Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
SdG 06 - Der Krieg der Schwestern

SdG 06 - Der Krieg der Schwestern

Titel: SdG 06 - Der Krieg der Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
Vom Netzwerk:
ungestüme Flut zu lenken.
    »Folgen?«, wiederholte Torvald. »Wohin folgen?«
    Doch auf diese Frage schüttelte Silgar einfach nur den Kopf.
    Karsa ließ die Ruder los und ging ans Heck. Er packte die Ruderpinne mit beiden Händen.
    Von Wrackteilen umgeben, ritten sie auf den schäumenden Wogen der Bresche entgegen. Wo die Mauer nachgegeben hatte, waberte eine gewaltige, ockerfarbene Nebelwolke. Dahinter schien … überhaupt nichts zu sein.
    Silgar gestikulierte mit beiden Händen, streckte sie aus wie ein Blinder, der nach dem Türriegel sucht. Dann deutete er mit einem Finger nach rechts. »Da!«, schrie er und warf Karsa einen wilden Blick zu. »Da! Steuere uns dahin!«
    Die Stelle, auf die Silgar deutete, sah nicht anders aus als alles andere. Gleich dahinter verschwand das Wasser einfach – eine vorwärts und rückwärts wogende Linie, die die eigentliche Bresche bildete. Mit einem Schulterzucken drückte Karsa gegen die Ruderpinne. An welcher Stelle sie hinübergingen, spielte für ihn keine Rolle. Falls Silgar scheiterte, würden sie durch die Bresche stürzen und – wie tief auch immer – fallen, um irgendwo inmitten eines schäumenden Mahlstroms aufzuschlagen – und dann wären sie sowieso tot.
    Er sah, wie sich alle außer Silgar stumm vor Entsetzen hinkauerten.
    Der Teblor grinste. »Urugal!«, brüllte er und richtete sich halb auf, als das Boot auf die Kante zuraste.
    Dunkelheit verschluckte sie.
    Und dann fielen sie.
    Die Ruderpinne zersplitterte mit einem lauten, berstenden Krachen in Karsas Händen, dann stürzte das Heck von hinten in ihn hinein und schleuderte ihn nach vorne. Einen Augenblick später schlug er auf dem Wasser auf. Der Aufprall war so heftig, dass er aufkeuchte und dabei einen Mund voll Salzwasser schluckte, bevor er in kalte Dunkelheit stürzte.
    Er kämpfte sich nach oben, bis sein Kopf durch die Wasseroberfläche brach, doch dort war es so dunkel, als seien sie in einen Brunnen gefallen oder in einer Höhle wieder aufgetaucht. Ganz in der Nähe hustete jemand hilflos, während ein Stückchen weiter weg ein anderer Überlebender herumplantschte.
    Wrackteile stießen gegen Karsa. Das Boot war zerschmettert worden, obwohl der Teblor sich ziemlich sicher war, dass der Sturz nicht übermäßig tief gewesen war – sie waren in einer Höhe angekommen, die ungefähr der Größe zweier erwachsener Krieger entsprach. Wenn das Boot nicht mit etwas zusammengestoßen war, hätte es den Sturz eigentlich überstehen müssen.
    »Karsa!«
    Immer noch hustend, erreichte Torvald Nom den Teblor. Der Daru hatte den Schaft eines Ruders gefunden und seine Arme darüber gelegt. »Was glaubst du – was im Namen des Vermummten ist passiert?«
    »Wir sind durch dieses magische Tor hindurchgegangen«, erklärte Karsa. »Das sollte doch eigentlich klar sein, denn wir sind jetzt woanders.«
    »Ganz so einfach ist es nicht«, widersprach ihm Torvald. »Das Blatt von diesem Ruder – hier, sieh dir das Ende an.«
    Karsa, der sich in dem salzigen Wasser wohl fühlte, brauchte nur einen Augenblick, um zum Ende des Schafts zu schwimmen. Es war abgetrennt worden, wie mit einem einzigen Hieb von einem eisernen Schwert, wie es die Tiefländer benutzten. Er grunzte.
    Die plantschenden Geräusche waren näher gekommen. Aus deutlich größerer Entfernung erklang Damisks Stimme.
    »Hier!«, rief Torvald zurück.
    Ein Umriss tauchte neben ihnen auf. Es war Silgar, der sich an eines der Wasserfässchen klammerte.
    »Wo sind wir?«, fragte Karsa den Sklavenmeister.
    »Woher soll ich das wissen?«, schnappte der Nathii. »Ich habe das Tor nicht geschaffen, ich habe es einfach nur benutzt – und es hatte sich schon ziemlich geschlossen. Deshalb ist der Boden des Bootes nicht mitgekommen, sondern wurde glatt abgetrennt. Nichtsdestoweniger glaube ich, dass wir in einem Meer sind, unter einem bedeckten Himmel. Wenn hier kein Licht wäre, könnten wir uns nicht gegenseitig sehen. Leider kann ich keine Brandung hören, vielleicht schlagen hier aber auch gar keine Wellen ans Ufer, so ruhig wie das Meer ist.«
    »Was bedeutet, dass wir möglicherweise nur ein Dutzend Schwimmzüge vom Ufer entfernt sind und es nicht wissen.«
    »Ja. Zum Glück ist es ein ziemlich warmes Meer. Wir müssen einfach nur die Morgendämmerung abwarten – «
    »Vorausgesetzt, dass es eine gibt«, sagte Torvald.
    »Es gibt eine«, behauptete Silgar. »Du spürst doch sicher auch, dass das Wasser weiter unten, wo unserer Füße sind, kälter ist.

Weitere Kostenlose Bücher