SdG 04 - Die eisige Zeit
Herdfeuer, während das Leben in einem glänzenden Strom aus ihm herausströmte. Sein Gegner stolzierte im Kreis herum und stieß wilde Freudenschreie aus.
Unter dem Zischen der in der Nähe stehenden Barghast trat Twist an die Seite des Hauptmanns, wobei der Schwarze Moranth nicht auf die Flüche achtete.
»Ihr seid hier nicht allzu beliebt«, bemerkte Paran. »Ich habe nicht gewusst, dass die Moranth auch so weit im Osten auf die Jagd gehen.«
»Das tun wir auch nicht«, erwiderte Twist. Seine Stimme drang dünn und ausdruckslos unter dem Chitinhelm hervor. »Die Feindseligkeit ist uralt; sie speist sich aus Erinnerungen, nicht aus Erfahrungen. Die Erinnerungen sind falsch.«
»Ach ja? Ich würde vorschlagen, Ihr bemüht Euch nicht weiter, ihnen Eure Meinung nahe zu bringen.«
»Das hat tatsächlich keinen Sinn, Hauptmann. Ich bin neugierig. Dieser Krieger, Trotter – ist er ein besonders geschickter Kämpfer?«
Paran verzog das Gesicht. »Er hat eine Menge ziemlich übler Situationen überstanden. Ich nehme an, er kann sich behaupten. Doch um ehrlich zu sein – ich habe ihn noch nie kämpfen sehen.«
»Und was sagen die Brückenverbrenner, die ihn gesehen haben?«
»Die reden natürlich geringschätzig über ihn. Allerdings machen die alles herunter, daher glaube ich nicht, dass man auf ihre Meinung viel geben sollte. Wir werden es früh genug sehen.«
»Humbrall Taur hat seinen Champion erwählt«, sagte Twist. »Einen seiner Söhne.«
Der Hauptmann schaute den Schwarzen Moranth in der Dunkelheit blinzelnd an. »Wo habt Ihr das gehört? Versteht Ihr etwa die Sprache der Barghast?«
»Sie ist mit unserer eigenen verwandt. Alle sprechen nur von der Wahl, die Humbrall Taur getroffen hat: Sein jüngster Sohn, noch ohne Namen, noch zwei Monde vor seiner Todesnacht – seinem Übertritt ins Erwachsensein. Er ist schon mit Klingen in den Händen geboren worden, ist noch niemals im Duell besiegt worden, selbst wenn er erfahrenen Kriegern gegenübergetreten ist. Mit dunklem Herzen, gnadenlos … die Beschreibungen gehen weiter, aber ich bin es leid, sie zu wiederholen. Wir werden diesen außergewöhnlichen Knaben schon bald zu Gesicht bekommen. Alles andere sind nur verschwendete Atemzüge.«
»Ich verstehe die Notwendigkeit dieses Duells immer noch nicht so recht«, sagte Paran. »Trotter muss doch überhaupt keine Ansprüche erheben – die Geschichte steht deutlich sichtbar auf seinem Körper geschrieben. Warum sollte es da irgendeinen Zweifel an ihrer Wahrhaftigkeit geben? Er ist durch und durch Barghast – man braucht ihn doch nur anzusehen.«
»Er erhebt Anspruch auf die Führung, Hauptmann. Die Geschichte seines Stammes führt seine Abstammung auf die Ersten Gründer zurück. Sein Blut ist reiner als das Blut dieser Clans, und daher muss er eine Herausforderung aussprechen, um seinen Status zu bestätigen.«
Paran verzog wieder das Gesicht. Sein Bauch hatte sich zu einem Knoten zusammengekrampft. Er hatte einen sauren Geschmack im Mund, der sich auch mit großen Mengen Bier oder Wein nicht beseitigen ließ. Wenn er schlief, wurde er in seinen Träumen von Visionen heimgesucht – die frostige Höhle unter dem Finnest-Haus, die steinernen Pflastersteine, in die uralte Bilder aus den Drachenkarten eingemeißelt waren. Selbst jetzt hatte er das Gefühl, zu spüren, wie er in die Feste der Tiere stürzte – die Heimat der T’lam Imass mit ihrem leeren Geweih-Thron –, sollte er seine Augen schließen und in seiner Willenskraft nachlassen. Und das Ganze war so greifbar und reich an Sinneseindrücken, als wäre er tatsächlich an jenen Ort gereist. Und zu jener Zeit … nur, dass jene Zeit jetzt ist, und der Thron wartet … auf jemanden wartet, der ihn in Besitz nimmt. War es so für den Imperator? Als er sich vor dem Thron des Schattens wiedergefunden hat? Macht, Herrschaft über die schrecklichen Hunde, alles nur einen einzigen Schritt entfernt?
»Es geht Euch nicht gut, Hauptmann.«
Paran warf Twist einen Blick zu. Das reflektierte Licht des Lagerfeuers glänzte auf der mitternachtsschwarzen Rüstung des Moranth, spielte wie die Illusion von Augen über die Flächen seines Helms. Der einzige Beweis dafür, dass sich unter der chitinösen Schale ein Mann aus Fleisch und Blut verbarg, war die verstümmelte Hand, die leblos von seinem rechten Arm baumelte. Verdorrt und zerschmettert vom nekromantischen Griff eines Rhivi-Geistes … der ganze Arm hängt tot herunter. Langsam, aber unausweichlich,
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