- Schwarzspeicher - Du kannst dich nicht verstecken
verändert. Da ist keine Unsicherheit mehr in seinen Worten, keine Furcht, nur noch Entschlossenheit, die schon an Besessenheit grenzt.
»Wahrscheinlich nimmt das hier kein gutes Ende, aber ich tue das nicht für mich. Ich hoffe, dass möglichst viele Menschen zuschauen. Die ganze Welt soll hören, was er zu sagen hat. Also, Joseph«, wieder richtet er die Waffe auf den Minister, »erzähl doch mal, was am 16. Oktober passiert ist. Wer ist Ephraim?«
»Sie verlangen Unmögliches.«
Littek starrte Grundke hasserfüllt an. »Ich verlange nur, dass Sie Ihren Job erledigen. Und das werden … Aah! Wollen Sie mich umbringen?«
Die Notärztin verzog keine Miene, während sie den Druckverband um Litteks Schulter festzog. »Sie müssen dringend ins Krankenhaus. Die Kugel hat die Schlagader verfehlt, aber ohne CT kann ich nicht sagen, ob Knochen oder Sehnen in Mitleidenschaft …«
»Sind Sie irre? Wir stecken mitten in einer Staatskrise, falls Ihnen das entgangen ist!«
»Sie haben eine Schusswunde und viel Blut verloren«, erwiderte sie ungerührt. »Sie müssen dringend behandelt werden. Wollen Sie Ihre Gesundheit aufs Spiel setzen?«
»Ich sage Ihnen mal was!«, fuhr Littek sie an. »Vor drei Jahren hat ein Mann seine Gesundheit aufs Spiel gesetzt, als er mit bloßen Händen in den Funkturmtrümmern nach Überlebenden grub. Dieser Mann befindet sich in der Gewalt eines zu allem fähigen Terroristen. Es ist meine Pflicht, ihm beizustehen, also geben Sie mir etwas gegen die Schmerzen und dann hau en Sie ab!«
»Wie Sie wollen.« Die Stimme der Ärztin war jetzt bar jeden Mitgefühls. Sie verabreichte Littek eine Injektion, stand auf und wandte sich zum Gehen. »Wenn er zusammenbricht, sorgen Sie dafür, dass er so schnell wie möglich ins Krankenhaus kommt«, sagte sie in Stephans Richtung. Dann ging sie aus der Leichenkammer und verschwand zwischen den Bewaffneten draußen im Korridor. Stephans nahm ihr die Flucht nicht übel, wenngleich er gehofft hatte, dass sie Littek mitnehmen würde.
Der Staatssekretär ließ sich von Grundke auf die Beine helfen. Seine Leichenblässe passte gut zu der sterilen Atmosphäre dieses Ortes. Er verzog das Gesicht vor Schmerz, aber als Stephans ihn stützen wollte, fauchte Littek ihn an: »Ich komme zurecht! Erstatten Sie lieber Bericht.«
»Es gibt nichts, was Sie nicht schon wissen, und selbst das ist nicht viel«, entgegnete Stephans kurz angebunden. »Drinnen gibt es keine Kameras und keine Mikrofone. Anrufe nimmt er nicht entgegen. Wir haben keine Ahnung, was hinter dieser Tür geschieht.«
»Und warum stehen Sie dann untätig herum?«, verlangte Littek zu erfahren. »Grundke, öffnen Sie die Tür!«
Der General fuhr sich durch das Stoppelfeld auf seinem Kopf. »Mit Verlaub, Herr Staatssekretär, diese Tür wurde einzig zu dem Zweck gebaut, ein Eindringen von dieser Seite zu verhindern. Ich kann sie nicht einfach öffnen.«
»Dann lassen Sie sich etwas einfallen! Jede Sekunde, die Sie vertrödeln, könnte Westphals letzte sein.«
»Ich glaube nicht, dass sein Leben in Gefahr ist«, warf Stephans ein.
»Ach, nein? Und das hier war nur ein Versehen?« Littek zeigte auf seine bandagierte Schulter.
»Meph ist kein Mörder«, beharrte der Kommissar. »Solange wir Ruhe bewahren, können wir die Sache immer noch friedlich beenden.«
»Sie scheinen sich ja sehr sicher zu sein. Sagten Sie nicht, Sie wüssten nicht, was da drinnen vorgeht?«
»Das lässt sich ändern. Sehen Sie doch.«
Alle Anwesenden, selbst Grundkes Soldaten, drehten sich zu Rebekka um. Als Litteks Blick auf sie fiel, runzelte er die Stirn, aber Stephans achtete nicht darauf. Seine Aufmerksamkeit wurde von seinem Pad gefesselt, das er Rebekka vorhin gegeben hatte, vielmehr von dem Bild, das über dem Projektor flimmerte.
»Wer ist das?«, bellte Littek.
»Das sind Westphal und Effenberger«, antwortete Stephans. Er hatte den Eindruck, dass Littek noch blasser wurde. »Meph filmt alles und stellt es als Livestream ins Netz. Was sagt er?« Diese Frage galt Rebekka.
»Er will Westphal zwingen, die Wahrheit zu sagen«, erwiderte sie, »was immer das bedeutet.«
»Trennen Sie die Verbindung«, befahl Littek.
»Das wäre ein großer Fehler«, widersprach Stephans. »Der Livestream ist unser einziges Fenster nach nebenan. Wenn wir es schließen, sind wir blind und taub.«
»Wollen Sie, dass das ganze Internet zusieht, wie er Westphal umbringt?«
»Er wird ihn nicht umbringen! Bitte, Herr Littek, lassen Sie
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