Schweineblut
an den Metallstäben. Als seine Hände sie
berührten, blieb seine Haut an dem kalten Eisen kleben. Mit einem zweiten Satz
sprang er an dem Tor empor und bekam die obere Kante zu fassen. Für eine kleine
Ewigkeit meinte er wie ein Märtyrer an den Stäben zu hängen. Dabei hatte er
sich innerhalb von Sekunden an den eng nebeneinanderstehenden Stäben so weit
hochgezogen, dass er mit seinen Armen und seinem Oberkörper schon weit über das
Tor ragte. Oben verharrte er einen Augenblick. Er geriet ins Wanken. Im letzten
Augenblick fand er sein Gleichgewicht wieder und konnte auf der anderen Seite
hinunterspringen.
Ohne zu zögern, spurtete er über den weiten Vorplatz, der in seinem
hinteren Teil fast völlig im Schatten der Hallen lag. Dabei kam er auf einer
vereisten Pfütze ins Rutschen. Im letzten Augenblick konnte er sich abfangen.
Dabei knickte er mit einem Fuß um. Er hörte es knirschen. Der Schmerz nahm ihm
fast den Atem.
Keuchend drückte er sich in einen Eingang, der früher einmal zu
einem Büro geführt haben musste. Vorsichtig verlagerte er sein Gewicht und
belastete den linken Fuß. Es tat höllisch weh, aber es würde gehen.
Er zog die Pistole und entsicherte sie. Rechts konnte er die
beleuchtete Straße sehen. Er würde sich bei seinem weiteren Vordringen auf
seinen Tastsinn und sein Gehör verlassen müssen.
Allmählich meinte Jan Kuhnert Umrisse unterscheiden zu können. Zu
hören war immer noch nichts.
Wo war die nächste Deckung? Wo musste er Viola suchen und wo van
Bommel? Sein Puls schlug in hartem Takt gegen seine Schläfen. Schweißperlen
lösten sich von der Stirn und liefen über sein Gesicht.
Langsam setzte er Fuß vor Fuß. Er hörte nur das leise Knirschen
seiner Sohlen. Immer wieder blieb er stehen und hielt die Luft an. Sein Fuß
schmerzte bei jedem Schritt.
Wo würde er sich an van Bommels Stelle verstecken? Es musste ein Bereich
im hinteren Teil des Geländes sein. Von vorne nicht einsehbar.
Sein Unterhemd klebte schweißnass an seinem Rücken.
Mit einem Fuß stieß er gegen einen Widerstand, der sofort nachgab.
Jan Kuhnert stockte der Atem, er beugte sich vorsichtig hinunter und schreckte
zurück, als seine Finger etwas Weiches berührten.
Hastig richtete er sich wieder auf.
Erst allmählich verstand sein Gehirn, was er berührt hatte. Es war
ein vollgestopfter Müllsack.
Vorsichtig umging er das Hindernis. Jetzt nahm er auch den stechenden
Geruch wahr, der aus dem Müll quoll. In dem Sack waren Essensreste.
Das Gelände war also bewohnt! Er musste nur noch den Eingang finden.
Der Block, der vor ihm aus der Dunkelheit wuchs, war ein
hallenartiger Bau, der das Gelände zum Feld hin als breiter Querriegel
abschloss. Das einstöckige Gebäude hatte Fenster und in der Mitte ein breites
Tor.
Seine Augen glitten an der Fassade entlang: kein Licht. Er würde an
der Front entlang nach einem Schlupfloch suchen müssen. Mit beiden Händen
fühlte er über die rissigen Steine. Jedes der Fenster war fest verschlossen.
Vorsichtig rüttelte er an dem rostigen Griff der Eingangstür. Aber auch sie gab
nicht einen Millimeter nach. Kuhnert betastete das Schloss. Ein
Sicherheitsschloss. Offenbar war die Halle in letzter Zeit genutzt worden.
Am Ende des langgestreckten Baus angekommen, lugte er vorsichtig um
die Ecke. Eine Seitentür war nicht zu erkennen. Auch kein Fenster. Er
bezweifelte, dass er an der Rückfront Fenster finden würde. Mit dem Rücken an
die Mauer gelehnt, rutschte er in die Hocke und versuchte dabei, seinen Fuß zu
entlasten. Aber die Bewegung verursachte ihm Schmerzen.
Er war schon einen zu weiten Weg gegangen, um jetzt aufzugeben. Jan
Kuhnert beschloss, den Gebäudeteil links von ihm zu überprüfen. Routiniert
tastete er sich an der Wand entlang, die sich über ihm schier endlos in die
Höhe streckte. Wie ein Festungsturm, dachte Kuhnert, er konnte weder Fenster
entdecken, an die er ohne Leiter hätte heranreichen können, noch machte der
verschlossene Seiteneingang den Eindruck, sich leicht öffnen zu lassen.
Der Drogenfahnder kam nicht weit, denn der Turm ragte an seiner
Stirnseite in den fahlen Lichtkreis hinein, den die Straßenbeleuchtung auf das
Gelände warf. Also bewegte Kuhnert sich wieder zurück und versuchte sein Glück
auf der anderen Gebäudeseite. Aber auch dort hatte er keinen Erfolg. Blieb also
nur die Halle auf der anderen Seite.
Doch schon bald musste er erkennen, dass die burgähnliche Anlage von
ihren Nutzern zwar aufgegeben worden, aber
Weitere Kostenlose Bücher