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Schwein Oder Nichtschwein

Schwein Oder Nichtschwein

Titel: Schwein Oder Nichtschwein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.G. Wodehouse
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dieser fast orientalischen Wärme des Gefühls fähig war. Im Gegensatz zu jenem beau sabreur und Mann von Welt, seinem Bruder Galahad, der sein Leben damit hingebracht hatte, die Gesellschaft des verwegeneren Typs Frau zu suchen und in seinen Jugendtagen niemals glücklicher gewesen war, als wenn Bardamen und Ballettmädchen sich um ihn drängelten, hatte er sich immer ausgesucht viel Mühe gegeben, den Maudies dieser Welt aus dem Weg zu gehen.
      Er fng seinen Kneifer wieder ein, der ihm, wie stets in Zeiten der Gefühlsanspannung, von der Nase gerutscht war und am Ende der Schnur baumelte, steckte die Karte abwesend in die Jackentasche und griff nach seinem Buch. Aber vergebens. Der Moment der Besinnung war vorbei. Mit all diesen Butlern, die über Parsloes redeten, all diesen Connies, die über Vospers schwadronierten, und den geheimnisvollen Frauen, die ihm heiße Grüße und Küsse schickten, hatte er vorerst die Fähigkeit eingebüßt, Whiffes gewaltige Prosa zu würdigen. Wollte er seine Seelenruhe wiederfnden, gab es nur eines. Er rückte seinen Kneifer zurecht und machte sich auf in die Stallungen, um einen Blick auf die Kaiserin von Blandings zu werfen.

    Die Kaiserin hatte ihre besonders schmucke Residenz nicht weit vom Küchengarten, und als Lord Emsworth ihr Boudoir betrat, war sie, wie fast immer, wenn man bei ihr vorbeischaute, damit beschäftigt, jene siebenundfünfzigtausendachthundert Kalorien in ihr ausgedehntes Inneres zu befördern, auf denen Whiffe besteht. Monica Simmons, die Schweinehüterin, hatte es gut mit ihr gemeint, was Gerstenmehl, Maismehl, Leinsamenmehl, Kartoffeln und Molke betraf, und die Kaiserin machte sich darüber her und holte sich, was ihr guttat, in einer Weise, die in der Brust ihrer Freunde und Bewunderer das schönste Zutrauen weckte.
      Monica Simmons stand an der Brüstung, als Lord Emsworth näherkam, ein kräftiges Mädchen in Kittel und Reithosen, die aussah wie das, was sie auch wirklich war, nämlich eine der sechs Töchter eines Landpfarrers, von denen alle sechs Hockey für Roedean gespielt hatten. Bei Lord Emsworth war sie nicht besonders beliebt, denn er verdächtigte sie eines Mangels an Ehrfurcht vor der Kaiserin. Für diesen grundsätzlichen Charakterfehler lieferte sie auch umgehend einen entsetzlichen Beweis.
      »Hallo, Lord Emsworth«, sagte sie. »Heiß heute, nicht? Sind Sie gekommen, um nach dem Marzipanschweinchen zu sehen? Also, wo Sie jetzt da sind, sause ich los und trinke meinen Tee. Ich habe einen Durst, der nicht zu überbieten ist. Tschüs dann!«
      Sie schritt davon, wobei sie mit ihren großen Füßen das herumliegende Heu aufwirbelte, und Lord Emsworth, der wie Espenlaub zitterte und an der Brüstung des Stalles nach Halt suchte, starrte ihr mit glühenden Augen nach. Voller Wehmut dachte er an die früheren Hüter seines außerordentlichen Schweines: an George Cyril Wellbeloved, der jetzt im feindlichen Lager stand, an Percy Pirbright, George Cyrils Nachfolger, von dem man zuletzt aus Kanada gehört hatte, und an Edwin Pott, der das hohe Amt nach Percy innegehabt und sich ins Privatleben zurückgezogen hatte, nachdem er im Fußballtoto gewonnen hatte. Keiner von diesen dreien hätte die Kaiserin je als »Marzipanschweinchen« bezeichnet. Edwin Pott, nebenbei gesagt, wäre dazu gar nicht in der Lage gewesen, selbst wenn er gewollt hätte, denn ihm fehlte das Gaumendach.
      Weiblicher Judas, dachte Lord Emsworth. Er wurde zwar allmählich ruhiger, während er der süßesten aller Musik lauschte, nämlich dem Geräusch, das die Kaiserin hervorbrachte, wenn sie ihre Lebenssäfte erneuerte, war aber immer noch einigermaßen verstört, als an seiner Seite jemand auftauchte, sich gegen die Brüstung lehnte und die Ortlichkeit durch ein schwarzgerändertes Monokel betrachtete. Es war ein schlanker, gepfegter, adretter, kleiner Herr in den späten Fünfzigern, den Lord Emsworth mit einem herzlichen »Grüß dich, Galahad« empfng.
      »Gegrüßt seist du, Clarence, alter Vogel!« erwiderte der Neuankömmling mit ebensolcher Herzlichkeit.
      Der Ehrenwerte Galahad Threepwood war das einzig wirklich bemerkenswerte Mitglied der Familie, der Lord Emsworth vorstand. Die Welt, heißt es, weiß wenig von ihren größten Männern, aber jeder, der zur Welt der Klubs, Theater, Restaurants und Rennplätze gehörte, kannte Gally, und sei es nur vom Hörensagen. Er gehörte jener kleinen, aber entschlossenen Gruppe von Menschen an, die die

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