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Schwestern der Nacht

Schwestern der Nacht

Titel: Schwestern der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Masako Togawa
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gegenüber und knetete nervös ihr Taschentuch.
    »Nicht, daß ich wüßte. Sie hat nie vom Heiraten gesprochen, sie hat auch nie etwas von einem Freund gesagt. Sie könnte es natürlich vor mir verheimlicht haben — ich bin immer noch alleinstehend, wissen Sie, aber... Ach, sie war doch noch ein Kind.« Die Schwester sah zögernd zu dem Polizeibeamten auf.
    »Sie waren wie eine Mutter für sie, nicht wahr?«
    »Ja. Unsere Eltern kamen bei dem Atombombenangriff auf Hiroshima ums Leben. Ich brachte sie mit meinem Einkommen als Schneiderin durch. Sie wußte, wie schwer mir das fiel, und tat ihr Bestes, mir keinen Kummer zu machen. Außerdem glaube ich wirklich, daß sie mir immer alles erzählt hat.«
    Die ältere Schwester, Tsuneko Obana, hatte etwas Altjüngferliches an sich, war schlicht gekleidet, ungeschminkt und trug das Haar am Hinterkopf zu einem Knoten gebunden. Ihre Augen mit den überhängenden Lidern strahlten eine gewisse Erotik aus, doch im großen und ganzen schien sie eine recht stille Person zu sein. Sie saß mit hängendem Kopf vor ihm und war anscheinend vom Schmerz über den plötzlichen Verlust überwältigt.
    Seine einzige Schwester auf diese Weise zu verlieren, war wirklich tragisch, fand auch der Inspektor und versuchte, seine Fragen so vorsichtig wie möglich zu formulieren.
    »Ist Ihnen irgendwas Ungewöhnliches an ihr aufgefallen?« »Wie meinen Sie das? Gibt es da etwas, das ich wissen sollte?«
    »Nun ja, ist sie zum Beispiel nachts manchmal nicht nach Hause gekommen?«
    »0 nein, nie.., doch, ein einziges Mal. Da kam sie erst morgens zurück. Sie sagte, sie habe den letzten Bus verpaßt und die Nacht mit einer Freundin in einem Café verbracht.«
    »Wann ungefähr war das?«
    »Lassen Sie mich mal nachdenken.., ja, ich glaube, vor einem halben Jahr oder so. Aber ist denn das irgendwie von Bedeutung?«
    »Hm, ich fürchte, das ist es. Ich muß Ihnen leider sagen, daß Ihre Schwester schwanger war.«
    Der Schwester fielen vor Schreck fast die Augen aus dem Kopf. »Das ist doch unmöglich!« war alles, was sie herausbrachte.
    »Es stimmt aber. Um genau zu sein, sie war im sechsten Monat. Vor lauter Kummer hat sie sich offenbar das Leben genommen. «
    Tsuneko Obana brach in Tränen aus. Der Inspektor wandte den Blick ab; es war ihm nicht leichtgefallen, aber er hatte es ihr einfach sagen müssen. Er sah aus dem Fenster. Wenn Keiko eine ehrbare junge Frau gewesen war, ein Mädchen ohne Männergeschichten, das jeden Abend sofort nach Hause ging, mußte sie an jenem Abend in dem Café von einem gewissenlosen Kerl verführt worden sein. So etwas passierte tagtäglich. Normalerweise waren solche Affären so gefühlsbeladen wie ein Verkehrsunfall, doch diesmal hatte sich das Mädchen umgebracht. Wie konnte er die Schwester trösten, jetzt, wo sie die Wahrheit wußte?
    »Selbstverständlich ist diese Information nur für Sie bestimmt. Ich garantiere, daß kein Wort davon an die Öffentlichkeit kommt.«
    Wenn der Selbstmord auf eine Berufskrankheit zurückgeführt werden konnte, überlegte er, hatten die Verwandten wenigstens Anspruch auf eine Abfindung.
    Tsuneko Obana betupfte ihr Gesicht mit dem Taschentuch und versuchte die Tränen zurückzuhalten. Plötzlich blickte sie auf und begann zu sprechen, als ob ein Damm gebrochen wäre.
    »Sie hatte einen Geliebten... Ich habe ihr Tagebuch gelesen. . . Sie lernte ihn in einer Bar kennen. . . sie haben Zigeunerleben zusammen gesungen ... Wie konnte sie nur so dumm sein? ... Armes dummes Ding. . «
    >Dazu gibt's nicht viel zu sagen<, dachte der Inspektor, während er sich den Ausbruch anhörte. Er erhob sich, um das Gespräch zu einem Ende zu bringen. Das Leid der Hinterbliebenen fiel schließlich nicht in den Verfügungsbereich der Polizei.
    »Gut, das wäre dann alles, Fräulein Obana. Ich habe keine weiteren Fragen an Sie.«
    Als sie ihre Sachen zusammenpackte und sich zum Gehen wandte, fiel ihm zum erstenmal der Leberfleck an ihrem Nasenloch auf. Bis dahin war er unter dem Taschentuch verborgen gewesen, doch jetzt konnte er ihn klar und deutlich sehen. Sie bemerkte seinen Blick, und er schaute schnell weg, peinlich berührt angesichts seiner eigenen Unverschämtheit.
    »Es tut mir leid, daß Sie so viele Unannehmlichkeiten hatten.« Die Schwester hatte zwar die angemessene Höflichkeitsfloskel herausgebracht, wirkte aber von Leid erschlagen, als sie die Polizeiwache verließ.
    Während er ihr nachsah, kochte der Inspektor vor Wut. Seine Brust

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