Schwesternkuss - Roman
Nochmals danke.« Alice legte zufrieden auf. Sie musste die Rolle von Bennie nur noch bis Montag spielen. Am Montagabend könnte sie schon in das Flugzeug nach Nassau steigen. Ein einziger Geschäftstag würde genügen, um die Sache durchzuziehen. Dabei war sie nur eine kleine angelernte Anwaltsgehilfin und kein Großgangster wie alle studierten Anwälte.
Sie ging Bennies Terminplaner durch. Für Montag war nur das Treffen mit Rexco eingetragen. Es dürfte nicht besonders schwierig sein, sich in der Sache auf den neuesten Stand zu bringen. Es gab sicherlich eine Akte zu dem Fall, und schließlich hatte sie schon Verteidigungsschriften vorbereitet und für einzelne Fälle recherchiert. Sie musste ja keinen Chirurgen mimen, der eine Gehirnoperation durchzuführen hat.
Sie ging die Akten durch: Alpha Electronics vs. Bersne, Amaryllis Computer vs. Ward Inc., Babson Metrics vs. Teelerson und Partner. Dann fand sie die richtige: Rexco vs. Pattison Dalheimer Inc.
Sie zog die Akte heraus, trank einen Schluck Cola und machte sich an die Arbeit.
22
Mary berichtete Anthony am Telefon über ihr Gespräch mit Bennie. Er klang nicht sehr begeistert.
»Schatz«, fragte er, »verstehe ich dich richtig? Sie will dich nicht zur Teilhaberin machen, aber du fühlst dich trotzdem von ihr als ebenbürtige Partnerin anerkannt?«
»So ist es nicht.«
»Wie dann?«
»Sie hat sich bloß noch nicht entschieden.« Mary nippte an ihrem Kaffee, der kalt war.
»Und wann will sie sich entscheiden?«
»Im September. Wie abgemacht.«
»Sie will dich hinhalten.«
»Das will sie nicht.« Marys gute Laune schwand. Die Klimaanlage in ihrem Büro hatte den Kampf gegen die Sonne verloren, und auf ihrem Schreibtisch stapelten sich Berge von kopierten Gerichtsunterlagen, leere Kaffeetassen und der klägliche Rest eines Käse-Sandwichs. »Sie hat gesagt, dass sie mich schätzt.«
»Und was hat sie konkret über die Teilhaberschaft gesagt?«
Mary wollte auflegen. Dabei hatte sie sich auf einen Pausenratsch mit ihrem Freund gefreut. Hätte sie sich mal lieber bei ihrer besten Freundin Judy gemeldet. »Urteile nicht zu hart über sie.«
»Das mache ich gar nicht.«
»Machst du doch. Sie hat eine Menge persönliche Probleme, die sie für sich behält. Stattdessen kümmert sie sich um die anderen.« Mary war sich nicht sicher, ob sie über Bennie, sich selbst, ihre Mutter, Judy oder über alle vier sprach. Vielleicht sprach sie über jede Frau, der sie bisher begegnet ist – oder über alle Frauen, die es auf dieser Welt gab.
»Ich will sie dir nicht madig machen.«
Mary wechselte das Thema und erzählte Anthony vom Frühstück ihres Vaters mit Fiorella. Aber der lachte nur.
»Du bist heute vielleicht komisch drauf. Und das alles, weil wir keinen Sex hatten?«
Mary zuckte zusammen. »Komisch drauf oder nicht. Ist es nicht seltsam, dass er mit Fiorella außer Haus zum Essen geht?«
»Keineswegs. Sie waren im Krankenhaus, und danach hatten sie Hunger. Was ist daran seltsam?«
»Warum haben sie nicht in der Cafeteria des Krankenhauses gegessen?«
»Hast du jemals etwas in einer Krankenhaus-Cafeteria gegessen? Vergiss es! Sag mir lieber, dass du mich liebst. Ich muss in die Bibliothek.«
»Ich liebe dich und muss in die Bibliothek.«
»Sehr witzig.«
»Finde ich auch.«
»Wie alles, was du sagst.«
Mary war eingeschnappt. »Du bist gemein.«
»Du auch. Ich liebe dich aber trotzdem.«
»Ich dich auch.« Mary beendete das Gespräch. Zum Glück hatte er das Gespräch nicht auf ihre Haussuche gebracht. Sie rief Judy an, die sofort abnahm. Ihre Stimme klang aber schwach. »Jude, was ist los?«
»Der böse Geist hat es jetzt auf meinen Magen abgesehen. Sag Fiorella, dass ich eine Nachbehandlung brauche.«
»Sie ist nicht zu Hause.« Mary schüttelte den Kopf. »Das passiert, wenn man Gringos Zutritt zu einem italienischen Haushalt gewährt. Meine Diagnose: Du hast Grippe.«
»Mitten im August?«
»Soll vorkommen.«
»Nein, es ist das Böse, das Böse hat es auf mich abgesehen. Wo ist der nächste italienische Feinkostladen?«
»Was soll die Frage?«
»Ich will Olivenöl kaufen. Fiorella hatte das beste verlangt. Mit dem besten ginge es mir heute vermutlich bestens.«
Mary ließ sie reden. »Soll ich vorbeikommen?«
»Nein, ich leg’ mich wieder hin.«
»Und du kommst allein klar?«
»Ja.«
Mary wollte noch nicht auflegen. »Jude, darf ich dir ein paar Neuigkeiten erzählen, oder bist du zu krank?«
»Wie lauten die
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