Schwarzes Verlangen
Leben war sie frei.
Pure Freude durchströmte sie, und mit der Freude kam eine unstillbare Sehnsucht, wahrhaftig zu leben. All die Dinge zu tun, die sie nie für möglich gehalten hatte. Sich zu verlieben, zu heiraten und – Augenblick. Sie war bereits verheiratet. Vielleicht. Darüber würde sie noch mit Kane reden müssen. Vermutlich hatte er sein Gelübde nicht ernst gemeint. Wenn er überhaupt eins ausgesprochen hatte. Sie hätte sich ohrfeigen können, dass sie nicht besser aufgepasst hatte. Nach allem, was sie wusste, hätte sie genauso gut geloben können, auf ewig seine Sklavin zu sein.
Egal. Es spielte keine Rolle. Mit diesem ersten Vorgeschmack auf die Freiheit hatte sich ihre gesamte Welt verändert. Schon vorher hatte sie beschlossen, dass sie sich die Misshandlungen nicht länger gefallen lassen würde, die man ihr ständig antat. Doch jetzt hatte sie es satt, sich ständig von ihrer Angst blockieren zu lassen. Die Zukunft gehörte ihr, und sie würde sie mit beiden Händen ergreifen und so fest halten, wie sie nur konnte.
Kane warf ihr einen Blick zu und sah gleich noch einmal hin. Abrupt blieb er stehen, und seine Augen weiteten sich.
„Was?“, fragte sie und wäre beinahe in ihn hineingelaufen.
„Du lächelst.“ In seiner Stimme lag ein ehrfürchtiger Unterton, wie sie ihn noch nie bei ihm gehört hatte.
„Tatsächlich?“ Sie hob die Hand und betastete ihren Mund, und ja, sie lächelte wirklich.
Zum ersten Mal an diesem Tag wurde seine Miene weich. „Du bist glücklich, und es steht dir gut.“ Doch in der nächsten Sekunde errötete er und wandte sich ab. „Komm. Ich hab seit Tagen nicht geschlafen, und ich stehe kurz vor einem Zusammenbruch. Wir brauchen einen Unterschlupf.“
25. KAPITEL
New York
Ehefrau.
Die ganze Nacht über hallte das Wort in Kanes Gedanken wider. Er spielte mit dem Ring, den William ihm gegeben hatte, einem schlichten Goldring, der sich hätte kühl anfühlen sollen, es aber nicht tat; das Metall brannte auf seiner Haut, und er war sich nicht sicher, wieso.
Ehefrau .
Er hatte eine Ehefrau. Eine Frau, die für immer mit ihm verbunden war. Sie gehörte ihm, und er gehörte ihr. Nicht nur auf instinktiver Ebene, sondern auch inrechtlicher Hinsicht. Irgendetwas löste dieses Wissen in ihm aus. Etwas Mächtiges. Bisher hatte er bloß an der Oberfläche seines Besitzerinstinkts gekratzt. Jetzt erfüllte ihn die Empfindung bis in die letzte Faser seines Körpers. Tink. Gehörte. Ihm.
Verlangen und Begierde verschmolzen in seinem Inneren zu einem gleißenden Feuer. Er brannte. Er litt. Er verzehrte sich nach ihr.
Endlich würde er sie besitzen.
Seine Hand zitterte, als er den Arm hob, um ihr eine Haarsträhne von der Wange zu streichen. Flatternd hoben sich ihre langen, dichten Wimpern, und im nächsten Moment blickte er in ihre wunderschönen blauen Augen.
Nachdem er das Zimmer angemietet hatte, war er ins Bett gestiegen und hatte sie dicht an seinen Körper gezogen, von Kopf bis Fuß. Sie hatte nicht protestiert. Die Lichter hatte er angelassen, und jetzt ergoss sich ihr goldener Schein über sie. Zusammengerollt lag sie auf der Seite, ihm zugewandt. Dunkel ergoss sich ihr seidiges Haar über das Kissen.
Er hätte sie Lucien übergeben sollen, wie sie es geplant hatten. Der Krieger hätte sie ins Reich der Blutigen Schatten gebracht, und Kane hätte sich darangemacht, einen Weg zu finden, den Dämon umzubringen. Doch mit der Ankunft der Phönix hatte sich alles verändert. Er hatte Tink in Sichtweite haben wollen – müssen –, um sie eigenhändig vor den Flammen zu beschützen.
Obwohl sie ihn nicht hatte heiraten wollen.
Doch jetzt war es geschehen, und es gab nichts, was sie dagegen unternehmen konnte.
„Ich bin dein Ehemann“, erklärte er, fast schon wütend. Er zog seine Hand nicht weg.
„Vielleicht“, wisperte sie.
„Wie, vielleicht?“
Mit der Fingerspitze fuhr sie sich über die Lippen, als erinnerte sie sich an etwas – oder verzehrte sich danach. „Na ja, ich kann mich nicht so wirklich daran erinnern, was für Gelübde da ausgetauscht wurden.“
„Du hast zugestimmt, meine Frau zu werden, und ich habe zugestimmt, dein Mann zu werden. Das reicht. Es ist vollbracht. Jetzt ist es nicht mehr zu ändern.“
„Wir könnten doch, ich weiß nicht … eine Annullierung erwirken. Wir waren beide lange genug Gefangene, Kane, und ich werde nicht dein nächster Käfig sein.“
„Du bist kein Käfig. Du bist mein Ein und Alles.“ Mit
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