. Dann fand man es wieder:‹ Das Epos ist großzügig gebaut! Schon die erste Kenntnis – Karimacha hockte neben mir und wiederholte alles flüssig in französischer Sprache – ließ außerordentlich feine Empfindungen erkennen. Dazu Korongo – wie er das vortrug! Korongo trinkt. Korongo ruft: hoch! Die Zeit der Ganna, der Helden! Damals tranken Horro (Adelige) und Dialli!«
Die Wiederentdeckung Wagadus
Das Land Wagadu war erst einmal für sieben Jahre verloren gegangen. Man wußte nicht mehr, wo es war. Danach fand man es wieder. Es trat dann aber nochmals ein Zeitraum von 740 Jahren ein, in dem es nicht mehr gefunden wurde, es war für diese Zeit verloren. Da war ein alter Mann und König, der hieß: Mama Dinga. Mama Dinga sagte: »Man schlage die große Kriegspauke Tabele, dann wird man Wagadu wiederfinden.« Die Tabele war aber von den Dschinn, den Teufeln, gestohlen und am Himmel
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