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Science Fiction Anthologie Band 4 - Die Vierziger Jahre 2

Science Fiction Anthologie Band 4 - Die Vierziger Jahre 2

Titel: Science Fiction Anthologie Band 4 - Die Vierziger Jahre 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthologie
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viel Bitterkeit wird dabei aufgerührt. Hören Sie zu, Hollis?“
„Ja.“
„Ich habe gelogen. Vor ein paar Minuten. Ich habe gelogen. Ich habe Sie nicht angeschwärzt. Ich weiß nicht, warum ich das sagte. Wahrscheinlich wollte ich Sie verletzen. Sie schienen mir das geeignete Ziel zu sein. Wir haben uns stets gestritten. Ich glaube, ich werde rasch alt und bereue rasch. Ich glaube, als ich Sie so boshaft werden hörte, begann ich mich zu schämen. Was auch der Grund sein mag, Sie sollen wissen, daß ich mich wie ein Idiot Ihnen gegenüber benommen habe. In meinem Gerede war auch nicht ein Körnchen Wahrheit. Und jetzt können Sie meinetwegen zur Hölle fahren.“
Hollis fühlte, wie sein Herz wieder zu arbeiten begann. Ihm war, als hätte es seit fünf Minuten nicht mehr geschlagen; doch jetzt kehrte Wärme und Leben in seine Glieder zurück. Der erste Schock war vorbei, und der nachfolgende Schock von Zorn, Grauen und Einsamkeit verging. Er fühlte sich wie ein Mann, der am frühen Morgen unter der kalten Dusche hervortritt, bereit zum Frühstück und bereit für einen neuen Tag.
„Danke Applegate.“
„Nicht der Rede wert. Kopf hoch, alter Bastard.“
„He“, rief Stone.
„Was gibt’s?“ fragte Hollis quer durch den Weltraum; denn Stone war ihnen allen ein guter Freund.
„Ich bin in einen Meteoritenschwarm geraten, eine Menge kleiner Asteroiden.“
„Meteore?“
„Ich glaube es, es ist der Myrmidonenhaufen, der bis über den Mars hinaus wandert und alle fünf Jahre in Erdnähe kommt. Ich befinde mich genau in der Mitte. Es ist wie in einem riesigen Kaleidoskop. Man sieht alle möglichen Formen-, Farben- und Größenanordnungen. Gott, ist das schön, das viele Metall!“
Stille.
„Ich reise mit ihnen“, sagte Stone. „Sie nehmen mich mit. Verflucht und zugenäht.“ Er lachte.
Hollis blickte sich nach allen Seiten um, aber er sah nichts. Nur die großen Brillanten und Saphire waren da, die smaragdgrünen Nebel und samtschwarzen Flecken der Tiefe und Gottes Stimme, die aus den kristallenen Feuern klang. Staunen und Wunder ergriff ihn bei der phantastischen Vorstellung, daß Stone mit dem Meteorenschwarm wanderte, jahrelang, hinaus bis hinter den Mars und wieder zurück zur Erde, alle fünf Jahre einmal durch das Gesichtsfeld des Planeten kreisend für die nächsten hundert Millionen Jahre – Stone und der Myrmidonenhaufen, ewig und endlos, wechselnd und wirbelnd wie die Farben und Formen in einem Kaleidoskop, das man als Kind gegen die Sonne gehalten und gedreht hatte.
„Bis bald, Hollis.“ Stones Stimme war schon sehr schwach. „Bis bald.“
„Viel Glück“, rief Hollis ihm über dreißigtausend Meilen hinweg zu.
„Witzbold“, sagte Stone und war verschwunden.
Die Sterne kamen näher.
All die anderen Stimmen schwanden jetzt dahin, jede auf ihrer eigenen Flugbahn, einige zum Mars, andere in die fernsten Tiefen des Alls. Und Hollis selbst … Er blickte hinab. Er als einziger von allen kehrte zur Erde zurück.
„Bis bald.“
„Trag’s mit Fassung.“
„Bis bald Hollis.“ Das war Applegate.
Die vielen Auf Wiedersehen. Die kurzen Abschiedsgrüße. Und jetzt fiel das große, lose Gehirn endgültig in seine Bestandteile auseinander. Die Bestandteile des Gehirns, das so großartig und erfolgreich in seiner Hirnschale, dem feurig durch das Weltall ziehenden Raumschiff, gearbeitet hatte, starben eins nach dem anderen. Der Sinn ihres Zusammenlebens fiel auseinander. Und wie ein Mensch stirbt, wenn sein Gehirn zu arbeiten aufhört, so starb auch der Geist des Schiffes, ihre lange gemeinsam verbrachte Zeit und alles, was sie einander bedeutet hatten. Applegate war jetzt nichts mehr als ein von seinem Körper getrennter Finger; man konnte nicht mehr gegen ihn arbeiten und ihn nicht mehr verachten. Das Gehirn war explodiert, und seine sinnlosen, nutzlosen Bruchstücke waren weit verstreut. Die Stimmen schwanden, und der Weltraum wurde stumm. Hollis war allein, stürzend.
Sie waren alle allein. Ihre Stimmen waren gestorben wie ein Echo auf Gottes Worte, das noch lange in der sternbesäten Tiefe vibrierte. Der Kommandant flog zum Mond; Stone mit dem Myrmidonenhaufen; dort Stimson; dort Applegate in Richtung Pluto; dort Smith und Turner und Underwood und all die anderen; die Scherben des Kaleidoskops, die so lange ein Muster mit eigenem Willen und Denken geformt hatten, schleuderten auseinander.
Und ich? dachte Hollis. Was kann ich tun? Gibt es irgend etwas, das ich jetzt noch tun kann, um für ein

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