Schweineblut
beim Essen. Ich bin nämlich sehr hungrig. Wenn ich es recht
bedenke, habe ich seit dem Morgen nichts mehr gegessen. Ich kenne ein
libanesisches Restaurant, nicht weit von hier. Mögen Sie libanesische Küche?«
»Sie machen mir wirklich eine große Freude. Libanesisch ist gut.«
Sie setzte ihr strahlendstes Lächeln auf. »Na, dann los.«
Am Ausgang sprach Marco van Bommel kurz mit dem Stadtarchivar, um
die Formalitäten für den Kauf des Bildes zu regeln. Er vereinbarte, dass einer
seiner Mitarbeiter es in den nächsten Tagen abholen würde. Außerdem machte er
eine Anzahlung.
Im Hinausgehen drehte sich Viola Kaumanns noch einmal um. »Ich weiß
jetzt, an wen Sie mich erinnern.«
»So, an wen denn?« Der Archivar stand auf und lächelte.
»Sie haben ganz viel Ähnlichkeit mit Ray Davis von den Kinks.«
Wolfgang Brandt hörte sie noch auf dem Vorplatz lachen.
—
Viola Kaumanns wusste im ersten Augenblick nicht, wo sie
war. Mit klopfendem Herzen richtete sie sich auf und lehnte ihren Kopf an die
Wand. Immerhin war sie nicht in einem Hotelzimmer gelandet. Langsam kam die
Erinnerung zurück. Sie hatte den Abend mit Marco van Bommel verbracht. Zuerst
hatten sie beim Libanesen üppig gegessen und viel erzählt. Dabei hatte sie sich
bereitwillig von dem Holländer ausfragen lassen. Sie hatte ihre Biografie zwar
auswendig gelernt, aber trotzdem hatte sie auf der Hut sein müssen. Van Bommel
hatte viele Zwischenfragen gestellt und ihre Erzählungen intelligent
kommentiert. Sie war sich zeitweise wie in einem Polizeiverhör vorgekommen, nur
mit dem Unterschied, dass van Bommels professionelle Neugier charmant in
witzige Bemerkungen gekleidet war. Dabei hatte das Lächeln allerdings nie seine
Augen erreicht.
Nach dem Abendessen hatten sie beschlossen, noch einen Cocktail zu
trinken. Sie waren im › El Paso‹ gelandet. Dort hatte
sie nach einigen Drinks irgendwann die Zeit vergessen. Sie hatte sich am Ende
in ihrem Sessel zurückgelehnt und nur noch Marco van Bommel reden lassen.
Was er ihr erzählt hatte, daran konnte sie sich nicht mehr erinnern.
Sie hatte sich einfach dem Gefühl von Wärme und Geborgenheit hingegeben, das so
unwiderstehlich von van Bommel und seiner Art zu erzählen ausging. Sie konnte
sich nur noch daran erinnern, dass er ihr galant aufgeholfen und sie zu seinem
Wagen geführt hatte. Sie hatte ihm sogar ihren Autoschlüssel ausgehändigt, um
sich den Golf später vorbeibringen zu lassen. Vor ihrer Haustür hatten sie sich
verabschiedet. Sie wusste nicht mehr, ob er mit in ihre Wohnung gewollt oder
sie ihn abgewiesen hatte. Dass sie sich geküsst hatten, daran konnte sie sich
schwach erinnern.
Dass sie nicht miteinander geschlafen hatten, schrieb sie ihrer
professionellen Einstellung zu. Vielleicht war das aber auch Teil seines Plans,
dass er sie nicht schon in der ersten Nacht im Bett haben wollte.
Sie seufzte. Froh, nicht neben ihm aufgewacht zu sein.
Viola Kaumanns strubbelte mit beiden Händen durch ihr Haar. Aber die
Kopfschmerzen blieben. Vorsichtig stand sie auf und ging in die kleine Küche,
die auf unbestimmte Zeit ihre sein würde. Sie öffnete den Kühlschrank und
suchte nach einer Packung Orangensaft. Allerdings schien er nicht auf dem
Zettel der Abteilung für Beschaffung gestanden zu haben. Missmutig nahm sie ein
Glas aus einem der Hängeschränke und füllte es mehrfach mit Leitungswasser, das
sie hastig trank.
Als sie unter der Dusche stand, klingelte es. Sie hatte das Geräusch
zunächst nicht wahrgenommen. Verärgert und zugleich verwundert über die
Störung, stellte sie das Wasser ab und schlang sich ein großes Badelaken um.
Auf nackten Füßen und tropfend ging sie zur Tür.
»Ja, bitte?«
»Ich bringe Ihren Wagen und den Schlüssel.«
»Werfen Sie den Schlüssel in meinen Briefkasten.« Viola Kaumanns
überlegte einen Augenblick. »Nein, warten Sie. Kommen Sie hoch.«
Viola Kaumanns schlang ihr Handtuch enger und öffnete die Tür.
»Guten Morgen.«
Es war einer von van Bommels Männern. Viola spürte zu ihrer eigenen
Verwunderung eine gewisse Enttäuschung.
Sie konnte nicht sehen, was ihr Gegenüber dachte, denn der
Kleiderschrank trug eine verspiegelte Sonnenbrille.
»Möchten Sie vielleicht reinkommen? Auf einen Kaffee?«
»Nein, vielen Dank. Mein Boss mag es nicht, wenn ich zu lange
unterwegs bin. Guten Tag.«
»Wir können doch nicht einfach warten, bis etwas passiert!«
»Warum gehst du nicht nach Hause, Frank? Du kannst hier doch nichts
tun. Wir
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