Schwerter und Eiszauber
Form zupackender Vogelkrallen, sich windender Schlangententakel und kneifender Krabbenscheren. Dankbar für die Erholungspause, atmeten sie mehrmals tief durch.
Dann runzelte Fafhrd die Stirn und sagte: »Hör zu Mausling! Hinter der Sache muß irgendwie ein Zauber stecken. Oder die Hand eines Gottes.«
»Wenn es sich um einen Gott handelt«, bemerkte der Mausling bitter, »dann hat er zwei linke Daumen, wenn man bedenkt, wie er uns immer wieder gegen die Wand laufen läßt.«
Fafhrds Gedanken nahmen eine neue Richtung, dokumentiert durch die sich verändernden Furchen auf seiner Stirn. »Ich habe nie gequiekt!« protestierte er. »Hirriwi hat gesagt, ich hätte gequiekt.«
»Das war sicher nur eine Redewendung«, tröstete ihn sein Gefährte. »Aber bei den Göttern! Wie elend mir ist, als wäre ich kein Mann mehr und dies nichts anderes als ein Besenstiel!« Er deutete auf das Schwert ›Skalpell‹ an seiner Seite und blickte kopfschüttelnd auf Fafhrds ›Graywand‹, der in der Scheide steckte.
»Vielleicht träumen wir nur ...«, setzte Fafhrd zweifelnd an.
»Nun, wenn wir träumen, wollen wir damit weitermachen«, sagte der Mausling, versetzte dem Freund einen Schlag auf die Schulter und schob ihn den Korridor entlang. Doch trotz der aufmunternden Worte und Gesten hatten beide Männer das Gefühl, immer tiefer in den Sumpf eines Alptraums zu geraten, der sie nicht mehr losließ und ihnen den Willen nahm.
Sie kamen um eine Ecke. Einige Meter weiter ging die Wand zur Rechten in eine Reihe schmaler dunkler Säulen über, die sich in unregelmäßigen Abständen erhoben. Dazwischen erblickten sie weitere willkürlich aufgestellte dunkle Säulen und in mittlerer Entfernung einen langen Altar, auf den Licht herabrieselte und eine große nackte Frau offenbarte, die ausgestreckt darauf lag, neben ihr eine Priesterin in purpurnen Roben mit einem blanken Dolch in einer Hand und einem großen Silbergefäß in der anderen. Die Priesterin hatte einen kultischen Gesang angestimmt.
»Mausling!« flüsterte Fafhrd. »Das Opferwesen ist die Kurtisane Lessnya, mit der ich vor Jahren zu tun hatte, als Jünger Isseks!«
»Und die andere ist Ilala, Priesterin der gleichnamigen Göttin. Mit ihr hatte ich zu schaffen, während ich Pulg dem Erpresser diente«, gab der Mausling zurück.
»Aber es ist unmöglich, daß wir bereits den langen Weg zum Tempel von Ilala zurückgelegt haben!« wandte Fafhrd ein. »Auch wenn es danach aussieht! Das Bauwerk liegt fast auf der anderen Seite Lankhmars – vom Aal aus gerechnet.« Gleichzeitig dachte der Mausling an Geschichten, die er gehört hatte, Gerüchte über Geheimgänge in Lankhmar, die gewisse Orte auf noch kürzere Entfernung miteinander verbanden als auf die kürzeste Distanz dazwischen.
Ilala wandte sich den beiden Helden zu und sagte mit erhobenen Augenbrauen: »Ruhe da hinten! Ihr begeht ein Sakrileg, wenn ihr das heiligste Ritual der großen Göttin aller Frauen stört. Unfromme Eindringlinge, fort mit euch!« Währenddessen stemmte sich Lessnya auf einen Ellbogen hoch und blickte die beiden hochmütig an. Dann legte sie sich wieder hin und blickte zur Decke, während Ilala den Dolch tief in das Weihrauchgefäß tauchte und dann Tropfen von Wein (oder einer anderen Flüssigkeit, die sich in dem Gefäß befand) auf Lessnyas nacktem Körper versprühte und die Klinge dabei bewegte, als wäre sie ein rituelles Instrument. Sie vollführte die Bewegung dreimal über ihr, an Busen, Lenden und Knien – und setzte dann die gemurmelte Litanei fort, während Lessnya ihr nachredete (oder nur schnarchte) und der Mausling und Fafhrd sich durch den fackelerleuchteten Korridor davonstahlen.
Aber es blieb ihnen keine Zeit, sich Gedanken zu machen über die seltsame Geometrie und noch erstaunlichere Religiösität ihres alptraumhaften Abenteuers, denn nun wich die Wand zur Linken und gab den Blick frei in einen wunderschön ausgestatteten, großen, schwach erleuchteten Raum, den sie als das offizielle Residenzzimmer des Großmeisters der Diebeszunft im Diebeshaus erkannten, wiederum halb Lankhmar von Ilalas Tempel entfernt. Der Vordergrund war angefüllt mit Gestalten, die zur anderen Richtung hin unterwürfig knieten, einem dicken schwarzen Tisch zugewandt, hinter dem sich eine hübsche rothaarige Frau zu königlicher Größe erhoben hatte. Hinter ihr stand eine sehr schlanke Frau in der schwarzen Tunika einer Zofe, am Hals weiß abgesetzt.
»Das ist Ivlis aus der Vergangenheit, in
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