Schwarzes Verlangen
zu glauben wäre reine Zeitverschwendung gewesen. Himmelsgesandte konnten nicht lügen. Frustriert rieb Kane sich mit der Hand übers Gesicht. „Erklär’s mir.“
„Stell dir eine Schale vor, die mit Öl gefüllt ist. Kippst du die Schale um, fließt das Öl heraus. Bald bleibt nichts als Leere zurück.“
Und Kanes Körper war die Schale.
„Niemand kann mit einer solchen inneren Leere überleben.“ Malcolm hielt inne. „Verrate mir eins. Hasst du deine Frau?“
Damit war der Moment der Verbundenheit dahin. Kane wurde tödlich still, machte sich bereit zum Angriff. „Pass bloß auf, Krieger. Ich mach dich kalt, und das ohne mit der Wimper zu zucken.“
„Das werte ich mal als Nein, du hasst sie nicht. Warum hast du dann eine andere Frau geküsst, um den Dämon zu besänftigen? Das war nicht notwendig.“
Kane zückte einen Dolch. Wie konnte dieses kleine Stück … Dann sickerten die Worte das war nicht notwendig zu ihm durch, und er erstarrte. „Wie meinst du das, nicht notwendig?“
„Ihr Herren der Unterwelt“, meinte Malcolm kopfschüttelnd. „Ihr schlagt euch schon so lange mit dem Bösen herum, dass ihr es einfach akzeptiert. Ihr habt aufgehört, dagegen anzukämpfen.“
„Ich kämpfe jeden Tag dagegen an.“
„Tust du das?“
Scharf holte er Luft. „Du bewegst dich auf verdammt dünnem Eis, mein Freund.“
Unbeeindruckt blickte Malcolm auf den Ring hinab. „Was du nährst, wird stärker. Was du aushungerst, stirbt irgendwann.“
O-kay. „Da komme ich nicht mit.“
„Bist du immer so begriffsstutzig?“
„Bist du immer so unverschämt?“
„Ja.“
Gesandte und ihre Ehrlichkeit, echt jetzt. „Ich füttere den Dämon, um ihn zu besänftigen. Sonst macht er Randale und bringt meine Frau in Gefahr.“
„Nein, deine Frau ist in Gefahr, weil du ihn fütterst.“
„Ich kapier immer noch nicht, was du mir sagen willst. Erklär’s mir bitte.“ Er würde alles dafür tun, diesen Tag zu überstehen und Tink noch an seiner Seite zu haben. „Wenn ich den Dämon aushungere, kriegt er einen Tobsuchtsanfall.“
Malcolm lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. „Na und? Wenn du deinem Körper Nahrung verweigerst, beginnt dein Magen zu schmerzen und laut zu rumoren, um seinen Unmut kundzutun. Beim Dämon ist es genau das Gleiche. Wenn er hungrig wird, macht er sich bemerkbar. Verwehr ihm die Befriedigung, und schon bald wird ihm die Kraft für seine Tobsuchtsanfälle fehlen.“
Füttern und aushungern. Leben und Tod. „So kann ich den Dämon umbringen“, stellte Kane fest, als ihm endlich ein Licht aufging. „Ich kann ihn zu Tode hungern lassen.“
„Ganz genau.“
„Und dabei nehme ich eine innere Leere in Kauf.“
Der Gesandte zuckte mit den Schultern. „Ja, auch das.“
Womit auch Kane sterben würde.
Die Erkenntnis traf ihn hart. Um dauerhaft für Tinks Sicherheit zu sorgen, würde er sterben müssen. Und wenn er starb, würde er nie seine Rache an Katastrophe bekommen. Wie denn auch? Ihnen würde ein und dasselbe Schicksal widerfahren.
Für ihn würde es kein „Glücklich bis ans Ende ihrer Tage“ geben.
Er wollte sich dagegen auflehnen. Dagegen kämpfen . Es musste doch eine andere Möglichkeit geben. Einen Weg, der es ihm erlauben würde, eine Ewigkeit an der Seite seiner Frau zu verbringen, Katastrophe zugrunde gehen zu sehen und als Letzter zu lachen. Doch in diesem Moment, unter dem Blick des Gesandten, in dem ein fast unmerklicher Hauch Mitleid schwebte, wusste er, dass das unmöglich war. Und letzten Endes würde er lieber sterben und wissen, dass Tink in Sicherheit war, als zu leben und sie ununterbrochen der Gefahr auszusetzen.
Sie war ihm wichtiger als … alles andere. Selbst seine Vergeltung.
Mit rasendem Herzen erklärte Kane: „Ich muss gehen.“ Doch nach ein paar Metern hielt er inne. „Mit eurem Dämonenproblem kann ich euch nicht helfen, aber ich weiß, dass ein Freund von euch verschwunden ist“, sagte er und dachte an das, was er von Taliyah über den Himmelsgesandten Thane gehört hatte. Malcolm versteifte sich. „Ich habe gehört, dass er in einem Lager der Phönixe aufgetaucht ist. In dem mit dem neuen König. Ich glaube, die halten ihn gefangen.“
In Malcolms Augen flackerte Hoffnung auf.
Kane setzte sich wieder in Bewegung. Er würde das durchziehen. Erst würde er den Dämon aushungern und damit umbringen, und dann würde er selbst sterben. Er war sich nicht sicher, wie lange es dauern würde. Am besten
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