Science Fiction Anthologie Band 4 - Die Vierziger Jahre 2
und „Thrilling Wonder Stories“ wollen wir uns hier darauf beschränken, nur noch auf ein Magazin hinzuweisen: „Planet Stories“. Auf Abenteuergeschichten spezialisiert, die auf anderen Welten spielen, erscheinen hier beispielsweise Leigh Bracketts Marsnovellen, aber auch ein Autor wie Ray Bradbury kommt zum Zuge: 1946 erscheint in „Planet Stories“ mit „The Million Year Picnic“ die erste Story aus dem Zyklus der berühmten Mars-Chroniken. Das Golden Age hält für „Astounding“ bis zum Jahre 1947 unvermindert an. Dann allerdings flacht die Kurve ein wenig ab. Wichtige Autoren brechen aus Campbells Stall aus, Campbells Philosophie in Sachen Science Fiction bekommt Risse, wirkt nicht mehr so scharf konturiert, PseudoWissenschaften halten gegen Ende des Jahrzehnts allmählich Einzug in die frühere Hochburg der exakten Wissenschaften.
Die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg erweist sich als ein gutes Pflaster für Irrationalismus jeder Art. Spinnerte Ideen tauchen auf, und ab 1947 grassiert die UFO-Seuche. Dies hat auch einen gewissen Einfluß auf die Science Fiction. Insbesondere Raymond Palmer, Redakteur von „Amazing“, frönt diesem Irrationalismus, indem er seinem Autor Richard S. Shaver viel Platz einräumt. Mit „I Remember Lemuria“ und einer Vielzahl anderer Texte, die allgemein als „Shaver Mystery“ bezeichnet werden, versuchte Shaver den Lesern einzureden, es gäbe tatsächlich in Höhlen unter der Erde degenerierte Abkömmlinge einer prähistorischen Superrasse. Seine Texte deklarierte er als Tatsachenberichte, als Aufzeichnung von Stimmen aus der Tiefe. Der Autor glaubte tatsächlich selbst an diesen Unfug, und in der Blütezeit des „Shaver Mystery“ schaffte er es, nicht nur viele Leser nach seinen Verkündigungen süchtig zu machen, sondern viele müssen wie er allen Ernstes daran geglaubt haben (einige begannen sogar mit der Spitzhacke zu graben). Campbell verschloß sich solchen haarsträubenden Auswüchsen lange Zeit, zog aber schließlich mit L. Ron Hubbards „Dianetics“-Artikeln dann doch nach.
Der allmähliche Abstieg von „Astounding“ wurde flankiert, zum Teil aber auch mit ausgelöst von einer verbesserten Marktlage für die Science Fiction, die das Tief der Kriegsjahre und der unmittelbaren Nachkriegszeit vergessen ließ. Aus sieben bzw. acht Magazinen in den Jahren 1945 und 1946 waren 1947 bereits 11 geworden. 1948 waren 13 Magazine auf dem Markt, und 1949 steigerte sich diese Zahl auf 17. Auch in England gab es inzwischen SF-Magazine, 1946 allein sieben an der Zahl. Auf lange Sicht konnte sich von den englischen Magazinen aber nur „New Worlds“ halten und es auf über 200 Ausgaben bringen. In den sechziger Jahren sollte dieses Magazin schließlich zur Keimzelle und Kinderstube der „New Wave“ werden und das Gesicht der Science Fiction entscheidend verändern helfen.
Zu den Besonderheiten der vierziger Jahre zählt auch die Tatsache, daß die Anzahl der weiblichen SF-Autoren zunahm. Zu C. L. Moore, die bereits im ersten Band zur Science Fiction der vierziger Jahre präsentiert wurde, gesellten sich Leigh Brackett, die ihrem Mann Edmond Hamilton einiges voraus hatte und atmosphärisch dichte, farbige Abenteuer schrieb, Edna Mayne Hull, die Gattin A. E. van Vogts, Judith Merril, Wilmar H. Shiras, Katherine MacLean, Margaret St. Clair und Andre Norton (wobei letztere erstmals 1947 in Erscheinung tritt, aber ihre eigentliche Karriere erst Anfang der fünfziger Jahre beginnt). Allerdings schrieben diese weiblichen Autoren Männer-SF; eine eigene Identität fanden die Frauen in der Science Fiction erst in den siebziger Jahren. Folgende für das Genre wichtige Autoren begannen in der hier thematisierten zweiten Hälfte der vierziger Jahre ihre Autorenkarriere:
1945: Jack Vance, Rog Phillips, Bryce Walton
1946: Arthur C. Clarke, William Tenn, Margaret St. Clair, David Duncan
1947: H. Beam Piper, T. L. Sherred, Alfred Coppel, Andre Norton, Poul Anderson
1948: E. Everett Evans, Judith Merril, Wilmar H. Shiras, Peter Phillips, Charles L. Harness
1949: John Christopher, Kris Neville, Roger Dee, Katherine MacLean, Jerome Bixby
Den Zugewinnen steht jedoch auch ein großer Verlust gegenüber: 1946 stirbt mit Herbert George Wells einer der Wegbereiter, Vordenker und größten Autoren der Science Fiction.
Der Markt für Science Fiction begann sich auch außerhalb der Magazinszene allmählich zu entfalten. Verlage wie Gnome, Press, Prime Press, Shasta, Fantasy Press –
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