SdG 07 - Das Haus der Ketten
nach sich ziehen wird. Und ich bin mit seiner Wahl zufrieden. Ihr anderen solltet aber nicht glauben, dass euch das abwertet. In der entscheidenden Nacht wird es genügend andere Aufgaben – wichtige Aufgaben – geben. Hier in diesem Lager. Ich versichere euch, dass ihr in besagter Nacht nicht zum Schlafen kommen werdet, also stellt euch darauf ein. Außerdem werden zwei von euch die ganze Zeit bei mir bleiben, denn ich kann garantieren, dass man versuchen wird, mich umzubringen, bevor jene schicksalhafte Morgendämmerung anbricht.«
Und ich erwarte natürlich, dass ihr an meiner Stelle sterbt. Es ist das, was zu tun ihr geschworen habt, sollte es notwendig werden.
»Jetzt geht«, sagte er und wedelte mit der freien Hand.
Die elf Assassinen verbeugten sich gleichzeitig und glitten nacheinander lautlos aus dem Zelt.
Korbolo packte die Frau am Haarschopf und hob ihren Kopf von seinem Oberschenkel – wobei er bemerkte, dass sie die grobe Behandlung überhaupt nicht wahrzunehmen schien – und ließ ihn auf die Kissen plumpsen. Dann stand er auf. Er machte kurz Halt, um einen Schluck Wein zu trinken, trat dann von dem bescheidenen Podest herunter und ging in den Nebenraum, der durch Seidenvorhänge abgeteilt war.
Und in dem Kamist Reloe unruhig auf und ab schritt. Den Nacken gespannt, die Schultern hochgezogen, rang er unablässig die Hände.
Korbolo Dom lehnte sich gegen einen Stützpfeiler; sein Mund verzog sich zu einem leicht spöttischen Grinsen, als er die Unruhe des Hohemagiers bemerkte. »Welche von deinen vielen Ängsten sucht dich jetzt heim, Kamist? Oh, du brauchst nicht zu antworten. Ich muss gestehen, dass ich mir nichts mehr daraus mache.«
»Das liegt nur an deiner törichten Selbstgefälligkeit«, schnappte der Hohemagier. »Glaubst du, wir sind die einzigen schlauen Burschen?«
»Auf der ganzen Welt? Nein. Aber hier in der Raraku … nun, das ist etwas ganz anderes. Wen sollten wir denn fürchten, Kamist Reloe? Sha’ik? Ihre Göttin verschlingt ihr Wahrnehmungsvermögen -Tag für Tag kriegt das Schätzchen weniger mit von dem, was um sie herum vorgeht. Und besagte Göttin nimmt kaum Notiz von uns – oh, es gibt da vielleicht einen vagen Verdacht, aber das ist auch schon alles. So. Wer noch? L’oric? Ich habe viele Männer wie ihn kennen gelernt – Männer, die sich mit Geheimnissen umgeben – und festgestellt, dass sich hinter diesen Geheimnissen normalerweise nur eine leere Hülle verbirgt. Er ist nur Pose und sonst nichts.«
»Ich fürchte, dass du in dieser Hinsicht falsch liegst – aber L’oric ist nicht derjenige, der mir Sorgen macht.«
»Wer sonst? Geisterhand? Der Kerl ist in seinem eigenen Abgrund aus Hen’bara verschwunden. Leoman? Der ist nicht hier, und was seine Rückkehr angeht, habe ich schon meine Pläne. Toblakai? Ich glaube nicht, dass wir den noch einmal wiedersehen. Wer bleibt noch übrig? Nun, keiner außer Bidithal. Aber Febryl schwört, dass er ihn fast schon in unserer Herde hat – es geht eigentlich nur noch darum, herauszufinden, was der alte Bastard wirklich begehrt. Zweifellos etwas Schmutziges und Widerwärtiges. Er ist ein Sklave seiner Laster, ja, das ist er. Biete ihm zehntausend Waisenmädchen, und das Grinsen wird nie mehr aus seinem hässlichen Gesicht verschwinden.«
Kamist Reloe schlang sich die Arme um den Oberkörper, während er weiter auf und ab schritt. »Die Quelle meiner Sorge ist niemand, den wir kennen, Korbolo Dom; es ist jemand, der unter uns ist und den wir nicht kennen.«
Der Napanese machte ein finsteres Gesicht. »Wie viele hundert Spione haben wir in diesem Lager? Und was ist mit der Göttin des Wirbelwinds selbst – kannst du dir vorstellen, dass sie zulässt, dass hier Fremde eindringen?«
»Deine Schwäche besteht darin, dass du immer nur geradeaus denkst, Korbolo Dom. Stelle diese Frage noch einmal – doch ziehe dieses Mal in Betracht, dass die Göttin uns gegenüber einen Verdacht hegt.«
Der Hohemagier war zu abgelenkt, um den halben Schritt nach vorn zu bemerken, den der Napanese, die Hand zum Schlag erhoben, machte. Doch Korbolo Doms Wunsch, seinen Kameraden zu schlagen, erstarb im gleichen Moment, in dem ihm die Tragweite von Kamist Reloes herausfordernden Worten bewusst wurde. Seine Augen weiteten sich langsam. Dann schüttelte er den Kopf. »Nein, das wäre ein viel zu großes Risiko. Eine Hand der Klaue auf dieses Lager loszulassen würde alle gefährden – man könnte unmöglich vorhersagen, wen sie sich als
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