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Schweizer Ware

Schweizer Ware

Titel: Schweizer Ware Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Aeschbacher
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zusammenschraubte und auf den Herd stellte. »Denke schon. Wahrscheinlich aber nur wenige.«
    »An wen denkst du?«, fragte Heinzmann mit geschlossenen Augen, während er sich den Nacken rieb.
    »Irgendein Lieblingslaborant von Dr. Freundlieb wird sicher auch dabei gewesen sein. Einer, der dem Direktor seit Jahrzehnten in den Arsch kriecht. Einer, für den der Direktor ein Gott ist, der nur Gutes tut.«
    Heinzmann schnaufte aus. Ja, so sah er es auch. Lieblinge von Professoren waren eine eigenartige Spezies.
    »Aber mach dir keine Gedanken, Stefan. Um diese Typen brauchen wir uns nicht zu bemühen. Die kommen immer von selbst und beichten.«
    »Oder sie springen aus Scham von der hohen Rialtobrücke direkt in die Todesanzeige.«
    »Ja genau«, murmelte Baumer. »Da steht dann: Nach einem Leben voller Hingabe und Verantwortungsgefühl …«
    »…ist er tragisch aus dem Leben gerissen worden …«, sekundierte Heinzmann.
    »… hat er in den Beton unter der Rialtobrücke gebissen …«, witzelte der Kommissar.
    »Oder, oder …«, prustete Heinzmann, »… hat er den Dackel von Frau Müller erschlagen.«
    »Ha, ha, ha«, lachte Baumer laut auf und zusammen lachten und witzelten sie sich allen Ärger von der Seele und übertönten dröhnend das Blubbern und Zischen des fertigen Kaffees, der sie wieder wach machen würde, damit sie neue Mörder finden könnten, in diesem Basel, das immer so schön ist auf den Postkarten mit dem roten Münster, dem blauen Himmel und dem flaschengrünen Rhein. Dieser Strom, der nach schweren Regenfällen anschwillt und braun vor Dreck nach Deutschland zieht und immer weiterfließt, bis nach Holland, wo er sich endlich endlich im weiten blauen tiefen Meer verliert.

16
    Am nächsten Morgen war der Kommissar mit Robert Amadio im Café Fortuna verabredet. Der Direktor würde zurück nach Paris in sein Unternehmen fahren, Baumer wollte ihn verabschieden. Zusammen tranken sie zwei Espressi.
    »Ich danke Ihnen, Herr Baumer.«
    Baumer sagte nichts.
    »Hm«, sagte Amadio, nahm einen Schluck, blickte durch die große Scheibe hinaus auf die Straße.
    »Es tut mir leid um Ihre Mutter.«
    Amadio drehte den Kopf. »Danke.« Er schaute ins bereits leere Tässchen. »Es ist ein Unglück. Und doch, irgendwie ist es mein persönlicher Glücksfall.«
    Baumer saß da, ließ Amadio sprechen.
    »Meine Firma, Sie haben es vielleicht schon vermutet, geht nicht gut. Die Finanzkrise, Sie verstehen?«
    Der Kommissar verstand.
    »Dank der Erbschaft kann ich jetzt überleben.«
    Baumer nickte, führte das Tässchen langsam an seine Lippen.
    »Es ist viel Geld da. Ein anderer hätte dafür vielleicht gemordet.«
    Aber nicht Robert Amadio, das hatte Baumer immer gespürt, auch wenn er ihn als Verdächtigen hatte behandeln müssen.
    »Ich bin froh, dass es vorbei ist. Die … äh … Leiche meiner Mutter wird jetzt sicher bald freigegeben werden. Sie kommen doch auch zur Beerdigung?«
    »Ja.«
    Amadio nahm sein Portemonnaie, drehte sich zur Bedienung.
    »Lassen Sie es gut sein«, beeilte sich Baumer, seinem Gast den Espresso zu spendieren, und nicht nur, weil Amadio in Eile war, seinen TGV noch zu erwischen.
    Der Direktor freute sich über dieses Zeichen von Baumer und bedankte sich herzlich. Er stand auf und verabschiedete sich. Dann fügte er an: »Wissen Sie, ich habe in der Wohnung meiner Mutter auch das Fribourger Bauernmädchen gesehen.«
    »Die kleine Porzellanfigur?«
    »Ja. Sie ist aus dem 18. Jahrhundert.«
    Baumer sagte nichts.
    »Ich kenne diese Figur, seit ich Kind war. Ich fand sie herzig, habe sie nie als äußerst seltenes Schweizer Souvenir gesehen. Jetzt habe ich zufällig in einen neuen Katalog geschaut, den meine Mutter auf dem Buffet liegen hatte.«
    Baumer erinnerte sich.
    »Diese Figur hat in den letzten Jahren unglaublich an Wert gewonnen. Möchten Sie wissen, wie viel die heute wert ist?«
    »Ja.«
    »Nun, sagen wir mal so. Dafür hätte sich ein Mord gelohnt.«

    *
    Andreas Baumer stand im Ankunftsbereich des Flughafens Basel-Mulhouse. Er stützte sich mit beiden Händen auf das Metallgeländer vor dem Tor, durch das die ankommenden Passagiere herauskommen. In einer Hand hielt er auch das Stielende einer weißen Rose, die in durchsichtiges Zellophan eingehüllt war. Das war bereits ein wenig lädiert.
    Immer, wenn die Schiebetür aufging, spienzelte er in die Halle dahinter, wo die Reisenden auf ihre Gepäckstücke warteten und wo Baumer versuchte, sie irgendwo bereits zu

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