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SdG 06 - Der Krieg der Schwestern

SdG 06 - Der Krieg der Schwestern

Titel: SdG 06 - Der Krieg der Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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erlaubte, langsam zu galoppieren. Kurz darauf begann der Pfad zur einen Talseite hin anzusteigen. Bei Sonnenuntergang erreichten sie den Grat. Die drei Krieger zügelten ihre dampfenden Pferde.
    Sie waren am Rand des Steilabbruchs angelangt. Im Norden und Osten bildete der immer noch in goldenes Sonnenlicht getauchte Horizont eine zerklüftete Linie aus Bergen mit schneebedeckten Gipfeln, an deren Flanken sich weiße Flüsse hinunterzogen. Direkt vor ihnen – etwa dreihundert Schritt tiefer – lag eine waldbestandene Senke.
    »Ich sehe keine Feuer«, sagte Delum, der den Blick über das in Schatten gehüllte Tal wandern ließ.
    »Wir müssen diese Kante jetzt in nördlicher Richtung umgehen«, sagte Karsa. »Hier gibt es keine Pfade durch die Felswand.«
    »Die Pferde brauchen Ruhe«, sagte Delum. »Aber wir sind hier leicht zu sehen, Kriegsführer.«
    »Dann werden wir sie führen«, antwortete Karsa und stieg ab. Als er die dreibeinige Hündin auf den Boden setzte, kam Nager an ihre Seite. Karsa ergriff Havoks einzigen Zügel. Ein Wildwechsel verlief etwa dreißig Schritt weit ganz oben auf dem Grat, dann senkte er sich leicht ab – ausreichend, damit ihre Umrisse sich nicht mehr gegen den Himmel abzeichneten.
    Sie zogen weiter, bis das Rad der Sterne ein Fünftel seines Weges zurückgelegt hatte; dann fanden sie direkt neben dem Pfad eine von hohen Felswänden umgebene Sackgasse, in der sie ihr Lager aufschlugen. Delum machte sich daran, das Essen vorzubereiten, während Bairoth die Pferde abrieb.
    Karsa kundschaftete in Begleitung von Nager und seiner Gefährtin den Pfad aus, der vor ihnen lag. Bis jetzt hatten sie nur Spuren von Bergziegen und wilden Schafen gefunden. Der Kamm begann allmählich, unregelmäßig abzufallen, und Karsa wusste, dass irgendwo weiter vorn ein Fluss sein würde, in dem sich die Rinnsale der nördlichen Bergkette sammelten, und ein Wasserfall, der eine Kerbe in den Steilabbruch schnitt.
    Beide Hunde scheuten plötzlich im Zwielicht zurück, rannten gegen Karsas Bein und wichen vor einem Felseinschnitt zu ihrer Linken zurück. Als Karsa Nager beruhigend die Hand in den Nacken legte, stellte er fest, dass das Tier zitterte. Karsa zog sein Schwert. Er sog schnüffelnd die Luft ein, konnte aber nichts Erschreckendes bemerken, und es drangen auch keine Geräusche aus dem dunklen hinteren Teil der Sackgasse. Karsa war so nah an dem Einschnitt, dass er hören würde, wenn sich dort ein atmendes Wesen verbarg.
    Er schob sich vorwärts.
    Eine mächtige flache Platte bedeckte fast den gesamten steinernen Grund, ließ nur eine Unterarmlänge Platz zu den Felswänden, die sich ringsum erhoben. Die Oberfläche der Platte wies keinerlei Verzierungen auf, aber der Stein selbst schien ein schwaches graues Licht zu verströmen. Karsa glitt näher heran, kauerte sich dann langsam vor der einzelnen, reglosen Hand hin, die unter der vordersten Ecke der Platte herausschaute. Sie war ausgezehrt, aber vollständig, die Haut milchig blaugrün, die Nägel zerfranst und ausgebrochen, die Finger mit weißem Staub bedeckt.
    Jedes Fleckchen Erde in Reichweite der Hand war von in einem wirren Muster kreuz und quer verlaufenden Furchen und Rillen durchzogen, die tief in den steinernen Untergrund eingegraben waren – so tief, wie die Finger reichen konnten.
    Die Hand gehörte weder einem Teblor noch einem Tiefländer, wie Karsa sehen konnte; von der Größe her lag sie irgendwo dazwischen, mit markanten Knochen und schmalen, überlangen Fingern mit viel zu vielen Gelenken.
    Irgendwie musste Karsas Anwesenheit bemerkt worden sein – vielleicht sein Atem, als er sich vorgebeugt hatte –, denn die Hand krampfte sich plötzlich zusammen, zuckte dann nach unten und legte sich mit gespreizten Fingern flach auf den Boden. Karsa sah, dass die Hand unmissverständliche Spuren vergangener Angriffe aufwies; in der Vergangenheit musste sie von Tieren angegriffen worden sein – von Gebirgswölfen und anderen, noch wilderen Kreaturen. An ihr war herumgekaut, gerissen und genagt worden, doch schien sie nie gebrochen worden zu sein. Wieder vollkommen reglos lag sie, flach auf den Boden gepresst, da.
    Als Karsa Schritte hinter sich hörte, stand er auf und drehte sich um. Delum und Bairoth kamen mit gezogenen Waffen den Pfad entlang. Karsa ging ihnen entgegen.
    »Deine beiden Hunde sind mit eingezogenem Schwanz zu uns zurückgeschlichen gekommen«, brummte Bairoth.
    »Was hast du gefunden, Kriegsführer?«, fragte Delum

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