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SdG 04 - Die eisige Zeit

SdG 04 - Die eisige Zeit

Titel: SdG 04 - Die eisige Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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verstehen, mit sich vor Schmerzen windender Seele.
    Der Hauptmann verließ die Barrikade an der Schwelle, wo sich die letzten Händler dieses Tages durch das Gedränge von malazanischen Wachen, Soldaten und Klerikern kämpften. Er hatte getan, was Dujek ihm befohlen hatte, und sein Lager genau in der Mündung des Passes aufgeschlagen. Wegezoll und Wagendurchsuchungen hatten einen erklecklichen Ertrag abgeworfen, obwohl die Einnahmen sich verringert hatten, nachdem sich dies erst einmal herumgesprochen hatte. Es war alles eine Frage des Gleichgewichts. Deshalb war es wichtig, die Steuern auf einem Maß zu halten, das die Händler noch ertragen konnten, und genügend Schmuggelware durchzulassen, dass der Würgegriff nicht zum Ersticken führte und der Handel zwischen Darujhistan und Fahl endgültig zum Erliegen kam. Paran schaffte es, aber nur mit Mühe. Und das war noch die geringste seiner Schwierigkeiten.
    Seit dem Debakel in Darujhistan hatte der Hauptmann sich wie ein Getriebener gefühlt, hin und her gestoßen von der chaotischen Verwandlung von Dujeks Armee der Ausgestoßenen. Der malazanische Anker war weggerissen worden. Versorgungsstrukturen waren zusammengebrochen. Die Last, die das Offizierskorps zu tragen hatte, war schier erdrückend. Nahezu zehntausend Soldaten hatten plötzlich ein fast schon kindliches Bedürfnis nach Sicherheit und Trost entwickelt.
    Und Sicherheit war etwas, das Paran niemandem geben konnte. Wenn überhaupt, so hatte der Aufruhr in seinem Innern noch zugenommen. Tierisches Blut jagte zumindest teilweise durch seine Adern. Bruchstückhafte Erinnerungen – die wenigsten davon seine eigenen – und merkwürdige, unirdische Visionen plagten ihn jede Nacht. Die Tage verstrichen, als wären sie in einen verwirrenden Schleier gehüllt. Er hatte sich um unzählige Ausrüstungs- und Logistikprobleme zu kümmern, und die zunehmende Belastung, all dies zu verwalten, erhob sich wieder und wieder über die anschwellende Flut körperlicher Gebrechen, die ihn verfolgten.
    Er fühlte sich bereits seit Wochen krank, und Paran hatte einen Verdacht, woran das lag. Das Blut des Schattenhundes. Eine Kreatur, die sich in die Sphäre des Dunkels gestürzt hat … aber kann ich dessen sicher sein? Die Gefühle, die die Schaumkrone dieser Woge bilden … sind eher die eines Kindes. Eines Kindes …
    Er schob den Gedanken einmal mehr beiseite, obwohl er nur zu gut wusste, dass er schon bald zurückkehren würde, und während der Schmerz in seinem Magen erneut aufbrandete, machte er sich, nach einem Seitenblick zur Kuppe hinauf, wo Trotter Wache stand, wieder daran, den Hang zu erklimmen.
    Die Schmerzen, die seine eigentümliche Krankheit mit sich brachte, hatten ihn verändert; er konnte das selbst in seinem Innern erkennen, konnte ein Bild heraufbeschwören, das gleichermaßen quälend und etwas Besonderes war. Es kam ihm vor, als hätte sich seine Seele in etwas Jämmerliches verwandelt – eine verdreckte, schweißüberströmte Ratte, die in einer Felslawine gefangen war und sich verzweifelt durch schmale Risse wand und quetschte, um einen Ort zu finden, an dem der Druck – dieses gewaltige, wabernde Gewicht – nachließ. Um einen Platz zum Atmen zu finden. Und die Schmerzen um mich herum, diese scharfen Steine, sie sacken ab, sacken immer noch langsam ab, und die Lücken zwischen ihnen verschwinden … und Dunkelheit steigt wie Wasser empor …
    Was für Triumphe in Darujhistan erzielt worden waren, erschien Paran nun unbedeutend. Eine Stadt vor dem Untergang bewahrt, das Leben von Elster und seinem Trupp gerettet, Laseens Pläne zunichte gemacht zu haben – all diese Dinge waren im Geist des Hauptmanns zu Asche zerfallen.
    Er war nicht mehr so wie früher, und die Art, wie er neu erschaffen worden war, gefiel ihm ganz und gar nicht.
    Schmerz verdunkelte die Welt. Schmerz brachte einen aus dem Gleichgewicht. Verwandelte das eigene Fleisch und Blut in das Haus eines Fremden, aus dem es kein Entkommen zu geben schien.
    Das Blut eines Tiers … es flüstert von Freiheit. Flüstert von einem Weg hinaus – aber nicht aus der Dunkelheit. Nein. In jene Dunkelheit hinein, in die die Hunde gegangen sind, tief in das Herz von Anomander Rakes verfluchtem Schwert – das verborgene Herz von Dragnipur.
    Bei diesem Gedanken hätte er beinahe laut geflucht, während er weiter den Pfad hügelan schritt, von dem aus man die Schwelle überblicken konnte. Das Tageslicht verblasste. Der Wind, der über das Gras

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