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Schwarzwaldau

Schwarzwaldau

Titel: Schwarzwaldau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl von Holtei
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verhängnißvolle Stunde schlug. Wie sie mit Gustav Glückwünsche tauschte, flüsterte er ihr irgend eine kecke Anspielung auf ihre kalte Sprödigkeit zu. Agnes gab sich nicht die Mühe, darüber beleidigt zu scheinen; sie zog vor, nicht gehört zu haben, was der Punsch aus ihm sprach. Caroline dagegen legte in ihren Neujahrsgruß eine so unzweideutige Aufforderung: »sich zu erklären,« daß der Sinn derselben dem Angeredeten unmöglich entgehen konnte, und daß Emil stutzig wurde.
    Bald nachher trennte man sich. Emil begleitete Gustav nach dessen Zimmer. Gustav stürzte sich zuförderst auf seine Cigarren-Kiste, um sich eiligst für die langerduldete Entbehrung zu entschädigen; was Emil, als erklärter Feind des Tabaks, mit nicht geringerem Unwillen sah, wie Agnes die oft geleerten Gläser. »Ich möchte mir zwei zugleich anbrennen,« rief der Qualmende; »es ist eine Tortur bis nach Mitternacht sich zu sehnen und zu schmachten, ehe man dieß Labsal aller Labsäle zwischen die Zähne klemmen darf. Ich fasse nicht, wie Du zu rauchen verschmähen magst? Du entziehst Dir den einzigen reellen Lebensgenuß.«
    »Rede nicht so thöricht,« erwiderte Emil. »Wer Dich so sprechen hört, müßte wähnen, dieser Unsinn sei Dir Ernst.«
    »Etwa nicht?«
    »Setze Dich doch nicht selbst absichtlich herab, Gustav! Kann Derjenige solche entwürdigende Aeußerung thun, dem vor einer Stunde die geistvollsten Scherze, die genialsten Blitze zu Gebote standen?«
    »Du bist allzugütig; hat es wirklich geblitzt, so war es der Punsch, den Euer alter Tafeldecker mit Feuer getränkt; ich bin unschuldig: Genialität ist mein Fehler nicht, wie Dir längst bewußt. Aber daß ich Mancherlei durcheinander geschwatzt, hat seinen guten Grund. Wenn ich vollkommen nüchtern und in meiner herkömmlichen ›Pomade‹ bin, wag' ich selten, mich in Eure Gespräche zu mischen; aus Furcht, ich könnte mich vor Dir, oder vor Agnes – (Caroline scheint mir schon minder gefährlich,) – wer weiß wodurch und wie sehr blamiren; denn Ihr Beide seid höllisch gelehrt und gebt es mitunter etwas hoch. Heute hat mir der Punsch Courage gemacht und ich bin darauf gegangen wie Blücher.«
    »War es wirklich nur der flüchtige Rausch,« fragte Emil forschend, »den Dir übrigens Niemand abmerkte, weil Du Dich in den strengsten Grenzen anmuthiger Lebendigkeit hieltest? oder wirkte nicht auch der Wunsch: zu gefallen mit, welcher heute zum Erstenmale sich Deiner, unseren Damen gegenüber, bemächtigte und Deine Eitelkeit erweckte?«
    »Eins mit dem Andern, ich will's nicht leugnen; als ich bemerkte, wie Deine Frau über mich erstaunte, empfand ich den Antrieb, dieß Erstaunen zu steigern, so weit mein Vorrath reichte. Ich wollte zeigen, daß man in Mathematik und Geometrie durch's Examen fallen kann, und darum doch kein Schafskopf zu sein braucht. Du meinst, dieß sei mir gelungen?«
    »Höchst glorreich. Und zu meiner eigenen Satisfaction. Die beiden Freundinnen werden meine Freundschaft für Dich im künftigen Jahre nicht mehr spöttisch belächeln, wie sie im vergangenen gethan. Caroline besonders . . .«
    »Weil Du diese wieder nennst . . . Ja, sie hat mir's unumwunden zu verstehen gegeben, daß sie nicht abgeneigt wäre . . . was meinst Du, Emil, soll ich mein Glück bei ihrem Alten versuchen? Denn bei ihr bedarf es weiter keines Versuches mehr? Wenn Papa Reichenborn Fünfzigtausend Thaler herausrückt, läßt sich Thalwiese behaupten und meine Eltern sind aus aller Noth.«
    »Fühlst Du Liebe für sie?«
    »Nein. Sie gefällt mir nicht einmal, obgleich sie gar nicht häßlich ist. Aber darauf kommt es nicht an, wenn der Mensch ›eine Partie machen‹ will.«
    »Wenn ich jenen Papa Reichenborn aus seiner Tochter Schilderungen zu kennen meine, ist er keinesweges der Mann, der ›herausrückte.‹ Er hält fest, was er hat.«
    »Sie ist sein einziges Kind.«
    »Gleichviel. Er war Kaufmann und ist der Ansicht: Reichthum dürfe sich nur mit Reichthum verheirathen. Ein bankerotter Gutsbesitzer-Sohn . . .«
    »Das klingt sehr hohl, allerdings. Man müßte eben gelinden Zwang eintreten lassen. Es giebt Umstände, die es einem Vater höchst wünschenswerth machen, seine Tochter baldigst unter die Haube zu bringen; sollte auch Derjenige, welcher ihr seinen Namen giebt, noch so derangirt sein.«
    »Und diese Umstände wolltest Du herbeiführen? Wolltest in meinem Hause . . .?«
    »Ich dachte wirklich daran; seit dem dritten Glase!«
    »Mensch, dachtest

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