Schweineblut
andere.« Van Bommel sprach mit
vollem Mund. Er aß den Lachs, als würde er einen Hamburger verdrücken.
»Na ja, das ist ja auch eine Art Routine.«
»Musst du über die Feiertage arbeiten?« Van Bommel trank einen
Schluck Wein und sah sie dabei aufmerksam an.
»Nein. Ich habe frei.« Scheiße, was redest du da? Aber da hatte sie
es schon gesagt.
»Dann könnten wir ja die Feiertage zusammen verbringen. Ich meine,
nur wenn du Lust dazu hast.« Van Bommel betonte das Wort Lust eine Spur zu deutlich.
Ihr blieb der Rotkohl fast im Hals stecken. Sie lächelte van Bommel
an. »Das wäre eine Möglichkeit, ja. Vorausgesetzt, dass mein Dienstplan nicht
noch umgeworfen wird. Wäre nicht das erste Mal. Na ja, und dann ist da ja auch
noch meine Mutter.«
»Wenn du weg bist, bist du weg. Der alten Dame kannst du sicher
klarmachen, dass du etwas Wichtiges vorhast.«
»Wenn das so einfach wäre.«
»Oder du meldest dich krank. Als Ärztin fällt dir bestimmt eine gute
Diagnose ein.«
»Nein, das geht nicht.«
»Soll ich das für dich erledigen?«
»Was?«
»Ich rufe in der Klinik an und melde dich krank.« Van Bommel schien
sich prächtig zu amüsieren.
»Das geht wirklich nicht, Marco.«
»Jetzt hast du mich das erste Mal bei meinem Vornamen genannt.«
»Habe ich das?«
Er nickte. »Also, was ist? Gehören die Feiertage uns?«
»Marco. Das geht mir jetzt etwas zu schnell. Wir kennen uns doch
kaum.« Mist, das war die falsche Erklärung.
»Das wäre doch die richtige Gelegenheit. Oder gefalle ich dir etwa
nicht?« Van Bommel warf sich in Pose.
Viola Kaumanns musste lachen. »Bescheiden bist du nicht gerade.« Sie
ärgerte sich über sich selbst.
»Das Leben ist zu kurz für diesen Quatsch. Wer nicht von sich
überzeugt ist, hat schon verloren, bevor das Rennen beginnt.«
»Ist das dein Motto? Machst du so deine Geschäfte?« Viola hatte mit
einem Mal keinen Hunger mehr.
»Wir wollten doch nicht über das Geschäft reden. Aber ja, ich denke,
wenn ich nicht der Beste bin in meinem Job, habe ich keine Chance. Verlierer
haben auf unserer Erde nichts zu suchen. Wenn du diese Grundsätze befolgst,
kannst du ganz groß werden. Und ich werde ganz groß, darauf kannst du dich
verlassen. Aber du isst ja gar nichts mehr.« Van Bommel legte sein Messer zur
Seite und suchte mit seiner freien Hand ihre linke. Viola tat so, als bemerke
sie es nicht.
»Ich hatte glatt vergessen, wie mächtig Gans sein kann. Meine Oma
konnte eine wunderbare Weihnachtsgans machen.«
»Konnte?«
»Sie lebt schon lange nicht mehr.«
»Oh, das tut mir leid.«
»Das muss dir nicht leid tun. So ist das Leben.«
»Der Tod ist unser ständiger Begleiter.«
Das musst ausgerechnet du sagen, dachte Viola bitter. »Hast du Angst
vor dem Tod?«
»Nein. Ich weiß, dass ich sterben muss. Aber ich bestimme den Tag
und den Ort. Deshalb kann ich gelassen bleiben.«
Van Bommel, du machst mir Angst. »Wie kannst du dir da so sicher
sein?« Viola Kaumanns legte wie beiläufig ihre Hand auf seine, um sie gleich
wieder zurückzuziehen.
»Ich weiß es einfach. In meinem Beruf muss man ein feines Gespür
haben.«
»Hauptsache, man spürt überhaupt etwas.«
»Ich erlebe in deiner Gegenwart eine Ruhe, die ich in meinem ganzen
Leben noch nicht gespürt habe.«
»Ach komm, wir kennen uns doch noch gar nicht richtig.«
»Ich spüre, was ich spüre. Und, Michaela, was spürst du?« Van Bommel
hob erneut sein Glas.
Viola Kaumanns hob ebenfalls ihr Glas und hielt es gegen das Licht.
»Ich spüre, dass ich nicht zu viel Rotwein trinken sollte.«
Van Bommel lachte. »Schade. Ich hatte gehofft, dass du mich und
meine Gefühle spürst und nicht diesen Rotwein.«
Viola Kaumanns bemerkte, dass sie rot wurde.
»Bitte, schenk mir diese Nacht. Ich will mit dir schlafen.«
Was hatte dieser Mann gerade gesagt? Hastig griff sie nach ihrem
Glas und trank einen Schluck. Ihr wurde heiß. Wo waren die Kollegen? Sie
konnten sie doch nicht so einfach diesem Scheusal ausliefern?
»Haben die Herrschaften noch einen Wunsch? Einen Nachtisch
vielleicht? Ich kann Ihnen unseren Bratapfel mit Vanilleeis empfehlen.«
»Nachtisch? Eine gute Idee. Zweimal Bratapfel und dazu zwei Grappa.
Aber ihren besten.«
»Selbstverständlich. Darf ich Ihnen zum Abschluss noch einen
Cappuccino empfehlen? Oder einen Espresso?«
»Zwei doppelte.«
Die Kellnerin räumte ab und entfernte sich.
Viola war wie betäubt.
»Ich freue mich schon.«
»Worauf? Auf den Nachtisch?«
»Nachtisch?
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