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Science Fiction Anthologie Band 4 - Die Vierziger Jahre 2

Science Fiction Anthologie Band 4 - Die Vierziger Jahre 2

Titel: Science Fiction Anthologie Band 4 - Die Vierziger Jahre 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthologie
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verlieren würde. Aber Wesel war neben ihm.
Sie winkte den Speerwerfern, und ganze zwei Hände
    von Pfeilen durchbohrten den kränkelnden Große-Ohren. „So war es gnädiger“, log sie.
Aber irgendwie erinnerte ihn der letzte Blick, den ihm
    sein treuester Helfer zugeworfen hatte, an Kein-Schwanz. Mit schwerem Herzen befahl er seinen Leuten, den Tunnel zu verschließen. Große Streifen des schwammigen Zeugs wurden gebracht und in den Eingang gestopft. Die Schreie der Eingeschlossenen wurden schwächer und immer schwächer. Dann herrschte Stille. Shrick befahl, an allen Stellen, an denen es denkbar war, daß die todgeweihten Gefangenen ausbrechen könnten, Wachen aufzustellen seien. Er kehrte in seine Höhle zurück. Wesel ließ ihn in seiner Einsamkeit gehen, wo sich eine ohne ihre Gabe eingemischt hätte. Bald würde er sie wieder haben wollen.
    Es war lange Wesels Glaube gewesen, daß sie, falls sie die Gelegenheit dazu bekäme, in die Gedanken der Riesen genausogut hineinkommen könnte, genauso, wie sie es bei denen des Volkes konnte. Und wenn sie es konnte – wer wußte, welche Belohnungen die ihren sein konnten? Shrick, der noch immer unzugänglich war und um seinen Freund trauerte, vermißte sie mehr, als sie sich einzugestehen wagte. Der letzte Gefangene vom letzten Feldzug war schlicht vor vielen Fütterungen getötet worden. Obwohl sie keine Möglichkeit hatte, die Zeit zu messen, hing diese doch bedrückend in ihrem Nacken.
    Und so durchstreifte sie, begleitet von zweien ihrer persönlichen Dienerinnen, jene Korridore und Tunnels, die direkt innerhalb der Barriere verliefen. In Erstaunen, das durch stete Wiederholungen nicht verblassen konnte, blickte sie durch ein Spähloch nach dem anderen auf das prunkvolle und mannigfaltige Leben des Innerhalb.
    Schließlich fand sie das, wonach sie suchte – einen Riesen, allein und schlafend. Beim Volk gesammelte Erfahrung hatte sie gelehrt, daß sie aus einem schlafenden Verstand die geheimsten Gedanken lesen konnte.
    Einen Herzschlag lang zögerte sie. Dann – „Vier-Arme, Kleiner-Kopf, wartet hier auf mich. Wartet und paßt auf.“
Kleiner-Kopf knurrte eine Bestätigung, doch Vier-Arme zögerte. „Lady Wesel“, sagte sie, „was ist, wenn der Riese erwacht? Was –?“
„Was ist, wenn ihr ohne mich zum Herrn des Außerhalb zurückkehren müßtet? Dann würde er euch zweifellos häuten lassen. Die Haut, die er momentan trägt, ist alt, und das Fell geht aus. Aber tut, was ich sage.“
Es gab hier einen Durchlaß in der Barriere, eine nur selten benutzte Tür. Diese wurde geöffnet, und Wesel glitt hindurch. Mit der Leichtigkeit, die alle Leute mit ihren häufigen Wagnissen ins Innerhalb erwarben, schwebte sie zu dem schlafenden Riesen hinauf. Fesseln hielten ihn in einer Art Rahmen, und Wesel fragte sich, ob er wegen eines Verstoßes zum Gefangenen seiner eigenen Artgenossen gemacht worden war. Sie sollte es bald erfahren.
Und dann zog ein funkelnder Gegenstand ihren Blick auf sich. Es war eines der kleinen, heißen Lichter, dessen polierter Metallbehälter Wesels habgierigen Augen als die schönste Sache auf der Welt erschien. Schnell traf sie ihre Entscheidung. Sie konnte die glänzende Beute jetzt nehmen, sie ihren beiden Dienerinnen übergeben und dann zurückkehren, um ihre ursprünglichen Absichten auszuführen.
In ihrem Eifer sah sie nicht, daß es in einer Verflechtung von schlanken Metallstangen aufgehängt war – oder sie achtete nicht darauf. Und als ihre Hände den Köder packten, begann etwas nicht weit entfernt ein schrilles, unmelodiöses Schlagen. Der Riese bewegte sich und wachte auf. Was Wesel für Fesseln gehalten hatte, fiel von seinem Körper ab. In blinder Panik drehte sie sich um, wollte in ihre Welt zurückfliehen. Doch irgendwie waren noch mehr von den Metallstangen eingerastet, und sie war eine Gefangene.
Sie fing an zu schreien.
    Überraschenderweise kamen ihr Vier-Arme und KleinerKopf zu Hilfe. Es wäre schön, könnte man berichten, sie wären vor lauter Hingabe an ihre Herrin angetrieben worden – aber Vier-Arme wußte, daß ihr Leben verwirkt war. Und sie hatte jene, die entweder Shrick oder Wesel mißfallen hatten, lebendig geschunden werden sehen. KleinerKopf folgte blindlings der Führung der anderen. Ihr war nichts vorzuwerfen –
    Mit ihren Speeren schlugen sie zu und bestürmten den Riesen. Er lachte – wenigstens interpretierte Wesel den tiefen, polternden Ton so, der aus seiner Kehle kam. VierArme ergriff er zuerst.

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