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Schwarzer Rauch

Schwarzer Rauch

Titel: Schwarzer Rauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Hasse
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beistehen und uns leiten.« Mit diesem Satz drehte sie sich um und verließ den Platz. Mein Blick kreiste noch einige Male über Stonehenge, ehe das Bild verschwamm und die Erinnerung zu Ende war.
    »Was war das denn?«, fragte ich neugierig.
    Darian antwortete mir mit dem Stolz eines Vaters, der von den ersten Schritten seines Kindes erzählt: »Eulen sind sehr kluge Tiere. Sie können Erinnerungen über Generationen hinweg behalten. Da ich mich bis zu dem Missgeschick mit den Federn sehr gut mit unserer Hauseule verstanden habe, hat sie es mir erzählt.«
    Ich wollte kurz über alles nachdenken, Darian ließ mir dafür jedoch keine Zeit.
    »Hast du verstanden, worum es geht? Viele der Gemeinschaft hegen seit ewigen Zeiten einen tiefen Groll gegen Telepathen. Für einige sind Telepathen der Ursprung des Bösen. Telepathie ist für sie die dunkle Macht. Von allem Anderen wollen sie nichts wissen.«
    Ich schluckte. War ich böse, weil ich die Gedanken anderer Leute sehen konnte? Niemals habe ich einem Menschen etwas zuleide getan oder jemandem meinen Willen aufgezwungen. Dieses Vorurteil entflammte ein starkes Gefühl in mir. Ich wollte mich nicht denunzieren lassen! Ich kochte innerlich, bis Darian plötzlich von mir abrückte.
    »Was ist los«, wollte ich wissen.
    »Sieh dich doch mal an! Deine Aura ist selbst für mich spürbar rot. Ich vermute, du bist wütend?« Er blickte mich fragend an.
    Ich versuchte, mich von außen zu betrachten, ganz objektiv. Darian hatte Recht. Mein Zorn über diese Vorurteile hatte mich vollends übernommen.
    »Tut mir leid. Ich bin nur tierisch genervt von solchen intoleranten Idioten. Und ich werde es ihnen beweisen. Ich werde nach London fahren und die Wahl gewinnen. Ich werde irgendwann alle davon überzeugen, dass das Böse nicht unter uns Telepathen zu suchen ist – zumindest nicht nur, wie ich vermute.« Ich holte tief Luft und beruhigte mich innerlich. »Hast du noch mehr solcher Erinnerungen, die du mir zeigen kannst?«
    »Nein, leider nicht. Die Eulen haben diese Erinnerung wohl behalten, weil zu dieser Zeit die Spaltung unserer Gemeinschaft begann. Sie hielten es wohl für wichtig, die Generationen nach ihnen aufzuklären.« Er zuckte mit den Schultern. »Anders kann ich es mir nicht erklären.«
    »Dann schlage ich vor, unsere Hausbibliothek nach Büchern zu durchstöbern, die man uns im Unterricht bisher vorenthalten hat. Derart wichtige geschichtliche Ereignisse müssen irgendwo niedergeschrieben sein.«

Das Grimoire
     
    In Windeseile kletterte ich aus unserem Versteck. Darian hatte große Mühe, mir zu folgen.
    »Ist das dein Ernst?«
    Seine Frage brachte mich kurz aus dem Konzept. Wollte er nicht mehr darüber in Erfahrung bringen?
    »Warum auch nicht? Die Geschichte von dir gibt mir zu denken. Warum hat uns bisher keiner der Ausbilder davon erzählt? Warum wurde ich als Telepathin nicht vorgewarnt? Was wäre, wenn auch mich diese unheimliche Art von Machtgier befällt und ich nicht weiß, was ich dagegen unternehmen könnte?«
    In diesem Moment betraten wir die Bibliothek. Die endlosen langen Regalreihen vor uns glichen unüberwindbaren Mauern. Wo sollten wir mit der Suche beginnen? Mein eben noch verspürter Elan verpuffte im Anbetracht dieser Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Wieso konnte keiner von uns mit Büchern reden? Wir waren auf der Suche nach einem Buch über die Geschichte des Bösen, einem Geschichtsbuch mit der ganzen Geschichte. Gab es hier so etwas wie eine verbotene Abteilung?
    Nein, die gibt es nicht, antwortete mir meine innere Stimme. Du musst nur an dich glauben.
    Just in dem Moment sah ich einen silbergrauen Faden vor mir. Zart und dünn wie der einer Spinne, ein Hauch von Nichts und doch sichtbar. »Kannst du das auch sehen?«, flüsterte ich.
    »Was? Bücher? Allerdings. Und wo gedenkst du mit der Suche anzufangen?«
    Ich folgte dem Faden durch schier endlose Regalreihen, an tausenden Büchern vorbei. Als ich um die nächste Ecke bog, endete er in einer der obersten Buchreihen.
    »Hilf mir bitte hoch. Ich muss an das zweitoberste Regalfach kommen.« Darian folgte meiner Aufforderung sofort und hob mich auf die richtige Höhe. Ich griff nach dem Buch am Ende des Silberfadens. Auf mein Signal hin setzte mich Darian wieder sanft zu Boden. Wir sahen uns das Buch genauer an. Es wirkte sehr alt. Seinen staubigen und zerfledderten Seiten nach zu urteilen musste es mindestens aus dem vorigen Jahrhundert sein. Der lederne Einband wurde durch aufwendig

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