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Schwarzes Prisma

Schwarzes Prisma

Titel: Schwarzes Prisma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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töricht vor. Er wusste nicht, wie man sich verbeugte. Wo er aufgewachsen war, verbeugte sich niemand.
    »Eisenfaust?«, fragte Gavin.
    Eisenfaust zog eine Augenbraue hoch – oh, jetzt wollt Ihr, dass ich mit Euch gehe?
    »Dies ist die beste Chance, die Ihr bekommen werdet, um zuzusehen, wie ein selbstherrlicher ruthgarischer Gouverneur aus seinen Gemächern hinausgeworfen wird. Es könnte vielleicht sogar jemand sein, den Ihr kennt.«
    Eisenfausts Mundwinkel zuckten. »Es sind die simplen Freuden, die das Leben schön machen, nicht wahr?«

58
    Die Tür schloss sich hinter ihnen, und plötzlich waren Kip und Liv allein, abseits der wichtigen Personen und der Staatsangelegenheiten. Wieder Kinder.
    Liv sah Kip lange an.
    »Was?«, fragte Kip.
    »Manchmal ist es wirklich seltsam für mich, dass du bist, wer du bist. Vor einer Woche wäre ich beim bloßen Anblick von Hauptmann Eisenfaust errötet. Jetzt sitze ich in den vornehmsten Räumen im Travertin-Palast – und sie gehören mir?«
    »Ich habe den Versuch aufgegeben, das alles zu verstehen«, entgegnete Kip. »Ich glaube, wenn ich zu viel nachdenke …« Werde ich zu einem plappernden Baby werden. »Dann zerbricht alles.«
    Im Nu veränderte sich Livs Gesichtsausdruck. Ihre Augen wurden weich, und jeder ihrer Züge spiegelte Mitgefühl wider. »Du warst da. Im Dorf. Als es geschah.«
    »Bei der Grünen Brücke mit Isa und Sanson. Und Ram natürlich.« Er verspürte noch immer den Wunsch, beim bloßen Gedanken an Ram höhnisch zu grinsen, aber das erschien ihm jetzt grausam und kleinlich. »Ram und Isa wurden getötet. Sanson und ich konnten fliehen. Aber am Ende haben sie auch ihn getötet.« Kips Stimme klang selbst in seinen eigenen Ohren hölzern und distanziert. Er konnte Liv nicht einmal ansehen. Wenn er ihr Mitgefühl sah, würde er zusammenbrechen. Er wirkte auch so schon schwach und töricht und jung und fett in ihren Augen, ein Junge, mit dem man Mitleid haben musste. Er brauchte es nicht noch schlimmer zu machen, indem er zu weinen begann. »Meine Mutter ist aus der Stadt gekommen, aber ihr Schädel war zerschmettert. Ich war bei ihr, als sie …«
    »Oh, Kip, es tut mir so leid.«
    Er kämpfte dagegen an. »Wie dem auch sei, ich hoffe wirklich, dass dein Vater es geschafft hat. Er war immer gut zu mir. Tatsächlich wäre ich tot, wenn er mich nicht genau zur richtigen Zeit dazu gebracht hätte zu gehen.«
    Liv schwieg für eine Weile. Kip konnte nicht entscheiden, ob es ein verlegenes Schweigen war oder nicht. »Kip«, sagte sie schließlich, »ich habe versucht, meinen ganzen Mut zusammenzunehmen, um … Die Dinge können jetzt wirklich kompliziert sein. Wenn man bedenkt, wer dein Vater ist und wie die Dinge in der Chromeria gehandhabt werden … Manchmal entwickeln Dinge sich nicht wirklich so, wie wir es wollen, und wir …«
    »Soll ich irgendeine Ahnung haben, wovon du redest?«, fragte Kip. »Denn …«
    Sie öffnete den Mund und zögerte einen Moment. »Eigentlich bin ich einfach froh darüber, dass du fliehen konntest, Kip.«
    »Danke«, erwiderte er. Danke, dass du mir nicht genug vertraust, um zu sagen, was immer du gerade sagen wolltest. »Sollen wir anfangen?«
    Sie lächelte hohl, als wolle sie mehr sagen, wisse aber nicht, wie. »Klar. Komm mit raus auf den Balkon.«
    Sie gingen auf den Balkon, der buchstäblich über dem Meer hing. Von oben konnten sie die gedämpften Stimmen von Männern hören, die sich auf dem Dach des Travertin-Palastes unterhielten. Kip blickte aufs Meer hinaus und versuchte, sich in eine Gemütsverfassung zu bringen, in der er sich konzentrieren konnte. Dann fragte er: »Was soll ich tun?«
    »Um zu wandeln, brauchst du viererlei«, erklärte Liv. »Können, Willenskraft …«
    »Quelle und Ruhe«, vollendete Kip ihren Satz. »Ähm, tut mir leid, ich habe bereits das eine oder andere aufgeschnappt.«
    »Schön. Also, zu jedem einzelnen Punkt gibt es einiges zu sagen; wir lassen das erst einmal so stehen und fangen mit einem davon an. Mit der Quelle.«
    Kip dachte, dass er bereits vieles von dem aufgeschnappt hatte, was sie sagen würde, aber man unterbricht ein schönes Mädchen nicht, es sei denn, es läge einem eine wirklich witzige Bemerkung auf der Zunge. Liv stöberte in ihrem Rucksack und nahm ein zusammengerolltes grünes Tuch und dann ein weißes heraus.
    »Wir halten uns mit der Farbtheorie zurück, so gut wir können«, sagte sie. »Wir wissen, dass du Grün gewandelt hast. Also kann deine Quelle

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