Schwarzes Gold und rote Locken
in die rechte Hand, so wie sie es schon als Kinder getan hatten.
„Auf die Verteidiger der Jungfrauen", sagte Cade feierlich.
„Auf die Jungfrauen", wiederholten die Brüder und trennten sich.
Cade ging in die Bibliothek. Nachdem er mit London telefoniert und den Termin verschoben hatte, machte er es sich in einem Ledersessel bequem und studierte sorgfältig den Bericht über Gordon Oil. Als er damit fertig war, atmete er erleichtert auf.
Ohne auch nur einen Fuß in den Betrieb gesetzt zu haben, wusste er schon jetzt, wo das Problem lag.
Falsches Management. Der Chef trieb das Unternehmen geradewegs in den Ruin.
Hank Gordon, der Firmengründer, war vor wenigen Monaten gestorben. Seither führte seine Tochter den Laden. Sie hieß A. H..
Eine Frau leitete eine Ölgesellschaft! Cade erschauerte bei dem bloßen Gedanken daran. Und als wäre das nicht genug, benutzte sie auch noch Initialen statt eines Vornamens.
Aus dem groben Überblick, den Bayliss geliefert hatte, ging hervor, dass A. H.
Gordon die letzten fünfzehn Jahre ihres Lebens in New England verbracht hatte. Sie war dort Lehrerin an irgendeiner schicken Privatschule für Mädchen gewesen.
Cade konnte sich A. H. Gordon lebhaft vorstellen: eine alte Jungfer in den Vierzigern, die praktische Tweedkostüme und flache Absätze trug, eine Hornbrille auf der Nase hatte und in näselndem Pensionatston einer Horde wilder Kerle Anweisungen erteilte, die vermutlich darüber rätselten, ob A. H. männlich oder weiblich oder irgend etwas anderes war.
Cade blätterte erneut in dem Dossier. Je länger er las, desto deprimierter wurde er. A.
H. hatte nicht nur im Osten gelebt und unterrichtet, sondern dort auch auf einem reinen Mädchencollege ihr Examen abgelegt. Ein Mädchencollege an der Ostküste war genau der richtige Ort, um den Umgang mit einer texanischen Ölcrew zu lernen.
Als Cade jedoch feststellte, was sie studiert hatte, lachte er laut auf. A. H. Gordon besaß nicht nur einen, sondern sogar zwei Abschlüsse - einen in Betriebswirtschaft und einen in Psychologie. Beides war im Ölgeschäft so nützlich wie Schleifchen auf einem Bullen.
Betriebswirtschaft war an sich nicht schlecht, Cade hatte selbst während seines Geologiestudiums ein paar Kurse in diesem Fach belegt. Mit Schaudern erinnerte er sich an die ernsten, wichtigtuerischen Professoren, die trockene Zahlen und Statistiken heruntergeleiert hatten, um zu beweisen, dass man am meisten aus seinen Leuten herausholte, wenn man ihnen das Gefühl vermittelte, Teil eines Ganzen zu sein.
Das mochte in einer Autofabrik oder in einem Kaufhaus klappen, aber auf einem Ölfeld brachten die Arbeiter nur Leistung, wenn man ihnen zeigte, dass man einer der ihren war, wenn man schwitzte und genau wie sie mit dem schweren Gerät kämpfte.
Das hatte A. H. Gordon nicht getan.
Und was die Psychologie betraf ... Cade hatte ebenfalls an diesen Vorlesungen teilgenommen - nicht freiwillig, Gott bewahre! -, weil er diese Scheine für sein Examen brauchte. Wenn A. H. Gordon wirklich an diesen Unfug glaubte, und wie es aussah, tat sie das, machte sie sich vermutlich Sorgen um eventuelle Kindheitstraumas und das Selbstwertgefühl der Männer.
Diese Taktik mochte bei Kindern nützlich sein, hatte man es jedoch mit einer Meute hartgesottener Kerle zu tun, war sie zum Scheitern verurteilt.
Seufzend lehnte Cade sich in seinem Sessel zurück und streckte die Beine aus. A. H., überlegte er. A. H.. Stand A für Anne? Alice? Agnes? Er schmunzelte. 0 ja, dachte er, Agnes. Ohne jeden Zweifel. Und was bedeutete das H? Helen? Nein, wohl kaum.
Harriet? Hannah? Henrietta? Ja, das war es! Hank Gordons Tochter war bestimmt nach ihrem Vater benannt worden.
Agnes Henrietta Gordon, so lautete der volle Name der Frau. Cade spürte es förmlich in seinen Knochen.
Mit Sicherheit brauchte er keine zwei Tage, um in Dallas alles auf die Reihe zu bringen. Er musste nur A. H. Gordon ihres Postens entheben und jemand auf ihren Platz setzen, der mit dem Job fertig wurde.
Natürlich würde er taktvoll vorgehen, sofern dies möglich war. Falls nicht ...
Cade griff nach dem Telefon und wählte die Nummer des Flughafens. Wenig später war er für die nächste Maschine nach Dallas gebucht. Dann ging er nach oben, um zu packen.
Sonderbarerweise verspürte er so etwas wie Mitleid mit A. H. Gordon.
Die Leitung von Gordon Oil musste ihr nach dem Tod des Vaters zugefallen sein.
Gewiss war sie inzwischen der Panik nahe, so ganz allein in einer
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