Schwein Oder Nichtschwein
einen gemeinsamen Spaziergang.«
»Ach, Penny? Ja, wir sind hierhin und dorthin geschlendert und haben uns ein wenig unterhalten. Das ist mal ein nettes Mädchen, Clarence.«
»Charmant.«
»Nicht nur hübsch anzusehen und eine Gesprächspartnerin, die dich mit einer großen Anzahl von Themen in ihren Bann schlagen kann, nein, sie hat auch noch ein gutes Herz. Zufällig äußerte ich den Wunsch nach einem Whisky-Soda, und sie ist gleich losgetrabt, um Beach zu sagen, daß er mir einen bringen soll. Sie wollte mir ersparen, mich ins Haus zu schleppen.«
»Du willst einen Whisky-Soda trinken?«
»Du hast es erfaßt. Er wird meinen Wangen eine rosige Farbe geben, was immer wünschenswert ist, und er wird mir erlauben, auf Beach zu trinken. Mit einem ›Er lebe hoch, er lebe hoch, er lebe dreimal hoch!‹ Er hat nämlich heute Geburtstag.«
»Beach hat Geburtstag?«
»Ja.«
»Ach du meine Güte!«
Lord Emsworth wühlte in seiner Tasche.
»Mit der Nachmittagspost habe ich eine außergewöhnliche Mitteilung erhalten, Galahad. Höchst ungewöhnlich. Eine dieser Bildpostkarten. ›Die schönsten Wünsche‹ stand darauf. Und ›Heiße Grüße und Küsse‹. Die Unterschrift ist ›Maudie‹. Aber wenn du sagst, Beach hat heute Geburtstag, dann frage ich mich . . . Ja, genau. Die Karte ist für Beach und muß versehentlich unter meine Briefe geraten sein. Schau her.«
Gally nahm die Karte und betrachtete sie durch sein Monokel. Auf der Rückseite standen die Worte:
Mr. Sebastian Beach,
Blandings Castle,
Shropshire.
Sein Gesicht nahm einen ernsten Ausdruck an.
»Das müssen wir untersuchen«, sagte er. »Wie lange ist Beach schon im Schloß? Achtzehn Jahre? Neunzehn? Nun, die genaue Anzahl der Jahre ist unwesentlich. Jedenfalls ist er schon so lange hier, daß ich ihn wie einen Sohn betrachte, und ein Sohn von mir, der Bildpostkarten mit nackten Venussen von Mädchen namens Maudie erhält, muß eine gute Erklärung parat haben. Wir dürfen nicht erlauben, daß der Sex sein häßliches Haupt in der Pantry erhebt. He, Beach!«
Sebastian Beach näherte sich, sein gemessener Schritt war eher noch gemessener als gewöhnlich, was der Tatsache zuzuschreiben war, daß er ein großes, bis zum Rand mit einer goldfarbenen Flüssigkeit gefülltes Glas in der Hand trug. Neben ihm trippelte ein nicht sehr großes, schlankes junges Mädchen mit blonden Haaren, das aussah, als wäre es eine Waldnymphe, die der Butler auf seinem Weg durch das Gelände irgendwo aufgelesen hatte. In Wirklichkeit war sie die jüngere Tochter eines amerikanischen Hundekuchenfabrikanten.
»Hier kommen die Hilfstruppen der United States Marines, Gally«, sagte sie, und Gally erwiderte voller Befriedigung, er könne sie mit bloßem Auge erkennen, ergriff das Glas und trank einen kräftigen Schluck.
»Herzliche Glückwünsche zum Geburtstag, Beach.«
»Danke, Mr. Galahad.«
»Möchten Sie einen Schluck, Penny?«
»Nein, danke.«
»Clarence?«
»Wie? Nein, nein, vielen Dank.«
»Gut«, sagte Gally und trank das Glas leer. »Und nun zu einer schmerzlichen Aufgabe. Beach!«
»Sir?«
»Lesen Sie diese Karte!«
Beach nahm die Karte. Während seine Stachelbeeraugen den Inhalt überfogen, bewegten sich seine Lippen kaum merklich. Er sah aus wie ein Butler, der um ein Haar gelächelt hätte, hätten ihn nicht die strengen Regeln der Butlergilde davon abgehalten.
»Nun, Beach. Wir warten. Wer ist diese Maudie?«
»Meine Nichte, Mr. Galahad.«
»Das ist also Ihre Geschichte, wie?«
»Die Tochter meines Bruders, Mr. Galahad. Sie ist das, was man als das unkonventionelle Element der Familie bezeichnen könnte. Als junges Mädchen lief sie von zu Hause fort und wurde in London Bardame.«
Gally spitzte die Ohren, so wie es jeder Spezialist tut, wenn im Verlaufe eines Gesprächs sein Spezialgebiet erwähnt wird. Es war, als hätte man in Gegenwart Mr. Gillettes über Rasierklingen gesprochen.
»Bardame? Wo?«
»Im Criterion, Mr. Galahad.«
»Dann muß ich sie gekannt haben. Im Criterion kannte ich alle. Ich kann mich aber nicht an eine Maudie Beach erinnern.«
»Aus berufichen Gründen wählte sie das Pseudonym Montrose, Sir.«
»Maudie Montrose? Das ist sie? Guter Himmel, natürlich kenne ich sie. Charmantes Mädchen mit blauen Augen und Haaren wie ein goldenes Vogelnest. Wie viele Gläser habe ich nicht aus
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