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SdG 06 - Der Krieg der Schwestern

SdG 06 - Der Krieg der Schwestern

Titel: SdG 06 - Der Krieg der Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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Berge dahinzog. Hier und da machten alte Felsrutsche den Weg unkenntlich; Fichten und Zedern waren mit ins Tal gerissen worden, und an diesen Stellen hatten Büsche und breitblättrige Bäume Halt gefunden und erschwerten das Fortkommen. Zwei Tage und drei Nächte voraus lag das Herrschaftsgebiet der Rathyd, und von allen Teblor-Stämmen waren die Rathyd diejenigen, mit denen die Uryd die meisten Fehden ausfochten. Raubzüge und grausame Morde verflochten beide Stämme in einer Kette aus Hass miteinander, die Jahrhunderte in die Vergangenheit zurückreichte.
    Aber Karsa hatte nicht vor, das Territorium der Rathyd ungesehen zu durchqueren. Er wollte mit dem Schwert einen blutigen Pfad der Rache durch wirkliche und vermeintliche Beleidigungen schlagen und dadurch seinem Namen anderthalb Dutzend oder mehr Teblorseelen hinzufügen. Die beiden Krieger hinter ihm, das wusste er genau, glaubten, dass die Reise, die vor ihnen lag, eine Reise voller Heimlichkeit und List sein würde. Schließlich waren sie nur zu dritt.
    Aber Urugal ist mit uns in dieser, seiner Zeit. Und wir werden uns in seinem Namen ankündigen, und zwar mit Blut. Wir werden die Hornissen aus ihrem Nest aufscheuchen, und die Rathyd werden den Namen Karsa Orlong kennen und fürchten lernen. Genau wie die Sunyd.
    Die Schlachtrosse bewegten sich vorsichtig über das lockere Geröll eines erst kürzlich abgegangenen Erdrutsches. Im vergangenen Winter hatte es eine Menge Schnee gegeben – mehr als in allen Wintern zuvor, an die Karsa sich erinnern konnte. Lange bevor die Gesichter im Fels erwacht waren und den Ältesten in Träumen und Trancen kundgetan hatten, dass sie die alten Geister der Teblor besiegt hatten und nun Gehorsam verlangten – und lange bevor die Seelen der Feinde zu nehmen das Wichtigste für die Teblor geworden war –, hatten die Knochen des Felsens, das Fleisch der Erde, das Haar und das Fell von Wald und Lichtung das Land und das dort lebende Volk beherrscht, und der Atem dieser Geister war der Wind einer jeden Jahreszeit gewesen. Hoch oben in den Bergen kam und ging der Winter mit heftigen Stürmen, den heftigen Bemühungen der Geister in ihrem ewigen, wechselseitigen Krieg. Sommer und Winter waren gleich: trocken und starr, doch Ersterer verriet Erschöpfung, während Letzterer einen eisigen, zerbrechlichen Frieden brachte. Passenderweise betrachteten die Teblor den Sommer mit Sympathie für die vom Kampf erschöpften Geister, während sie den Winter – wegen der Schwäche der aufgestiegenen Kämpfer – verabscheuten, denn in der Illusion von Frieden lag kein Wert.
    Keine zwanzig Tage mehr, dann würde der Frühling vorüber sein. Die Stürme in der Höhe ließen nach; sie wurden seltener und waren längst nicht mehr so wild. Obwohl die Gesichter im Fels schon vor langer Zeit die alten Geister vernichtet hatten und ihnen das Vergehen der Jahreszeiten anscheinend gleichgültig war, betrachtete Karsa sich und seine zwei Gefährten insgeheim als Vorboten eines letzten Sturms. Ihre Blutholzschwerter würden ein Echo uralter Wut auf die ahnungslosen Rathyd und Sunyd niederfahren lassen.
    Sie ließen die Stelle, an der kürzlich der Felsrutsch abgegangen war, hinter sich. Vor ihnen wand sich der Pfad in ein schmales Tal mit einer Hochlandwiese hinab, die offen im hellen Sonnenlicht dalag.
    Bairoth meldete sich hinter Karsa zu Wort. »Wir sollten auf der anderen Seite dieses Tals unser Lager aufschlagen, Kriegsführer. Die Pferde brauchen eine Pause.«
    »Dein Pferd braucht vielleicht eine Pause, Bairoth«, erwiderte Karsa. »Du hast zu viele Nächte voll üppiger Gelage auf den Rippen. Aber ich vertraue darauf, dass diese Reise wieder einen Krieger aus dir machen wird. Dein Rücken hat in letzter Zeit zu viel Stroh gesehen.« Während Dayliss dich geritten hat.
    Bairoth lachte, erwiderte aber sonst nichts.
    »Mein Pferd braucht ebenfalls eine Pause, Kriegsführer«, rief Delum. »Die Lichtung dort vorne würde sich gut als Lagerplatz eignen. Hier gibt es Kaninchenpfade, und ich würde gern meine Schlinge auslegen.«
    Karsa zuckte die Schultern. »Dann halten mich also zwei beschwerte Ketten fest. Die Kriegsschreie eurer Bäuche machen mich fast taub. So sei es denn. Wir werden hier lagern.«
     
    Sie wollten kein Feuer machen, daher aßen sie die Kaninchen, die Delum gefangen hatte, roh. Früher einmal wäre das eine ziemlich gefährliche Sache gewesen, denn Kaninchen trugen oft Krankheiten in sich, die nur durch Kochen abgetötet werden

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