Schwarzer Skorpion - Thriller (German Edition)
plötzlich der Araber wieder auf, den er zuerst verfolgt hatte. David hatte völlig auf ihn vergessen und angenommen, dass er das Weite gesucht hatte. Das war ein Irrtum gewesen, wie er jetzt feststellen musste.
Der Araber hielt einen geschwungenen arabischen Dolch in der Hand und schnellte wie eine Kobra auf David zu. Die scharfe Klinge erwischte David an der Schulter, schlitzte Jacke und Hemd auf und zog einen tiefen Schnitt über Davids Arm. Der Schmerz war höllisch und David ließ die Pistole fallen, die der Angreifer sofort mit dem Fuß zur Seite kickte. Doch noch ehe der Araber ein zweites Mal zustechen konnte, rammte ihm David das Knie in den Magen und der Mann taumelte stöhnend zurück.
Oben auf dem Dach eines der halb verfallenen Häuser bemerkte David plötzlich, wie sich eine schattenhafte Gestalt gebückt bis zur äußersten Kante vorwärts bewegte und gleich darauf wieder verschwand. Doch David konnte sich nicht darum kümmern, denn mit weit ausholenden Dolchschwüngen schob ihn der Araber immer weiter an der Hauswand entlang, bis plötzlich keine Mauer mehr existierte und David über Geröll und Müll in einen Innenhof stürzte. Sekunden später war der Araber auch schon auf ihn gesprungen und die Klinge seines Dolches funkelte tödlich im fahlen Mondlicht.
Mit aller Kraft versuchte David die Klinge von seinem Hals abzuwenden, doch sein von dem Dolchstoß verletzter Arm schmerzte noch immer und er spürte, wie ihn langsam die Kräfte verließen. Noch einmal bäumte er sich auf, trommelte mit seinen Stiefelabsätzen auf den Rücken des Mannes, doch dieser drückte die Klinge tiefer und tiefer, legte seine ganze Kraft auf den Dolch, dessen Klinge wie eine messerscharfe Guillotine über Davids Hals schwebte und sich unerbittlich senkte, bis nur noch ein hauchdünnes Blatt Papier zwischen Davids Hals und der Klinge Platz gefunden hätte. Es war ein lautloser Kampf auf Leben und Tod, bis plötzlich metallenes Klacken zu hören war, einige Teile des brüchigen Mauerwerks abbröckelten und ein lauter Schuss die Stille zerriss.
10. Marrakesch – Bab-Debbagh-Viertel
Tag 2, abends
Oben auf dem halb verfallenen Haus sah David Stein einen Schatten blitzschnell verschwinden. Natürlich hatte es keinen Sinn, den Schützen zu verfolgen, also machte er sich daran, die Taschen des toten Arabers zu durchsuchen. Aber dessen Taschen waren leer, bis auf eine Schachtel Zigaretten und ein Streichholzbriefchen. Doch es hatte einen Aufdruck, „Café de Berbès“ und das zerkratzte Logo eines Kaffeehauses – das war ein wertvoller Anhaltspunkt. Er riss einen Streifen Stoff aus der Dschellaba des erschossenen Arabers und band sich das Tuch als behelfsmäßigen Verband um seinen Arm. Dann lud er seine beiden Pistolen, aktivierte sein Smartphone und schon wenige Augenblicke später sah er den blonden Haarschopf von Robyn.
„Stein, Sie sind erst kurz in Marrakesch und schon gibt es den ersten Toten!“
„Ich habe den Mann nicht getötet! Ein unbekannter Schütze hat mir das Leben gerettet. Ich habe keine Ahnung, wer es ist und warum er das getan hat. Haben Sie einen Schatten für mich engagiert?“
Als Schatten wurden freiberufliche Leibwächter bezeichnet, die Agenten aus gefährlichen Situationen retteten oder, wie David in diesem Fall dachte, einen Gegner auch ausschalten konnten.
„Stein, das können wir uns in der jetzigen Budgetsituation gar nicht leisten. Nein, natürlich haben wir keinen Schatten für Sie engagiert. Aber ich versuche diesen mysteriösen Schützen ausfindig zu machen. Haben Sie eine Ahnung, mit welcher Waffe geschossen wurde?“, fragte Robyn ohne mit dem Tippen aufzuhören und David fragte sich, ob sie wohl jedes Wort ihres Gesprächs sofort in ihren Tablet-Computer schrieb.
„Dem Geräusch nach zu urteilen, könnte es ein Steyr Mannlicher SSG gewesen sein“, sagte David. „Ich bin mir aber nicht sicher.“
„Oh!“ Robyn wirkte zum ersten Mal überrascht. „Eine Mannlicher? Diese Waffe hatten wird doch bereits bei Ihrem letzten Einsatz. Die bevorzugte Waffe einer Profikillerin!“
Noch ehe Stein eine Frage stellen konnte, relativierte Robyn auch schon wieder ihre Aussage.
„Aber die Wahrscheinlichkeit, dass diese Profikillerin Ihnen hilft, ist eins zu einer Million. Also vergessen wir diese Variante gleich wieder.“
Sie schüttelte den Kopf und der auf dem Display sichtbare blonde Haarschopf wippte hin und her.
„Sie versuchen über das Streichholzbriefchen die Spur
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