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SdG 04 - Die eisige Zeit

SdG 04 - Die eisige Zeit

Titel: SdG 04 - Die eisige Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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Rasseln schwerer Ketten hören. »Deine Götter haben mich gebunden, Sterblicher, und glauben, dass ihre Arbeit damit getan ist.«
    »Du willst etwas von mir im Austausch für meinen Spürer«, sagte der Schnelle Ben.
    »In der Tat. Wenn ich leiden muss, dann sollen auch die Götter und ihre Welt – «
    Der Magier entfesselte das Heer seiner Gewirre. Macht krachte durch das Zelt. Die Gestalt kreischte auf, zuckte zurück. Die Decke ging in Flammen auf, ebenso wie die langen, wirren Haare der Kreatur. Hinter der letzten Woge seiner Magie huschte der Schnelle Ben in das Zelt. Seine Hand schoss vor, im Handgelenk abgewinkelt, die Handfläche nach oben. Seine Fingerspitzen stießen in die Augenhöhlen der Gestalt, seine Handfläche prallte gegen ihre Stirn, ließ den Kopf zurückschnellen. Die andere Hand des Schnellen Ben suchte und fand mit traumwandlerischer Sicherheit den Kieselstein, der zwischen den Binsen davonrollte.
    Die Macht der Gewirre verebbte. Noch während der Magier zurückwich, herumfuhr und sich mit einem Satz in Richtung Zelteingang warf, brüllte die angekettete Kreatur voller Wut auf. Der Schnelle Ben kam hastig auf die Beine und rannte davon, so schnell er konnte.
    Die Welle erwischte ihn von hinten, schleuderte ihn lang ausgestreckt auf den heißen, dampfenden Boden. Schreiend wand sich der Magier unter der Woge magischer Energie. Er versuchte, sich weiter vorwärtszuziehen, aber die Macht war zu groß. Sie begann, ihn zurückzuzerren. Er klammerte sich am Erdboden fest, starrte die Furchen an, die seine Finger in die Erde gruben, sah das dunkle Blut, das aus ihnen hervorquoll.
    Oh Brand, vergib mir.
    Der unsichtbare, unerbittliche Griff zog ihn auf den Zelteingang zu. Hunger und Wut strömten in Wellen von der Gestalt im Innern des Zelts aus, ebenso wie die Gewissheit, dass diese Gier schon in wenigen Augenblicken gestillt werden würde.
    Der Schnelle Ben war hilflos.
    »Du wirst ungeheuerliche Schmerzen erleiden!«, röhrte der Gott.
    Und dann griff etwas durch die Erde nach oben. Eine gewaltige Hand schloss sich um den Magier, als packe ein Riesenkind eine Puppe. Der Schnelle Ben schrie erneut auf, als sie ihn nach unten in den aufwallenden, dampfenden Erdboden zog. Sein Mund füllte sich mit bitterer Erde.
    Wütendes Gebrüll erklang gedämpft von oben.
    Zerklüftete Felsen rissen am Körper des Magiers, während er durch das Fleisch der Schlafenden Göttin hinabgezerrt wurde. Die Luft ging ihm aus, und allmählich senkte sich Dunkelheit über seinen Geist.
    Und dann hustete er, spuckte dreckige Erde aus. Warme, süße Luft füllte seine Lungen. Er rieb sich den Schmutz aus den Augen, rollte sich auf die Seite. Ein widerhallendes Stöhnen versetzte ihm einen Schlag, der flache, harte Boden unter ihm beulte sich langsam aus, bewegte sich. Der Schnelle Ben erhob sich auf Hände und Knie. Blut tropfte vom zerfetzten Fleisch seiner Seele – seine Kleider waren nur noch Fetzen –, doch er war am Leben. Er schaute auf.
    Und hätte beinahe aufgeschrien.
    Eine Gestalt mit vage menschenähnlichen Umrissen ragte über ihm auf; sie war bestimmt fünfzehnmal so groß wie der Magier und reichte fast bis an die kuppelförmige Decke der Höhle. Der dunkle, aus Lehm geformte und mit Rohdiamanten besetzte Körper glänzte und glitzerte, als die Erscheinung leicht ihre Lage veränderte. Sie schien den Schnellen Ben zu ignorieren, obwohl der Magier wusste, dass es dieses Wesen gewesen war, das ihn vor dem Verkrüppelten Gott gerettet hatte. Die Arme des Wesens waren zur Decke gereckt, die Hände verschwanden in dem dunklen, rotfleckigen Dach. Große Bögen aus trübem Weiß glänzten in dieser Decke; die Abstände zwischen ihnen waren identisch, so dass sie wie eine endlose Abfolge von Rippen wirkten. Die Hände schienen zwei dieser Rippen festzuhalten, waren möglicherweise auch mit ihnen verschmolzen.
    Vielleicht tausend Schritte weiter die Höhle hinunter und gerade noch zu erkennen, hockte eine weitere derartige Erscheinung, deren Arme ebenfalls hoch erhoben waren.
    Der Schnelle Ben wirbelte herum, ließ den Blick die gegenüberliegende Seite der Höhle entlangschweifen. Dort waren weitere Diener – der Magier sah vier, möglicherweise auch fünf von ihnen, die alle zum Himmel hinaufgriffen. Die Höhle war in Wirklichkeit ein riesiger Tunnel, der in einiger Entfernung einen scharfen Knick machte.
    Ich bin tatsächlich im Innern von Brand, der Schlafenden Göttin. Ein lebendiges Gewirr. Fleisch … und

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