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Schwarzes Prisma

Schwarzes Prisma

Titel: Schwarzes Prisma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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dünnes Eisengestell eingelassen waren. Er setzte sie auf. Liv trat dicht vor ihn hin und maß ab, wo die Bügel der Brille über seine Ohren liefen. Kip konnte sie riechen. Irgendwie roch sie nach einem Tag, an dem sie über die ganze Azurblaue See gefahren waren, gegen Piraten gekämpft hatten und dann in der Sonne gebraten worden waren, immer noch wunderbar. Natürlich war Kip nicht sehr oft einer Frau so nahe gewesen – abgesehen von seiner Mutter, die im Allgemeinen in den Nächten, in denen er Pech gehabt hatte und sie nach Hause tragen musste, nach Schweiß und Erbrochenem gerochen hatte. Isa hatte ebenfalls gut gerochen, aber anders als Liv.
    Liv nahm ihm die Brille ab und bog die Bügel vorsichtig so, dass sie hinter seine Ohren passten.
    »Hmm«, machte sie. »Dein rechtes Ohr ist höher als das linke.«
    »Meine Ohren sind schief?«, fragte Kip. Als hätte ich nicht ohnehin schon genug Grund zur Verlegenheit.
    »Keine Sorge, meine sind ebenfalls schief! Wirklich, die meisten Menschen haben leicht schiefe Ohren.« Sie hielt inne. »Sie sind nur nicht so schief.« Sie schüttelte ungläubig den Kopf.
    »Ich habe anormale Ohren?«
    Liv grinste boshaft. »Kapiert.«
    »Bei Orholams Ei … ähm, Bart.« Kip runzelte die Stirn. Jedes Mal. Jedes verdammte Mal.
    Sie lächelte selbstzufrieden, bog ein letztes Mal das Nasenstück und setzte ihm die Brille dann auf. »So. Du wirst vielleicht ein wenig damit herumspielen müssen, damit die Brille bequemer sitzt, aber sie ist ohnehin nicht dazu bestimmt, den ganzen Tag auf deiner Nase zu sein.«
    Er schaute sich um und war nicht schrecklich überrascht zu sehen, dass durch das grüne Glas fast alles einen grünlichen Ton hatte.
    »Was du siehst, ist weißes Licht von der Sonne, das von Oberflächen reflektiert und dann durch deine Gläser gefiltert wird. Wenn du also von weißen Marmorwänden oder so etwas umgeben bist, wirst du in der Lage sein, beinahe so viel zu wandeln, als befändest du dich in einem Wald. Die Linsen sind nicht so gut wie das Wandeln von natürlichen Grüntönen, aber es ist besser als nichts. Du kannst jedoch nicht einfach auf alles blicken. Schau dich um. Du bemerkst, dass einige Dinge wirklich grün aussehen und andere nicht? Wenn du dir zum Beispiel dieses Tuch ansiehst, welche Farbe scheint es zu haben?« Sie zog ein weiteres Tuch aus ihrer Tasche.
    »Äh, sehr dunkelgrau mit einem Hauch von Rot.« Kip glaubte, Gavins Stimme aus dem Stockwerk über ihnen hören zu können; sie wurde lauter, wütend.
    »Es ist rot.«
    Nachdem er seine Aufmerksamkeit wieder auf Liv konzentriert hatte, schaute Kip über seine Gläser hinweg, und das Grau machte einem leuchtenden Rot Platz. »Also, wie funktioniert das?«, fragte er.
    »Die Brille lässt nur einen sehr geringen Bruchteil des roten Lichts durch, das dieses Tuch reflektiert. Deshalb sieht es fast schwarz aus. Sie hilft also nur, wenn du grünes oder weißes Licht hast – im Weiß ist Grün enthalten – oder zumindest weiße oder grüne, beleuchtete Flächen. Allerdings kann auch in andersfarbigem Licht Grün enthalten sein. Das wirkt dann durch deine Brille heller als jedes Licht ohne Grünanteil.«
    »Jetzt komme ich nicht mehr mit.«
    »Also, nun willst du die Farbtheorie?« Sie grinste scherzhaft. »Für deine Zwecke genügt Folgendes: Wenn du wandeln musst, wird die Brille dir am besten helfen, wenn du Dinge finden kannst, die entweder weiß oder von einer hellen Farbe sind. Reifer Weizen würde funktionieren, eine Rottanne nicht«, erklärte Liv.
    »Ich denke, das kann ich mir merken«, sagte Kip. Die ganze Dinge-haben-nicht-die-Farbe-die-sie-haben-Sache ergab nicht wirklich einen Sinn, aber er vermutete, dass er sich damit später noch abmühen konnte.
    »Gut, damit wäre die Quelle also abgedeckt. Für den Augenblick.«
    Du meinst, wir müssen immer noch über Können, Willen und Ruhe reden?
    Liv fuhr fort: »Ich will das Thema nicht zu Tode reiten, und es tut mir leid, dass du die Zeremonie nicht bekommst, denn vielleicht hilft sie, diese Dinge zu verinnerlichen. Diese Brille ist jetzt dein wichtigster Besitz. Die meisten Wandler müssen monatelang oder sogar ein ganzes Jahr sparen, um sich eine einzige Brille leisten zu können, und anschließend sparen alle sofort für eine Ersatzbrille. Wenn du reich wirst oder wenn das Prisma es befiehlt, nehme ich an, kannst du eine bekommen, die eigens für dich angepasst ist. Sie können dir ein dunkleres oder ein helleres Grün geben oder den

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