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Science Fiction Almanach 1982

Science Fiction Almanach 1982

Titel: Science Fiction Almanach 1982 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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Bild gebracht. Aber ich meine, auch ohne dieses Hilfsmittel der Erinnerung hätte ich ihn erkannt. Zwar trug er einen weiten Sommermantel, der seine Urvätertracht fast ganz verhüllte – aber der seltsame Zopf und der altmodische Hut, der neben ihm lag, lenkten mich schnell auf die richtige Spur. Allein auch ohne diese äußeren Kennzeichen war sein ausdrucksvolles, völlig bartloses Gesicht für einen modernen Menschen sehr auffallend.
    Ich trat grüßend näher. Ich hatte die Zeitungsnotiz von heute morgen gelesen und fürchtete, er werde aufspringen und die Flucht ergreifen. Aber er erwiderte höflich meinen Gruß und blieb sitzen.
    Das eigentümlich unsichere Gefühl, das wohl einen jeden beschleicht, der mit einer geistig nicht intakten Persönlichkeit zusammentrifft, überkam mich. –
    Da blickte er mich an! Sein wunderschönes blaues Auge zeigte hohen Seelenadel. Nicht ein leiser Schimmer einer geistigen Verwirrung war in ihm zu merken. Zwar war ich kein Psychiater und konnte mich täuschen; aber auch ein Psychiater kann sich täuschen.
    Das anfängliche Gefühl der Scheu in mir machte unter seinem Blick dem der ehrlichen Teilnahme Platz – und wie ein Blitz durchzuckte mich plötzlich der erschütternde Gedanke: wenn dieser rätselhafte Mann von unsern Ärzten falsch beurteilt würde! Wenn er doch recht hätte, mit seiner unerhörten Behauptung, aus der Mitte des achtzehnten Jahrhunderts zu kommen! Wenn er in Wahrheit durch irgendein wunderbares Naturgeschehen aufgespart geblieben wäre für unsere Zeit! Wenn er, wie ein Geschöpf im Winterschlaf, mehr als ein Jahrhundert im Leibes- und Seelenschlaf zugebracht und jetzt erst erwacht wäre!
    Diese Gedankenreihe durchkreuzte mein Gehirn so rasch und unvermittelt, daß ich voller Verwirrung vor ihm stehenblieb und ihm nur immer starr ins Gesicht sah.
    „Aus Ihrer Verwunderung glaube ich entnehmen zu dürfen, mein Herr“, sagte er nun mit einer festen, wohltuenden Stimme, „daß Sie mich als die Person erkannt haben, von der Ihre heutigen Gazetten und Journale kürzlich allerlei Seltsames berichtet haben?“
    „Ja – in der Tat –“ stotterte ich.
    „Ich muß zugeben“, fuhr er fort, „daß mein Curriculum vitae wunderlich und absonderlich genug erscheint, am mehresten für mich selbst, das glauben Sie mir, mein Herr! Aber – ich kann ja doch nichts dafür und kann doch auch nur sagen, was ich von mir weiß, so unerhört und sinnlos dieses auch klingen mag. Ich bin wirklich der, für den ich mich ausgebe –“
    „Sie sind seit gestern aus der Charite ent–“
    „Entflohen – ja, d. h. ich habe den dortigen Doctores gesagt, daß die inquisitiones und examina mir nachgerade zu viel würden. Ich wäre mir keiner Schuld bewußt, und soviel ich wüßte, hätte auch mein König Friedrich selbst das Wort respektieret: II y a des juges à Berlin! – So bin ich einfach gegangen, und man hat mich nicht sonderlich aufgehalten oder molestieret. – Den Weg hierher suchte ich, in alte Erinnerungen versunken, und habe ihn nach mancherlei Irrfahrten auch glücklich gefunden.“
    „Ach“, seufzte er nach einer Weile, wo wir beide geschwiegen hatten, „wenn mich doch jemand verstände, wenn ich doch einer fühlenden Seele klagen könnte, wie mir zu Gemüte ist! Mit was für unsagbar schweren Gedanken durchwanderte ich Ihr heutiges Berlin! Ungefähr wie jemand, der als Greis seine Heimat wiedersieht, die er dereinstens als Knabe verließ. Aber mir fehlt das Bewußtsein der dazwischenliegenden Jahrzehnte! Denken Sie sich doch einen Moment in meine Lage! Meine Erinnerung schloß mit den Eindrücken aus dem Jahre 1770 – und nun soll ich plötzlich, unvermittelt anknüpfen, wie ein aus dem Grabe Erstandener, ein revenant, an das Jahr 1905! O, ich sage Ihnen, dieser Kontrast ist furchtbar, ist fast unerträglich für mein Gemüt!“ –
    Ich hatte mich längst neben ihn gesetzt und leise meine Hand auf seinen Arm gelegt.
    „Fassen Sie Vertrauen zu mir“, bat ich ihn, indem ich meinen Namen nannte. „Vielleicht vermögen Sie dies eher, wenn ich Ihnen versichere, daß ich Ihnen in allem glaube, was Sie über Ihr seltsames Schicksal berichten, Herr Perennius. Und nun kommen Sie mit mir! Denken Sie, dies alles sei ein wunderlicher Traum! Schauen Sie die alten treuen Bäume über uns. Sie standen schon zu Ihrer Zeit an diesem Platze. Die Natur bleibt treu! An Ihrem Busen werden auch Sie Genesung finden in Ihrem leidvollen Schicksal, das seinesgleichen nicht

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