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SdG 06 - Der Krieg der Schwestern

SdG 06 - Der Krieg der Schwestern

Titel: SdG 06 - Der Krieg der Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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Entscheidung.« Er wandte sich noch einmal dem dunklen Meer zu, konnte den toten Hai jedoch nirgends entdecken.
    »Das wird mir niemand glauben«, murmelte Torvald.
    »Was, Torvald Nom?«
    »Oh, ich habe mir vorgestellt, wie ich in vielen Jahren als alter Mann in Quips Bar in Darujhistan sitze und diese Geschichte erzähle. Ich habe alles mit eigenen Augen gesehen, und trotzdem kann ich es selbst kaum glauben. Du hast dich zur Hälfte aus dem Wasser erhoben, als du mit dem Schwert zugeschlagen hast – ich nehme an, es hilft, wenn man vier Lungenflügel hat. Trotzdem …« Er schüttelte den Kopf.
    Karsa zuckte die Schultern. »Die Welse waren schlimmer«, sagte er. »Die Welse haben mir gar nicht gefallen.«
    »Ich schlage vor, wir schlafen erst mal ein bisschen«, meldete sich Silgar zu Wort. »Wenn der Morgen kommt, werden wir sehen, was es an diesem Ort zu entdecken gibt. Fürs Erste dankt Mael, dass wir noch immer am Leben sind.«
    »Ich bitte um Vergebung«, sagte Torvald, »aber ich möchte viel lieber einem dickköpfigen Teblor-Krieger als irgendeinem Meeresgott danken.«
    »Dann ist dein Glaube übel fehlgeleitet«, schnaubte der Sklavenmeister und wandte sich ab.
    Torvald kam mühsam auf die Beine. »Karsa«, murmelte er, »du solltest wissen, dass der Hai Maels auserwähltes Meerestier ist. Ich hege nicht den geringsten Zweifel daran, dass Silgar tatsächlich eifrig gebetet hat, während wir da draußen waren.«
    »Es spielt keine Rolle«, erwiderte Karsa. Er nahm einen tiefen Atemzug der nach Dschungel riechenden Luft und stieß ihn dann langsam wieder aus. »Ich bin an Land und ich bin frei, und nun werde ich diesen Strand entlanggehen und ein Stück von diesem neuen Land kennen lernen.«
    »Dann werde ich dich begleiten, mein Freund, denn ich glaube, das Licht, das ich gesehen habe, war zu unserer Rechten, knapp oberhalb von diesem Strand, und ich würde das gerne überprüfen.«
    »Ganz wie du willst, Torvald Nom.«
    Sie begannen, den Strand entlangzugehen.
    »Karsa, weder Silgar noch Damisk besitzen auch nur ein Fünkchen Anstand. Ich hingegen schon. Nur ein kleines Fünkchen, zugegeben, aber immerhin es ist eines. Deshalb: Danke.«
    »Wir haben uns gegenseitig das Leben gerettet, Torvald Nom, und daher freut es mich, dich meinen Freund nennen und von dir als Krieger denken zu können. Natürlich nicht als Teblor-Krieger, aber immerhin als Krieger.«
    Der Daru sagte lange Zeit nichts. Sie waren mittlerweile längst außer Sichtweite von Silgar und Damisk. Zu ihrer Rechten erhob sich der Küstensockel in Schichten aus hellem Gestein. Die von den Meereswogen geformte Wand war von unzähligen Kletterpflanzen überwuchert, die von dem dichten Dschungel auf dem Überhang herabrankten. Eine Wolkenlücke ließ schwaches Sternenlicht durchschimmern, das sich in dem praktisch reglosen Wasser zu ihrer Linken spiegelte. Der Sand unter ihren Füßen wurde von runden, welligen Steinen abgelöst.
    Torvald blieb stehen und berührte Karsa am Arm, deutete hangaufwärts. »Da«, flüsterte er.
    Der Teblor brummte leise. Ein niedriger, unförmiger Turm ragte über dem verfilzten Bewuchs auf, kauerte wie eine knorrige schwarze Masse über dem Strand. Er war mehr oder weniger quadratisch, verjüngte sich nach oben hin deutlich und endete in einem flachen Dach. Auf der dem Meer zugewandten Seite befand sich auf etwa einem Dreiviertel der Gesamthöhe ein tief in die Mauer eingelassenes, dreieckiges Fenster. Gedämpftes gelbes Licht drang aus den Ritzen der verzogenen Fensterläden.
    Ein schmaler Fußweg war zu sehen, der sich hinunter zum Ufer wand, und ganz in der Nähe – fünf Schritte oberhalb der Flutlinie – lagen die kümmerlichen Überreste eines Fischerboots. Die aufgesprungenen Spanten ragten seitlich ins Freie; sie waren mit einer Schicht aus Algen überzogen und fleckig von Vogelkot.
    »Sollen wir ihm einen Besuch abstatten?«, fragte Torvald.
    »Ja«, erwiderte Karsa und marschierte auf den Fußweg zu.
    Der Daru eilte an seine Seite. »Aber dieses Mal keine Trophäen, in Ordnung?«
    Schulterzuckend antwortete der Teblor: »Das hängt ganz davon ab, wie wir empfangen werden.«
    »Fremde an einem verlassenen Strand, einer davon ein Riese mit einem Schwert, das fast so lang ist, wie ich groß bin. Klopfen mitten in der Nacht an die Tür. Es wäre ein Wunder, wenn wir mit offenen Armen empfangen werden, Karsa. Und was noch schlimmer ist – die Wahrscheinlichkeit, dass wir die gleiche Sprache sprechen, ist nicht

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