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SdG 06 - Der Krieg der Schwestern

SdG 06 - Der Krieg der Schwestern

Titel: SdG 06 - Der Krieg der Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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sie sich niemals vereinen.«
    Karsa legte den Kopf schief und dachte über Bairoths Worte nach.
    »Dieser Dämon könnte wahnsinnig geworden sein«, murmelte Delum. »Wie lange mag er wohl schon unter dem Felsen gefangen sein?«
    »Wir sind zu dritt«, sagte Bairoth.
    »Aber der Dämon stammt aus einer Zeit, in der wir besiegt waren, und wenn diese T’lan Imass den Dämon eingesperrt haben, dann deshalb, weil sie ihn nicht töten konnten. Bairoth Gild, wir drei wären keine Gegner für diese Kreatur.«
    »Sie wird uns dankbar sein.«
    »Das Fieber des Wahnsinns kennt keine Freunde.«
    Beide Krieger blickten Karsa an. »Den Geist eines Dämons können wir nicht kennen«, sagte er. »Aber etwas sehen wir, und das ist, wie er immer noch versucht, sich zu schützen. Diese Hand da hat alle möglichen Tiere verjagt. Darin sehe ich das Festhalten an einer Absicht.«
    »Die Geduld eines Unsterblichen.« Bairoth nickte. »Ich sehe das Gleiche wie du, Karsa Orlong.«
    Karsa wandte sich an Delum. »Delum Thord, zweifelst du noch immer?«
    »Ja, Kriegsführer, doch ich werde mich mit meiner ganzen Kraft an eurem Vorhaben beteiligen, denn ich sehe in deinen Augen, wie entschlossen du bist. So sei es.«
    Ohne ein weiteres Wort stellten sich die drei Uryd auf die eine Seite der Felsplatte. Sie gingen in die Hocke und packten den Rand der Platte.
    »Beim vierten Atemzug«, wies Karsa seine Kameraden an.
    Der Stein hob sich mit einem knirschenden, mahlenden Geräusch; Staub rieselte herab. Ein gemeinsamer Ruck ließ ihn nach hinten kippen und gegen die Felswand krachen.
    Die Gestalt hatte auf der Seite gelegen, als sie eingeklemmt worden war. Das gewaltige Gewicht der Felsplatte musste Knochen ausgerenkt und Muskeln zerquetscht haben, doch das hatte nicht gereicht, den Dämon zu besiegen, denn er hatte sich im Lauf der Jahrtausende eine grobe, ungleichmäßige Grube ausgehöhlt, die halb so lang wie sein schmaler, seltsam in die Länge gezogener Körper war. Die Hand, die unter dem Körper gelegen hatte, hatte zunächst Raum für sich selbst geschaffen und dann langsam Vertiefungen für die Hüfte und die Schulter ausgehöhlt. Die beiden nackten Füße hatten Ähnliches getan. Spinnweben und der Staub von zermahlenem Gestein bedeckten die Gestalt wie ein stumpfgraues Leichentuch, und die abgestandene Luft, die von der Stelle aufstieg, wirbelte sichtbar, während sie träge davonschlich, schwer mit einem eigentümlichen, insektenähnlichen Geruch beladen.
    Die drei Krieger standen da und schauten auf den Dämon hinunter.
    Bis jetzt hatte er sich noch nicht bewegt, doch sie konnten seine Fremdartigkeit auch so erkennen. Verlängerte Gliedmaßen mit zusätzlichen Gelenken, die Haut straff gespannt und blass wie Mondlicht. Eine Woge blauschwarzen Haares spross wie feine Wurzeln aus dem Kopf, der mit dem Gesicht nach unten da lag, bildete ein Geflecht über dem steinernen Fußboden. Der Dämon war nackt – und er war weiblich.
    Die Gliedmaßen zuckten krampfartig.
    Bairoth rückte ein bisschen näher und sagte leise in besänftigendem Tonfall: »Du bist frei, Dämon. Wir sind Teblor, vom Stamm der Uryd. Wenn du willst, werden wir dir helfen. Sage uns, was du brauchst.«
    Die Gliedmaßen hörten auf zu zucken und zitterten nur noch. Langsam hob die Dämonin den Kopf. Die Hand, die eine Ewigkeit in der Dunkelheit gelegen hatte, glitt unter ihrem Körper hervor, bewegte sich tastend über den ebenen Steinboden. Die Fingerspitzen zerteilten Haarsträhnen, und diese Strähnen zerfielen zu Staub. Die Hand blieb genauso liegen wie ihr Gegenstück. Muskeln spannten sich entlang der Arme, des Nackens und der Schultern an, und die Dämonin setzte sich mit einer ruckartigen, zitternden Bewegung auf. Sie strich sich über den Kopf, und ihr Haar fiel in schwarzen Staubschleiern ab, bis nur noch ihr kahler Schädel übrig war, glatt und weiß.
    Bairoth machte schon Anstalten, ihr aufzuhelfen, doch Karsa hielt ihn mit einer blitzschnellen Geste zurück. »Nein, Bairoth Gild, sie hat schon genug Druck von außen aushalten müssen. Ich glaube nicht, dass sie berührt werden will, zumindest für lange Zeit nicht … vielleicht nie wieder.«
    Bairoth betrachtete Karsa mehrere Herzschläge lang mit seinem verschleierten Blick, dann seufzte er und sagte: »Karsa Orlong, ich höre Weisheit aus deinen Worten. Wieder und wieder überraschst du mich – nein, ich habe nicht vor, dich zu beleidigen. Ich kann kaum noch anders, als dich bewundern – also lass mir

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