SdG 04 - Die eisige Zeit
wird die Leblosigkeit weiterklettern … zur Schulter, und dann zur Brust. In einem Jahr wird dieser Mann tot sein – er wird die heilende Berührung eines Gottes brauchen, um kuriert zu werden, aber wie wahrscheinlich ist das? »Ich habe einen nervösen Magen«, antwortete der Hauptmann.
»Ihr täuscht, indem Ihr untertreibt«, sagte Tsvist. »Ganz wie Ihr wünscht. Ich werde nicht weiter in Euch dringen.«
»Ich möchte, dass Ihr etwas für mich tut«, sagte Paran nach kurzem Schweigen, während er mit zusammengekniffenen Augen das nächste Duell vor der Feuerstelle beobachtete. »Es sei denn, Ihr und Euer Quorl seid zu müde.«
»Wir haben uns genug ausgeruht«, sagte der Schwarze Moranth. »Äußert Euren Wunsch, und es wird getan werden.«
Der Hauptmann holte tief Luft, seufzte und nickte schließlich. »Gut. Ich danke Euch.«
Ein erster Farbstreifen zeigte sich am östlichen Horizont, breitete sich durch die Klüfte in dem Hügelkamm direkt südlich der Barghastberge aus. Mit roten Augen und fröstelnd vor Kälte zog Paran seinen wattierten Umhang enger um sich, während er die ersten Anzeichen von Bewegung in dem riesigen, von Rauchwolken umgebenen Lager beobachtete, das das ganze Tal ausfüllte. Es gelang ihm, einige der Clans anhand der barbarischen Standarten zu erkennen, die über den anscheinend willkürlich und kreuz und quer aufgebauten Zelten aufragten – Elsters Instruktionen waren gründlich gewesen –, wobei er sich besonders auf die konzentrierte, von denen der Kommandant gemeint hatte, dass sie möglicherweise Ärger machen würden.
Auf der einen Seite der Lichtung, auf der Trotter und Humbrall Taurs Champion schon bald gegeneinander kämpfen würden, war das tausend Mann starke Lager der Ahkrata. Sie waren an ihren charakteristischen Nasenpflöcken und dem einzelnen Zopf genauso leicht zu erkennen wie an ihren bunten Rüstungen, die aus Teilen der Chitinpanzer gefallener Moranth zusammengesetzt waren, wobei die Teile von Mitgliedern der Grünen, Schwarzen, Roten und sogar gelegentlich der Goldenen Clans stammten. Sie waren am weitesten gereist und bildeten die kleinste Gruppe, waren jedoch dem Vernehmen nach die bösartigsten. Als geschworene Feinde des IIgres-Clans – der jetzt für Caladan Bruth kämpfte – konnten sie sich als problematisch erweisen, wenn es darum ging, ein Bündnis zu schließen.
Humbrall Taurs größter Rivale war der Kriegshäuptling Maral Eb, dessen eigener Barahn-Clan in großer Stärke gekommen war – mehr als zehntausend Bewaffnete, die sich mit rotem Ocker bemalt hatten und bronzene Schuppenpanzer trugen, und deren Haare von Stachelschwein-Stacheln strotzten. Es bestand das Risiko, dass Maral Humbralls Position anfechten könnte, sollte sich die Möglichkeit ergeben, und in der gerade zu Ende gegangenen Nacht hatten mehr als fünfzig Duelle zwischen Barahn-Kämpfern und Humbrall Taurs eigenen Senan-Kriegern stattgefunden. Solch eine Kampfansage konnte leicht zum Auftakt eines allumfassenden Kriegs unter den Clans werden.
Die vielleicht fremdartigste Gruppe von Kriegern, die Paran gesehen hatte, waren die Gilk. Ihr Haar war zu steifen, schmalen Keilen geschnitten, und sie trugen Rüstungen, die aus den Panzern einer Schildkrötenart hergestellt worden waren. Für Barghast ausgesprochen klein und stämmig, schienen sie dem Hauptmann ein ebenbürtiger Gegner für jede schwere Infanterie zu sein, der sie sich gegenübersehen mochten.
Gruppen von kleineren Stämmen trugen zu der verwirrenden Mischung bei, aus denen das Volk der Weißgesichter bestand. Es war ein Wunder, dass Humbrall Taur es überhaupt geschafft hatte, die miteinander verfeindeten, ständig mit langjährigen Fehden und Rivalitäten beschäftigten Clans zusammenzurufen und sie dazu zu bringen, vier Tage lang mehr oder weniger Frieden zu halten.
Und heute ist der entscheidende Tag. Selbst wenn Trotter das Duell gewinnt, ist keineswegs sicher, dass alle das hinnehmen. Es könnten auch blutige Streitereien ausbrechen. Und wenn er verliert … Paran versuchte nicht weiter über diese Möglichkeit nachzudenken.
Eine klagende Stimme erklang, um die Morgendämmerung zu begrüßen, und plötzlich regten sich überall in den Lagern stumme Gestalten. Das gedämpfte Klirren von Waffen und Rüstungen folgte, dazwischen erklangen Hundegebell und das nasale Geschnatter von Gänsen. Als ob die Lichtung, auf der die Zweikämpfe stattfanden, unsichtbar Luft holen würde, begannen Krieger um sie herum
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