Liebesfee feiert Karneval
Liebesfee feiert
Karneval
In
der Hölle herrschte eine grauenhaft miese Stimmung.
Luzifer
hielt sich in seinen Räumen auf und beobachtete das Zeitenregal mit wachsender
Besorgnis. Die ordentlich aufgereihten und polierten Stundengläser vibrierten
unaufhörlich. Das ging nun schon seit zwei Wochen so. Sie wollten einfach keine
Ruhe geben. Dabei war es nicht einmal so, dass bei einer von ihnen die Zeit
ablaufen würde. Im Gegenteil. Der Sand floss schwerfällig und das Innere der
Gefäße verstopfte regelrecht. Infolgedessen starben die Menschen zurzeit wenig
bis gar nicht, denn jede Sanduhr stand für ein Menschenleben auf Erden.
Der
Hölle drohte allmählich ein Seelennotstand.
Schuld
daran war Luzifers Freundin Lila, eine Liebesfee in Ausbildung. Im Rausch der
Silvesterfeierlichkeiten hatte sie aus Versehen ein paar Raketen durch die
Unterwelt geschossen und damit sämtliche verdorbenen Seelen vertrieben. Luzifer,
Foltermeister Zalu und alle Seelenfänger der Hölle waren daraufhin mächtig in
Stress geraten, um die Flüchtigen wieder einzufangen. In der Zwischenzeit
hatten sie auch alle erwischt.
Alle,
bis auf eine.
Die
Seele von Hugo, dem Schlitzer, weilte nach wie vor auf Erden, um ihr Unwesen zu
treiben. Dieser Umstand hatte Luzifer am Morgen bereits die dritte Verwarnung
aus dem Himmelreich eingebracht. Hugo machte sich offenbar einen Spaß daraus,
sich in den Körpern unschuldiger Lebender einzunisten und sie zur Strecke zu
bringen. Was der Hölle momentan fehlte, empfing der Himmel im Überfluss. Das
Gleichgewicht drohte zu kippen.
Luzifer
musste dringend handeln. Hugos Seele musste zurück in die Hölle. Um jeden
Preis.
„Aber
wie?!“, heulte Luzifer auf und schlug die Hände über dem Kopf zusammen. Er
hatte es bereits mit allen bekannten und bewährten Mitteln versucht. Aber Hugo
war nicht gewöhnlich. Er war schon zu Lebzeiten einzigartig gewesen. Gegen alle
Regeln hatte er sich aufgelehnt und sich lange erfolgreich dagegen gewehrt,
abzutreten. Am Ende hatte Luzifer seine Seele unter Aufbringung sämtlicher
Kräfte aus seiner menschlichen Hülle schleudern müssen.
„Ähm...
Meister?“
Luzifer
vernahm ein Räuspern aus Richtung Eingangstor. Er wandte sich um und kniff die
Augen zu schmalen Schlitzen zusammen. Dort stand Foltermeister Zalu. Mit seinem
spärlichen zersausten Haar und der zerfetzten Kleidung bot er einen
heruntergekommenen Anblick. Seine letzte Exkursion auf die Erde war
unübersehbar gescheitert.
„Ich
muss Euch leider mitteilen ...“, setzte Zalu an und wurde sogleich von einem
Donnergrollen unterbrochen, das Luzifer mit einem Fingerschnipsen ausgelöst
hatte.
„Spar
dir deine Erklärungen“, brummte Luzifer. Er schritt durch den Raum, die Hände
auf dem Rücken verschränkt. „Ich bin ja nicht blind. Ich sehe, dass du Hugos
Seele nicht bei dir trägst. Du hast versagst, wie jeder andere vor dir.“
Zalu
senkte den Kopf. „Meister, ich bitte um Verzeihung.“
Luzifer
seufzte. Es lag nicht in der Natur des Teufels, irgendjemandem irgendetwas zu
verzeihen. Ein „Schon okay“ oder „Lass mal gut sein“ würde ihm sicher niemals
über die Lippen kommen. Also schwieg er Zalu sekundenlang an und erfreute sich
daran, seinen Foltermeister zittern zu sehen.
„Nun“,
meinte er dann, „ich werde mich selbst auf den Weg machen und Hugo einen
kräftigen Tritt in den Arsch verpassen.“ Er hatte zwar noch keine Ahnung, wie
er das anstellen sollte, aber das musste er Zalu ja nicht verraten.
„Da
wäre noch etwas“, sagte der Foltermeister mit leiser, kaum verständlicher
Stimme. Es klang beinahe so, als fürchte er sich davor, sein Anliegen
auszusprechen.
„Was
denn noch?“ Luzifer knurrte. Um seine Geduld stand es ohnehin niemals gut, aber
die letzten Tage war sie explosiver denn je.
„Ihr
habt Besuch, Euer Grausamkeit.“
„Besuch?“,
wiederholte Luzifer.
„Lui,
mein Schnuckelchen, freust du dich denn gar nicht, mich zu sehen?“ Liebesfee
Lila kam hinter Zalu in den Raum hinein gesaust, als hätte sie die ganze Zeit
über draußen gestanden und nur auf ihr Stichwort gewartet. In rasender
Geschwindigkeit erreichte sie Luzifer und sprang direkt auf ihn. Er war
überrascht und irritiert, stolperte einige Schritte rückwärts und schaffte es
nur mit Not, sein eigenes Gleichgewicht inklusive Lila zu halten.
Lila
klammerte sich mit den Beinen um seine Leibesmitte. Mit den Händen wollte sie
ihm scheinbar den Kopf abreißen, denn sie packte ihn so fest,
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