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Hüterin der Nacht: Roman (German Edition)

Hüterin der Nacht: Roman (German Edition)

Titel: Hüterin der Nacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keri Arthur
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    I ch stand in der Dunkelheit und beobachtete den toten Mann. Die Nacht war bitterkalt, und es regnete Bindfäden. Das Wasser rann die lange breite Nase des Vampirs hinunter, tropfte von dort auf sein kantiges Kinn und plätscherte weiter über seinen gelben Regenmantel. Die Pfütze, die sich um seine nackten Füße gebildet hatte, reichte bereits bis an seine Knöchel heran, und das Wasser kroch langsam seine behaarten Beine hinauf.
    Wie die meisten frisch Verwandelten war er extrem mager. Doch seine Haut schimmerte rosig, was darauf hindeutete, dass er gut und regelmäßig getrunken hatte, auch wenn seine hellen Augen tief in den Höhlen lagen. Gruselig.
    Eigentlich war das nicht ungewöhnlich. Nur, weil das Vampirdasein in Filmen und Büchern gern romantisch verklärt wurde, glaubten offenbar viel zu viele Menschen, dass man als Vampir blitzartig zu Macht, Sex und Wohlstand kam. Erst wenn sie schon verwandelt waren, stellten sie fest, dass untot zu sein nicht so lustig war wie häufig behauptet wurde; dass Wohlstand, Sex und Ansehen sich zwar einstellen konnten , aber nur, wenn man die entsetzlichen ersten Jahre überstand, in denen ein Vampir nur von seinem Instinkt und seinem Blutdurst beherrscht wurde. Und falls man sie überlebte, lernte man schnell, dass man auch sehr einsam war, dass man nie mehr die wärmenden Strahlen der Sonne und den Geschmack eines guten Essens genießen konnte und von einem Großteil der Bevölkerung gefürchtet oder verstoßen wurde.
    Klar, die Diskriminierung von Vampiren und anderen Nichtmenschen war zwar per Gesetz verboten, aber das erst seit Kurzem. Inzwischen gab es sogar Leute, die für Vampire schwärmten, allerdings nur wenige, und es war eine relativ neue Erscheinung. Der Hass und die Angst vor Vampiren existierten seit Jahrhunderten, und ich war mir sicher, dass es auch Jahrhunderte dauern würde, sie zu überwinden. Falls das überhaupt möglich war.
    Blutige Mordserien, wie sie der Vampir hier vor mir inszenierte, waren dabei nicht gerade eine Hilfe.
    Ganze zwölf Leute waren im Laufe des letzten Monats ermordet worden, und wir waren ziemlich sicher, dass neun von ihnen auf das Konto dieses Vampirs gingen. Zwischen seinen Opfern und drei weiteren Leichen gab es allerdings große Unterschiede, so dass wir davon ausgingen, dass noch ein zweiter Psychopath sein Unwesen trieb. Neun Personen waren der Blutgier eines Vampirs zum Opfer gefallen. Die anderen drei hatte man vom Hals bis zum Knie akribisch mit einem Messer aufgeschlitzt und ihnen sorgfältig die Eingeweide entfernt, wozu frisch Verwandelte im Allgemeinen nicht in der Lage waren. Wenn sich ihnen die Gelegenheit zum Trinken bot, tranken sie. Daran war nichts ordentlich oder sorgfältig.
    Bei diesen drei Leichen handelte es sich um Frauen. Auf ihren Rücken fanden sich kaum verheilte Narben, allen fehlte der kleine Finger der linken Hand, und ihre Lippen waren zu einem seltsamen, fast zufriedenen Lächeln erstarrt. Frauen, die das Opfer eines Blutrausches wurden, starben nicht mit einem solchen Lächeln auf den Lippen, was die Seelen der neun Toten bezeugen könnten, wenn sie noch irgendwo herumschwebten.
    Was ich nicht hoffte. Ich hatte in letzter Zeit mehr als genug Seelen auferstehen sehen. Das sollte nicht zur Gewohnheit werden.
    Mit zwei Psychopathen, die sie zusätzlich zu den üblichen Ermittlungs- und Kontrollaufgaben beschäftigten, war die Abteilung völlig überlastet. Alle mussten Extraschichten schieben. Deshalb jagten Rhoan und ich in einer solchen Nacht kriminelle Blutsauger, nachdem wir bereits den ganzen Tag intensiv nach einer Spur von diesem Schlächter gesucht hatten. Diese charmante Bezeichnung stammte von Jack, unserem Chef, einem Vampir, der die Wächterdivision in der Abteilung für andere Rassen leitete.
    Ich gähnte und lehnte mich mit der Schulter gegen die Betonmauer, von der die Gasse, in der ich mich versteckt hielt, auf der einen Seite begrenzt wurde. Die Mauer gehörte zu einem riesigen Fabrikkomplex, der den Großteil des alten West-Footscray-Gebietes beherrschte, und schützte mich ein bisschen vor dem heftigen Wind, allerdings nicht vor dem verdammten Regen.
    Wenn es dem Vampir irgendwie unangenehm war, in dieser stürmischen Regennacht mitten in einem Schlagloch zu stehen, zeigte er es nicht. Aber die Toten scherten sich selten um so etwas.
    In meinen Adern floss zwar Vampirblut, aber ich war nicht tot, und ich hasste dieses Wetter.
    Der Winter in Melbourne war nie besonders

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