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Schwiegermutter inklusive. Einen Mann gibt es selten allein (German Edition)

Schwiegermutter inklusive. Einen Mann gibt es selten allein (German Edition)

Titel: Schwiegermutter inklusive. Einen Mann gibt es selten allein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Harenberg
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Familie erst anfing, wenn man
einen Kran brauchte, um das Haus zu verlassen? Wie bei Frauen üblich, gesellte
sich sofort der nächste Schreckensgedanke in die Reihe meiner neu aufgeworfenen
Schönheitsfragen dazu. Sahen meine Haare wirklich so schlimm aus? Ich lag eine
weitere Stunde wach und kniff mich selber immer wieder zweifelnd in die kleinen
Röllchen an meinen Bauch, bevor ich endlich einschlief. Womit ich nicht mehr
wirklich gerechnet hatte in dieser Nacht, da ich es nicht mehr wagte, meinen
Kopf auf das Kopfkissen zu legen. Ich hatte mal in einer Frauenzeitschrift
gelesen, dass der ständige Druck auf die Haarwurzeln in der Nacht zu
Haarausfall führen könnte.

 
    Der nächste Morgen begann wie der Abend zuvor geendet hatte:
schrecklich.
    Ingrid stolzierte fröhlich durch die immer noch geöffnete Tür in
unser Schlafzimmer, wo ich nackt und verschwitzt mit erhobenem Kopf auf dem
Bett lag. Ein weiterer Albtraum war wahr geworden: Meine
Vielleicht-Schwiegermutter hatte mich weniger als zwölf Stunden nach dem
Kennenlernen nackt gesehen. Und diesmal war es auch noch meine eigene Schuld,
hatte ich die Zimmertür doch selber geöffnet. Immerhin, Ingrid zeigte einen
Ansatz von Menschlichkeit und ließ mich nur kurz wissen, dass das Frühstück
fertig sei. Ein Kopfschütteln, bei dem ihre Haare wie eine überdimensionale
Afro-Krause auf ihrem Kopf tanzten, konnte sie sich beim Rausgehen allerdings
nicht verkneifen.
    Ich weckte Rigoletto schnell auf, damit
ich nicht schon wieder zu spät zum Essen erschien, und wenig später saßen wir
gemeinsam mit seinen Eltern am Tisch. Es schien fast, als hatte ich den letzten
Abend nur geträumt. Ich bekam zur gleichen Zeit das gleiche Essen und Trinken
in ausreichender Menge wie alle anderen und wir unterhielten uns über das
Wetter.
    Alles ganz normal. Bis zu dem Moment, als ich interessiert - ich
war wieder ganz bei der Sache und wollte meine möglichen Schwiegereltern durch
Höflichkeit bezirzen - fragte, was genau Ingrid denn beruflich mache.
    Rigoletto hatte bislang vage etwas von selbstständiger Geschäftsfrau im Pharmabereich
gesagt und so dachte ich mir, mit ein wenig Interesse an ihrer Person und ihrem
Leben könnte ich sicherlich bei Ingrid punkten. Hätte ich geahnt, was sich aus
dieser harmlos gemeinten Frage ergeben sollte, ich hätte sie nicht bei diesem
Frühstück und überhaupt niemals gestellt.
                "Ich
betreibe einen Handel für Heilkräuter", antwortete Ingrid stolz.
                "Oh,
wie interessant", sagte ich, da ich nach Rigolettos Unverständnis am Abend zuvor wieder glauben musste, wenigstens etwas an seinen
Ausführungen über die disziplinierte, erfolgreiche Frau von Welt, die seine
Mutter sein sollte, würde stimmen.
                "Importierst
du die aus China und verkaufst sie hier an Apotheken?"
    Ich persönlich konnte mit Heilkräutern nichts anfangen und
interessierte mich nicht dafür. Für mich war ein aufgebrühter Tee aus
Heilkräutern schlicht ein Gesöff, das so schrecklich schmeckte, dass man
darüber die Zipperlein, wegen derer man das Zeug trank, sofort vergaß. Und wenn
man wirklich krank war ging man zum Arzt. Das konnte ich aber natürlich
schlecht sagen. Gott sei Dank hatte ich vor einiger Zeit einen kurzen
Nachrichtenfilm über die aufstrebende Wirtschaftsmacht China gemacht und hatte
noch vage in Erinnerung, dass Heilkräuter aus China einen gar nicht so kleinen
Teil des Exportes ausmachten. Also warf ich dieses Wissen in das Gespräch ein.
                "Aber
nein!", Ingrid sah mich entsetzt an. "Doch keine Massenware! Und dann
noch aus China. Um Himmels willen! Nein, ich vertreibe nur ganz natürliche,
frische Produkte wie Wurzeln, Pilze und Kräuter, die ich selber im Wald
pflücke."
                "Die
Leute sind verrückt danach", übernahm mein Freund die Erklärung, als wären
die beiden ein Zirkuspaar, bei dem der eine immer die Sätze des anderen
beendete. "Manchmal kommt meine Mutter mit der Lieferung gar nicht
nach!" Rigoletto sah seine Mutter stolz an.
                "Ja",
sagte Ingrid wichtig, "man muss bedenken, dass ich nicht ständig Zeit
habe, in den Wald zu gehen und Kräuter zu sammeln. Jetzt zum Beispiel, wo wir
Besuch haben. Und auch sonst höchstens ein- oder zweimal die Woche am
Nachmittag. Im Winter findet man fast gar nichts. Im Garten selber anpflanzen
mache ich auch nicht, am besten hilft immer noch, was wirklich aus der

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