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SdG 06 - Der Krieg der Schwestern

SdG 06 - Der Krieg der Schwestern

Titel: SdG 06 - Der Krieg der Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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mache uns einen Tee.«
    Torvald grinste zu Karsa hoch. »Siehst du, was passiert, wenn man alleine lebt?«
    Die beiden betraten den Turm.
    Und waren wie betäubt angesichts dessen, was sie erwartete. Der Turm war leer bis auf ein zerbrechlich aussehendes Gerüst, das direkt unterhalb des einzigen Fensters aus der seewärts gelegenen Wand ragte. Der Fußboden war ein dicker, knirschender Teppich aus Steinsplittern. Verwitterte Pfähle ragten an allen Seiten in unterschiedlichen Winkeln auf, hier und da mit Querbalken verbunden und mit dicken Seilen festgezurrt. Dieses hölzerne Gerüst umgab die untere Hälfte eines steinernen Skeletts, das aufrecht auf zwei kräftigen Beinen stand – die ein bisschen an die eines Vogels erinnerten –, mit dreizehigen Füßen und riesigen Krallen. Der Schwanz bestand aus einer Kette aus Wirbeln, die sich an einer der Wände emporschlängelte.
    Der Mann saß neben einer von Tonziegeln umgebenen Feuerstelle unter dem Gerüst und rührte in einem der beiden Töpfe, die in der Glut standen. »Versteht ihr mein Problem? Als ich den Turm gebaut habe, dachte ich, er würde genügend Platz bieten, um diesen Leviathan wieder aufzubauen. Doch dann habe ich mehr und mehr von diesen verdammten Rippen entdeckt, beim Vermummten – ich kann noch nicht einmal die Schulterblätter anbringen, von den Unterarmen, dem Hals und dem Kopf ganz zu schweigen. Ich hatte zwar sowieso vor, den Turm irgendwann einmal auseinander zu nehmen, damit ich an den Kopf komme. Doch jetzt sind alle meine Pläne gescheitert, und ich werde das Dach erweitern müssen, was ziemlich knifflig ist. Verdammt knifflig sogar.«
    Karsa trat an den Herd und beugte sich nach unten, um an dem anderen Topf zu schnüffeln, in dem eine dickflüssige Brühe blubberte.
    »Ich würde das nicht probieren«, sagte der Mann. »Das ist das Zeug, mit dem ich die Knochen aneinander klebe. Es wird härter als der Stein selbst und trägt jedes Gewicht, wenn es ausgehärtet ist.« Er fand zwei zusätzliche Tonbecher und füllte sie mit dem Kräutertee. »Gibt auch gutes Geschirr.«
    Torvald riss den Blick von dem riesigen Skelett los, das über ihnen aufragte, und trat an den Herd, um seinen Becher zu nehmen. »Ich heiße Torvald Nom – «
    »Nom? Vom Haus Nom? In Darujhistan? Merkwürdig – ich hätte dich für einen Banditen gehalten – das heißt, bevor du Sklave geworden bist.«
    Torvald verzog das Gesicht zu einer Grimasse und warf Karsa einen Blick zu. »Das machen die Narben von diesen verdammten Fesseln – wir brauchen andere Kleider, irgendwas mit langen Ärmeln. Und Mokassins, die bis zu den Knien hinaufreichen.«
    »Hier laufen ’ne Menge entflohener Sklaven rum«, sagte der Napanese schulterzuckend. »Daher würde ich mir an eurer Stelle nicht allzu viele Sorgen machen.«
    »Wo sind wir?«
    »An der Nordküste des Reichs der Sieben Städte. Das Meer hinter euch ist die Otataral-See. Der Wald, der diese Halbinsel bedeckt, wird A’rath genannt. Die nächste Stadt ist Ehrlitan, zu Fuß ungefähr fünfzehn Tagesmärsche westlich von hier.«
    »Und wie heißt Ihr, wenn ich fragen darf?«
    »Nun, Torvald Nom, auf diese Frage gibt es keine einfache Antwort. In der Gegend hier bin ich als Ba’ienrok bekannt, das ist Ehrlii für ›Hüter‹. Draußen, in der wilden und unangenehmen Welt, kennt man mich überhaupt nicht, außer als jemanden, der vor langer Zeit gestorben ist, und genauso möchte ich es auch in Zukunft belassen. Daher also Ba’ienrok oder Hüter, trefft eure Wahl.«
    »Dann Hüter. Was ist in diesem Tee? Da sind Geschmacksnuancen, die ich nicht erkennen kann, und bei jemandem, der in Darujhistan geboren und aufgewachsen ist, ist das fast schon so gut wie unmöglich.«
    »Eine Mischung aus Pflanzen von hier«, erwiderte Hüter. »Ich weiß nicht, wie sie heißen, und ich kenne auch ihre Eigenschaften nicht, aber ich mag ihren Geschmack. Und diejenigen, die mich krank gemacht haben, habe ich schon vor langer Zeit ausgesondert.«
    »Freut mich, das zu hören«, sagte Torvald. »Nun, Ihr scheint eine Menge über die wilde und unangenehme Welt da draußen zu wissen. Ihr sprecht Daru, kennt die Teblor … Das Wrack unten am Strand – war das Euer Boot?«
    Hüter stand langsam auf. »Jetzt machst du mich nervös, Torvald. Und es ist nicht gut, wenn ich nervös werde.«
    »Oh, äh, dann werde ich wohl lieber keine weiteren Fragen mehr stellen.«
    Hüter hieb Torvald mit der Faust auf die Schulter, was den Daru einen Schritt

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