Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarzes Blut: Thriller (German Edition)

Schwarzes Blut: Thriller (German Edition)

Titel: Schwarzes Blut: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Wilde , Roger Smith
Vom Netzwerk:
seiner Schwester erlaubte, sich derart schäbig in der Öffentlichkeit blicken zu lassen.
    Deshalb hatte er sich auch reflexartig (und für einen so massigen Kerl überraschend gelenkig) gebückt, die zerbrochene Bille aufgehoben, sie in seiner riesigen Hand versteckt und war anschließend zu seinem Wagen spaziert. Bei der ersten Gelegenheit hatte er sich die Brille genauer angesehen – im Schein der Fahrzeugbeleuchtung, in sicherer Entfernung vom Tatort. Mit Genugtuung hatte er ein sprödes blondes Haar entdeckt, das sich in der Büroklammer verfangen hatte. Ein DNA-Test würde sicher ein erfreulich eindeutiges Ergebnis liefern.
    Er fuhr auf der Hauptstraße durch die Geisterstadt, die früher der Verwaltungssitz seines County gewesen war. Drum zog ein Handy aus der Brusttasche und drückte mit seinen dicken Fingern darauf herum. Es klingelte so lange, dass es ihn zur Weißglut trieb, und als er endlich die verschlafene Stimme seines Neffen hörte, war er auf hundertachtzig.
    »Ja?«
    »Richie? Onkel Dellbert hier.«
    »Ja, Sir.«
    »Alles klar bei dir?«
    »Ja, Sir.« Er klang, als wäre er auf dem Grund eines Brunnenschachtes.
    »Hast du kürzlich einen Dodge Charger gesehen?«
    »Schwarz?«
    »Wie die Nacht.«
    »Ja, der hat gestern hier getankt.«
    »Um wie viel Uhr?«
    »So gegen Mitternacht.«
    »Die Leute, die drin saßen, sind die ins Diner gegangen?«
    »Ja, Sir. Sind sie.«
    »Hat da die kleine Martindale bedient?« Pause. »Raus mit der Sprache, Freundchen. Sonst komm ich rüber und prügel dir die Scheiße aus dem Leib.«
    »Ja, Sir. Sie hat bedient.«
    »Ist sie mit jemandem nach Hause gefahren?«
    »Nein, Sir. Sie ist zu Fuß gegangen.«
    Drum hörte durch die Leitung, wie ein Auto vorfuhr. »Ist da gerade jemand gekommen?«
    »Chief Deputy Martindale steht draußen, Sir.«
    »Okay, dann kümmer dich um ihn. Erzähl ihm alles, was du mir erzählt hast, aber sag ihm nichts von meinem Anruf, klar?«
    »Ja, Sir.«
    Drum erreichte eine Hügelkuppe. Dahinter leuchteten die Lichter des Milky-Way-Motels auf. In besseren Zeiten hatte das Neonschild einer Sternenkonstellation geähnelt. Jetzt war nur noch ein flackender, verblasster Stern übrig – ein Stern, der ihn nicht nach Bethlehem, sondern in das Reich eines von Gott abgefallenen Priesters führte, der Meth kochte und die verfallenen Überreste der Absteige zu einem Bordell umfunktioniert hatte.
    Die Männer im Dodge waren Ganoven aus der Stadt gewesen, die im Auftrag des Syndikats den Tribut von den Kleinstadtdealern eintreiben wollten. Sie hatten dem Reverend Jimmy Tincup unverhohlen gedroht, und der hatte auf Drums Anraten das Gespräch mit ihnen gesucht, damit ihm genug Zeit blieb, um einen Plan zu schmieden. Jetzt stellten diese Männer kein Problem mehr dar. Er freute sich zwar darauf, Tincup diese frohe Botschaft zu überbringen, doch deshalb war er nicht hier.
    Das Neonschild zitterte und zuckte wie eine Methhure. Drum verließ den Asphalt und rollte über den Sand auf die Ansammlung von Bungalows zu, die langsam von der Wüste vereinnahmt wurden.
    Bis zu dem Blutbad vor fünf Jahren, dem auch Gene Martindales Frau und sein ungeborenes Kind zum Opfer gefallen waren, hatte dort Jimmy Tincups Gemeinde gehaust. Obwohl es selbst zu Blütezeiten keine Festung von Waco-Dimensionen gewesen war, hatte Tincup immer frische Muschis und eine Horde Männer zur Verfügung gehabt, die jung und dumm genug waren, seine Befehle zu befolgen. Doch dann waren Junior Cotton und seine widerliche Schlampe aus der Reihe getanzt, die Gemeinde wurde aufgelöst, und dem Priester blieb nur noch, von den guten alten Zeiten zu träumen.
    Während der Ford auf dem Feldweg dahinrumpelte, dachte Drum an die Typen im Charger. Das Warum war ziemlich offensichtlich: ein paar Knallchargen aus der großen Stadt, die dachten, dass sie den Hinterwäldlern ans Bein pissen könnten. Das Wie machte Drum zu schaffen. Wie hatten sie von Tincup und seinem Geschäft hier am Arsch der Welt erfahren?
    Irgendwann glaubte Drum, die Antwort darauf gefunden zu haben. Oder, anders ausgedrückt: Er hatte eine Vermutung, die ihm sehr plausibel vorkam. Und da er ja nicht vor Gericht stand, musste er sich auch nicht die Mühe machen und Beweise heranschaffen.
    Er hielt vor einem Bungalow, der noch nicht ganz so verfallen wie die anderen und tatsächlich bewohnt war. Da es hier draußen keinen Strom gab, zauberte eine flackernde Kerze ein Schattenspiel auf den Vorhang vor dem Fenster. Drum ließ seinen

Weitere Kostenlose Bücher